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Schon jetzt wird an rund 500 Schulen in Indien Deutsch gelehrt.
© picture-alliance/dpa

Indien: Hindunationalistische Regierung bremst "Deutsch an 1000 Schulen"

Eine Million indischer Schüler sollen Deutsch lernen: Das sieht das vom Auswärtigen Amt geförderte Programm "Deutsch an 1000 Schulen" vor. Doch jetzt droht die hindunationalistische Regierung, den Unterricht zu stoppen - die Sanskritlehrer fürchten einen Verfall der indischen Kultur.

Es ist das ehrgeizigste Zukunftsprojekt Deutschlands in Indien: Eine Million indischer Schüler sollen bis 2022 Deutsch lernen. Doch nun könnte dem vor drei Jahren gestarteten Modellvorhaben „Deutsch an 1000 Schulen“ ein plötzliches Aus drohen. Indiens neue Regierung unter dem Hindunationalisten Narendra Modi zögert bisher, das Projekt zu verlängern. Grund ist eine Klage der Sanskrit-Lehrer, die sich gegen die Sprachkonkurrenz wehren.

Schon jetzt lernen fast 80 000 Kinder Deutsch

Für die Deutschen, die gerne die Beziehungen mit der aufstrebenden Wirtschaftsnation Indien ausbauen möchten, wäre das ein herber Rückschlag. Seit 2011 können Schüler der staatlichen Schulkette Kendriya Vidyalaya Sangathan (KVS), die sich vor allem an Kinder von staatlichen Angestellten wendet und indienweit 1000 Niederlassungen hat, Deutsch als dritte Sprache wählen. Bisher ist das Angebot ein Erfolg, der Andrang ist groß. Inzwischen lernen fast 80 000 Kinder an rund 500 Schulen Deutsch. Weitere sollen folgen. Das Goethe-Institut bildete in Schnelllehrgängen bereits 700 Deutschlehrer aus. Das Auswärtige Amt fördert das Projekt – natürlich nicht uneigennützig. Die Sprachkurse sollen nicht nur die beiden tausende Kilometer entfernten Nationen einander näherbringen. Berlin hofft auch, dass gut ausgebildete Inder dereinst den erwarteten Fachkräftemangel in Deutschland mildern.

Hintergrund ist eine Klage der Sanskrit-Lehrer

Doch nun bremste Indien die Deutsch-Offensive überraschend. Zwar geht der Unterricht vorerst weiter. Aber das Bildungsministerium weigert sich derzeit, das Memorandum of Understanding (MoE) um weitere drei Jahre zu verlängern, obwohl das eigentlich schon anlässlich des Besuchs von Außenminister Frank-Walter Steinmeier im September geschehen sollte.

Hintergrund ist eine Klage der Sanskritlehrer, die gegen den Deutschunterricht protestieren. Von Anfang an war ihnen das Vorhaben ein Dorn im Auge. Denn während sich die Deutschklassen füllen, leert sich der Sanskritunterricht. Ein Angebot der KV-Schulen an die Sanskritlehrer, sie als Deutschlehrer auszubilden, lehnten diese ab. Stattdessen zog ihr Verband „Sanskrit Shikshan Sangh“ schon im vergangenen Jahr vor Gericht. Der Vorwurf der Pädagogen: Die Schulen hätten widerrechtlich Sanskrit durch Deutsch ersetzt. Dies verstoße nicht nur gegen das Curriculum, sondern gegen Indiens Verfassung.

Verstößt das Deutsch-Programm gegen die Verfassung?

Tatsächlich sieht der Lehrplan die sogenannte „Drei-Sprachen-Formel“ vor. Danach sollen die Schüler Hindi, Englisch sowie eine weitere indische Sprache lernen. Dies war bisher meist das altehrwürdige Sanskrit. Obwohl nur noch 14 000 der 1,2 Milliarden Inder Sanskrit sprechen, ist keine Sprache so tief mit der indischen Kultur und Identität verwoben. Bis heute gilt Sanskrit als „heilige Sprache“ der Hindus. Alte religiöse Schriften wie die Veden sind in Sanskrit geschrieben, Gottesdienste, Hochzeiten und Totenrituale werden in Sanskrit gehalten.

„Ausländische Sprachen wie Deutsch, Französisch, Russisch und Chinesisch werden auf Kosten von Sanskrit gefördert“, klagten die Sanskrit-Verfechter vor Gericht. Dies würde „Sanskrit und der indischen Kultur einen irreparablen Schaden zufügen“. Als Folge würde die nächste Generation keine Kenntnis mehr von „Sanskrit und der reichen alten Kultur Indiens erwerben“. Die KVS-Führung verteidigte das Deutschprogramm. Sie sagt, dass es die künftige Karriere der Schüler fördere. Auch für viele Eltern und Schüler scheint Deutsch attraktiver. Sie erhoffen sich bessere Jobchancen in einer globalisierten Wirtschaft.

Die Regierung will Indiens Kultur wiederbeleben

Indiens Bildungsministerium schwenkte nun aber auf die Linie der Sanskritlehrer ein – zumal sich die hindunationalistische Regierung auf die Fahnen geschrieben hat, Indiens Kultur wiederzubeleben und zu bewahren. Dennoch besteht Hoffnung, dass das Projekt weitergeht. Laut indischen Medien sucht das indische Bildungsministerium inzwischen nach einem Kompromiss, der den Bedenken der Sanskritlehrer Rechnung trägt, aber gleichzeitig das Deutsch-Programm rettet. Auch das Auswärtige Amt bleibt „zuversichtlich“, dass das Programm weitergeführt wird, wie die Deutsche Welle einen Sprecher des Außenministeriums zitierte.

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