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Gerechte Bildungschancen?: Herkunft der Schüler bestimmt ihre Leistung

Laut einer Umfrage sehen Lehrer und Eltern immer noch eine mangelnde Chancengerechtigkeit in der Bildung. Die Schüler aus sozial schwächeren Haushalten seien sogar mehr abgehängt als vor einigen Jahren.

Gehen Kinder gerne in die Schule? Die Antwort der Schüler hängt wie ihre schulische Leistung oft von ihrem Elternhaus ab. 42 Prozent der Kinder aus Elternhäusern mit höherer Bildung gehen gern zur Schule, 63 Prozent dieser Schüler attestieren gute Leistungen. Dagegen besucht nur jeder vierte Schüler aus sozial schwächeren Schichten gerne die Schule und hält sich auch nur zu 37 Prozent für leistungsstark. Das geht aus der am Mittwoch in Berlin präsentierten Allensbach-Umfrage „Hindernis Herkunft“ im Auftrag der Vodafone-Stiftung hervor, für die in diesem März 507 Lehrer, 614 Schüler und 543 Eltern von Schulkindern befragt wurden.

Die Selbsteinschätzung der Schüler ähnelt dabei im Wesentlichen den Empfindungen der Lehrer. Ganze 96 Prozent der Pädagogen glauben, dass der schulische Erfolg vom sozialen Hintergrund der Schüler abhängt. Fast zwei Drittel sehen die Chancengleichheit an deutschen Schulen nur unzureichend oder überhaupt nicht gegeben. „Je schwächer die soziale Schicht, umso negativer die Leistungsbilanz“, sagt Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher. Dieser Zusammenhang ist für sie der „beklemmendste Befund“ der Studie. Er sei in anderen europäischen Ländern zudem nicht so stark ausgeprägt.

Doch warum haben die Schüler in Deutschland so unterschiedliche Bildungschancen? Defizite im Elternhaus nennen 84 Prozent der Lehrer als wichtigsten Grund. Allerdings denken auch 79 Prozent der Eltern so. Allensbach-Chefin Köcher führt dies auf die „Neigung“ zurück, „die Verantwortung für Erziehung und Bildung bei den Eltern anzusiedeln.“ Der Umfrage zufolge liegt der Anteil der Kinder, die ein Gymnasium besuchen, in höheren sozialen Schichten bei 70 Prozent, in sozial schwächeren Schichten dagegen nur bei 30 Prozent. Um die Bildungschancen zu verbessern, wünschen sich Lehrer und Eltern unter anderem mehr kostenlose Hausaufgabenbetreuung in der Schule sowie die gezielte Förderung in der Kita. Die Möglichkeit, selbst zu faireren Bildungschancen beizutragen, sehen die Lehrer kaum. Zwar sprechen sie sich in der Mehrheit generell für gezielte Förderung je nach Begabung der Kinder aus, aber nur ein Drittel glaubt, dies an ihrer Schule umzusetzen zu können.

Am mehrgliedrigen Schulsystem dagegen möchte mehr als die Hälfe der Lehrer und Eltern festhalten. Jeweils fast 90 Prozent sprechen sich auch dagegen aus, das Sitzenbleiben abzuschaffen; das Notensystem beibehalten will ebenfalls die überwiegende Mehrheit.

Kritisch wird von den meisten Lehrkräften die Inklusion von Kindern mit Behinderungen bewertet. Knapp die Hälfte gab an, dass es an ihrer Schule inklusiven Unterricht gibt. Doch 41 Prozent halten sich für ungenügend ausgebildet, und fast drei Viertel sehen an ihrer Schule die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Inklusion nicht gegeben.

Katrin Schulze

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