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Schnell in die Schule. Berlins Universitäten haben den Auftrag vom Land Berlin, die Zahl ihrer Absolventinnen und Absolventen im Lehramt zu verdoppeln.
© Franziska Kraufmann/dpa

Der Lehrermangel und die Folgen: Großer Andrang im Lehrerstudium

Volle Kurse, Raummangel: Angesichts der stark steigenden Studierendenzahlen im Lehrerstudium sorgen sich Berlins Unis um die Qualität

Angesichts der stark steigenden Studierendenzahlen im Lehramtsstudium sorgen sich die Berliner Universitäten um die Qualität des Studiums. So gebe es jetzt „weniger Seminare und mehr Vorlesungen“, wie Uwe Gellert, Direktor der Dahlem School of Education der Freien Universität, am Montag bei einer Anhörung im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses sagte. In der Grundschulpädagogik habe sich die Zahl der Studierenden in den vergangenen vier Jahren vervierfacht, das Personal aber lediglich verdoppelt. Hätten sich in der Grundschulpädagogik der FU Studierende und Lehrende noch persönlich gekannt, müssten viele Informationen nun über digitale Wege verbreitet werden.

Die Berliner Unis klagen angesichts des Zustroms über fehlende Seminar-, Kunst- und Musikräume und Labore. An der Humboldt-Universität mangelt es angesichts der deutlich ausgebauten Kapazitäten in Sportwissenschaft zusätzlich an Sportstätten, wie Eva Inés Obergfell, Vizepräsidentin für Studium und Lehre, sagte.

"Durch den Aufwuchs wird die Betreuung nicht besser"

Ein zusätzlicher administrativer Aufwand besteht für die Unis nicht zuletzt darin, die vielen Studierenden im Praxissemester an den Schulen unterzubringen, wie Gellert berichtete. Für die Wissenschaftler sei es dann aufwendig, sie in der Praxisphase zu betreuen. Die Betreuungsrelation im Berliner Lehramtsstudium sei „traditionell schlecht“, sagte Obergfell: „Durch den Aufwuchs wird sie nicht besser.“ Auch in den Fachwissenschaften gebe es die Sorge, dass die Qualität sinken könnte. Sowohl Obergfell als auch Gellert betonten, die Unis wollten nicht nur „Output“ liefern. Sie suchten Wege, die Lehre gleichwohl eng mit der Forschung zu verzahnen.

Obergfell stellte klar: „Das Geld ist knapp, aber wir können damit umgehen.“ Berlin verlangt in seinen Hochschulverträgen eine Verdoppelung der Absolventenzahlen von 1000 auf 2000 von den Universitäten. Wurden noch 2014 knapp 1900 Plätze im Bachelorstudium angeboten, sind es in diesem Jahr 3200, die Zahl der Plätze im Master wächst von 1200 auf fast 2200. Dafür investiert Berlin über fünf Jahre fast 70 Millionen Euro. Die Universitäten schaffen damit 28 Professuren und 130 weitere Stellen für die Lehrerbildung.

Die Unis sind von der angestrebten Zahl an Absolventen noch weit entfernt

Wie weit die Unis von den mittelfristig angestrebten 2000 Absolventen jährlich noch entfernt sind, zeigen neue Zahlen aus einer Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage von Regina Kittler (Linke). Demnach beendeten im vergangenen Wintersemester nur 351 Studierende den Lehramtsmaster, für das Sommersemester schätzen die Unis die Zahl auf etwa 370. Die Zahl der Masterprüfungen stagniert demnach in vielen Fächern im Zeitraum von 2013 bis 2017 oder geht sogar zurück. So legten an der HU im Jahr 2013 noch 31 angehende Oberschullehrer ihre Prüfung in Mathematik ab, in den Folgejahren nur noch 18 bis 20. In Arbeitslehre/Wirtschaftslehre an der TU sank die Zahl der abgelegten Prüfungen von 29 im Jahr 2013 auf zehn im Jahr 2017.

Obergfell erklärte, die Universitäten wollten ihre Abbrecherquoten reduzieren. Um die Gründe für den Studienabbruch zu erforschen, hat etwa die Humboldt-Universität vor einem Jahr eine Arbeitsgruppe eingerichtet und Maßnahmen vorgeschlagen, darunter eine bessere Beratung. Wenn es um die Kunst- und Musiklehrer geht, hält Martin Rennert, Präsident der Universität der Künste, das neue Berliner Lehrkräftebildungsgesetz für kontraproduktiv. Mussten Deutsch und Mathematik von den angehenden Kunstlehrern früher nur mit einem geringen Stundenanteil als Lernbereiche studiert werden, sind Deutsch und Mathe nun als gleichgewichtige Fächer mitzustudieren. Das wirke abschreckend, sagte Rennert. Noch im Jahr 2012 hätten sich 130 Bewerber für Bildende Kunst im Grundschullehramt beworben, 2016 nur noch 43. In Musik sank die Zahl der Bewerbungen Rennert zufolge von 42 auf 20. Er regte an, für Kunst- und Musikpädagogen nur ein weiteres Fach zu verlangen.

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