Evolution: Gute Asteroiden
Kosmische Treffer könnten die Entwicklung des Lebens gefördert haben. Das schließen Geowissenschaftler aus der Datierung eines Impaktkraters in Finnland.
Für das Leben auf der Erde sind Asteroidentreffer eine Katastrophe. Das belegt jener Bolide, der vor 66 Millionen Jahren einschlug und mutmaßlich die Hälfte aller Arten auslöschte. „Solche Impakte können auch positive Effekte für das Leben haben“, sagt der Geologe Martin Schmieder von der Universität von Westaustralien in Perth. Vom Aussterben der Dinosaurier profitierten zum Beispiel die Säugetiere. Einige Forscher spekulieren, ob Asteroiden nicht sogar an der Entstehung des Lebens beteiligt waren.
Schmieder ist einer von ihnen. Er begründet seine Vermutung mit Gesteinsdatierungen, die er und seine Kollegen an dem 23 Kilometer großen Lappajärvi-Krater in Finnland vorgenommen haben. Um dessen Alter zu erfahren, bestimmten sie die Häufigkeit des Isotops Argon-40, das im Gestein enthalten ist. Das Edelgas entsteht im Laufe der Jahrmillionen aus dem in der Natur vorkommenden radioaktiven Isotop Kalium-40. Da die Forscher wissen, wie schnell die Kaliumatome zerfallen, können sie aus der Menge des entstandenen Argons berechnen, wann die „geologische Stoppuhr“ gestartet wurde. Das passiert zum Beispiel bei einem Asteroidentreffer: Das Gestein wird erhitzt, teilweise sogar geschmolzen und verdampft. Wenn das Gestein wieder fest wird, bleibt das neu entstehende Argon dort gefangen und die geologische Stoppuhr läuft los. Für den Lappajärvi-Krater ermittelten Schmieder und der Argon-40-Spezialist Fred Jourdan von der Curtin-Universität in Perth ein Alter von 76,2 Millionen Jahren.
Die Forscher hatten zusätzlich noch einen Granit untersucht, in dem Kristalle aus Kalifeldspat enthalten sind. Diese zeigten jedoch ein geringeres Alter. Der Grund: Während die durch den Einschlag geschmolzenen Gesteine bereits bei hohen Temperaturen von mehreren hundert Grad Celsius erstarren und neu entstehendes Argon wieder einschließen, liegt die „Schließtemperatur“ bei geschmolzenen Feldspäten deutlich tiefer bei 230 bis 410 Grad. Aus den unterschiedlichen Laufzeiten der Stoppuhren schließt Schmieder, dass der Lappajärvi-Krater zumindest einige hunderttausend und vielleicht sogar mehr als eine Million Jahre brauchte, um abzukühlen.
Das ist länger, als die Forscher bisher vermutet hatten. „Allerdings darf man von dieser Untersuchung an einem Krater nicht auf alle anderen Impakte ähnlicher Größe schließen“, sagt Christian Köberl von der Uni Wien. Häufig treffen solche Meteoriten auf Sedimentgestein, das relativ viel Wasser enthält. Dort spritzt ein großer Teil des geschmolzenen Gesteins weg und die zurückgebliebene kleinere Menge kühlt viel schneller ab.
Solche Sedimente haben sich jedoch erst im Lauf von Jahrmillionen gebildet. Auf der jungen Erde waren sie selten. Damals könnten Treffer vom Lappajärvi-Kaliber also häufiger große Mengen geschmolzenen Gesteins in ihren Kratern hinterlassen haben, in denen für längere Zeit heiße Flüssigkeiten und Dämpfe kreisten. „Solche Strukturen könnten als natürliche Laboratorien eine wichtige Rolle beim Entstehen von Leben gespielt haben“, vermutet Schmieder.
Wie die ersten Moleküle entstanden sind, aus denen sich bis heute alle Lebewesen aufbauen, weiß niemand genau. Es gibt aber Theorien, wonach hohe Temperaturen und verschiedene Minerale wie das aus Eisen und Schwefel bestehenden Pyrit daran beteiligt waren. „Unserer Meinung nach könnten solche Einschlagskrater vor mehr als drei Milliarden Jahren ideale Bedingungen für das Entstehen und die Entwicklung von Mikroorganismen geboten haben“, sagt Fred Jourdan.
Die Zeit dafür könnte vorhanden gewesen sein, zeigt die Studie der beiden Forscher, die im Journal „Geochimica et Cosmochimica Acta“ erschienen ist. Und auch die richtigen Zutaten, sagt Schmieder: „In einem anderen Impaktkrater, dem Steinheimer Becken in Süddeutschland, finden wir zum Beispiel Pyrit, aber auch Phosphate und Kohlenstoff.“ Man sollte kosmische Treffer also nicht aus den Augen verlieren, wenn man über die Entstehung des Lebens diskutiert.
Roland Knauer
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