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Nur mit Schutzbrille. Die Sonnenfinsternis sollte nur mit einer geeigneten Brille verfolgt werden - es darf auch eine selbst gebastelte mit entsprechender Schutzfolie sein. Gewöhnliche Sonnenbrillen, auch mehrfach übereinander gelegt, reichen nicht aus.
© dpa

Fragen zur Sonnenfinsternis 2015: Helle Aufregung vor der Finsternis

Die Sonnenfinsternis an diesem Freitag fasziniert - und wirft viele Fragen auf: Dürfen Kinder auf den Schulhof? Hält das Stromnetz? Und wie wird das Wetter? Bisher ist die Prognose gut, aber nicht für alle Regionen.

Übers Wetter zu reden gilt als einfallslos. Dieser Tage gibt es jedoch einen guten Grund, über Wolken und Hochnebel zu spekulieren: die Sonnenfinsternis. Schließlich ist nur alle paar Jahre Gelegenheit, so ein Himmelsspektakel zu erleben. Dafür braucht es freie Sicht. Wer sicher gehen will und es sich leisten kann, hat einen Flug in die Zone des Kernschattens im hohen Norden gebucht. Von dort aus gesehen befindet sich der Mond perfekt passend vor unserem Mutterstern: eine totale Sonnenfinsternis. Von Deutschland aus betrachtet erreicht der Mond nur eine Überdeckung von höchstens 83 Prozent, und zwar auf Sylt. In Berlin reicht es nur noch für 74 Prozent. Hier beginnt das Schauspiel um 9.38 Uhr, die größte Verdunklung wird um 10.47 Uhr erreicht, 11.58 Uhr ist es vorbei. Laut Prognose des Deutschen Wetterdienstes dürfte die „Sofi“ in Süddeutschland gut zu beobachten sein, auch in der Mitte könnte die Sicht gut sein, lediglich im Nordosten drohen Wolken.

Wer in den Himmel blickt, sollte seine Augen unbedingt vor direktem Sonnenlicht schützen. Es schädigt die Netzhaut, was man allerdings erst hinterher merkt, weil sie keine Schmerzen wahrnehmen kann. Je nachdem, wie lange die Strahlung auf die Netzhaut brutzelt, kann die betreffende Stelle unwiderruflich geschädigt und das Sehvermögen beeinträchtigt werden. Normalerweise kneift man beim Blick in Richtung Sonne die Augen zusammen oder schaut ganz weg. Bei einer Sonnenfinsternis ist das anders. Einerseits ist es dunkler, wodurch man den Ausblick länger durchhält und andererseits passiert da oben etwas Spannendes – umso größer ist die Verlockung hinzuschauen. Selbst das bisschen Restlicht bei einer Sonnenfinsternis ist gefährlich, daher raten Augenärzte dringend, eine Schutzbrille zu tragen. Sonnenbrillen, auch mehrfach übereinander gesetzt, oder geschwärzte Gläser sind nicht geeignet. Der Blick durch den Sucher des Fotoapparats ist ebenfalls tabu, sofern kein spezieller Filter vor dem Objektiv sitzt.

Bereits die Babylonier verfolgten Sonnenfinsternisse aufmerksam - aus Angst

Sonnenfinsternisse faszinieren die Menschen seit jeher, besonders bei vollständiger Bedeckung durch den Mond. „Es wird merklich kühler und duster, am Himmel ist eine schwarze Scheibe zu sehen, aus deren Rand scheinbar Flammen schlagen. Zudem verhalten sich die Tiere merkwürdig, das versetzte unsere Vorfahren in helle Aufregung“, sagt die Astronomin Susanne Hoffmann von der Humboldt-Universität Berlin. Sie erforscht, wie solche Himmelsereignisse im Altertum wahrgenommen wurden.

Die Sonnenfinsternis am 20. März 2015
Die Sonnenfinsternis am 20. März 2015
© Nasa,dpa,Tagesspiegel

Die ältesten bekannten Aufzeichnungen von Sonnenfinsternissen stammen von den Babyloniern, etwa aus der Zeit um 750 vor Christus. „An den Tempeln in Babylon und Uruk gab es Astronomen, die ihre Beobachtungen auf Tontafeln festhielten“, berichtet Hoffmann. Sie konnten Sonnenfinsternisse noch nicht exakt vorausberechnen, aber mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersagen, ob die gefürchtete Dunkelheit hereinbricht. Die Babylonier sahen darin eine Warnung der Götter, die womöglich ihren König und damit ihr Land strafen.

Machen die 1,4 Millionen Solaranlagen Probleme im Stromnetz?

„Sicherheitshalber wurde einige Tage vor einer Sonnenfinsternis ein Mensch, den man für verzichtbar hielt – etwa ein Gefangener – auf den Thron gesetzt, damit im Falle des Götterzorns ihm die Strafe widerfährt“, berichtet Hoffmann. Der König lebte derweil bis zu hundert Tage als einfacher Bürger, bevor er auf den Thron zurückkehrte.

Solchen Schreckensvorstellungen, die mit einer Sonnenfinsternis verbunden wurden, hängt heute fast keiner mehr an. Dafür gibt es andere Befürchtungen: Etwa jene, dass die gut 1,4 Millionen Solaranlagen in Deutschland infolge des abrupten Lichtwechsels das Stromnetz aus dem Gleichgewicht bringen. Mehrere Gutachten sowie die monatelange Vorbereitung bei den Netzbetreibern lassen jedoch vermuten, dass es keinen Blackout geben wird.

Sollen Kinder ohne Brille auf den Schulhof?

Weitere Diskussionen entfachte die Entscheidung mancher Schulleiter, die Kinder während der „Sofi“ nicht ins Freie zu lassen, wenn sie keine Schutzbrille haben. Eine Schule in Münster will gar die Gardinen schließen, damit „kein Kind von diesen Lichtstrahlen bestrahlt werden kann.“

Tatsächlich hatte der Einzelhandel die Begeisterung für das Ereignis unterschätzt, die Nachfrage nach den Brillen überstieg das Angebot deutlich.

Zu der Schulhoffrage gab es heftige Diskussionen im Internet: Ist die Vorsichtsmaßnahme gerechtfertigt oder wird den Kindern ein Naturschauspiel vorenthalten? Könnten die Lehrer nicht eine simple Lochkamera bauen oder eine Projektion vornehmen, um dennoch eine Beobachtung zu ermöglichen? Astronomin Hoffmann, die bereits bei drei totalen Sofis Programme mit Kindern und Jugendlichen gemacht hat, schlägt vor, zur Not eine Rettungsfolie aus dem Auto zu nehmen. Aufgehängt an einer Wäscheleine könnten die Schüler im Vorbeigehen einen Blick auf die teilverfinsterte Sonne werfen, sagt sie. "Man sollte nicht stundenlang dort hinschauen, aber in der besagten Anwendung wird's funktionieren."

Die nächste Sonnenfinsternis mit dieser Bedeckung gibt es 2026

Das Erlebnis wäre den Kindern schon zu wünschen, denn die nächste Sonnenfinsternis, bei der eine ähnliche Bedeckung erreicht wird, findet in Deutschland erst wieder 2026 statt. Bis zur nächsten totalen Sonnenfinsternis müssen die Deutschen sogar bis 2081 warten.

Ewig wird es das Schauspiel ohnehin nicht mehr geben. Der Mond entfernt sich pro Jahr um drei Zentimeter von der Erde und erscheint vor der Sonne immer kleiner. In ferner Zukunft wird also keine totale Sonnenfinsternis mehr stattfinden.

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