Erhöhte Ansteckungsgefahr: Grippeschutzimpfung wirkt nicht wie erhofft
Die Grippeimpfung kann die Viren in diesem Jahr kaum abwehren. Der Grund: Einer der wichtigsten Erreger hat sich genetisch verändert.
Die Grippeimpfung schützt in diesem Jahr ausgesprochen schlecht vor einer Ansteckung. Sie reduziert das Risiko, wegen der Virusinfektion zum Arzt gehen zu müssen, um gerade 23 Prozent. Das berichten die Forscher um Alicia Fry von der amerikanischen Seuchenbehörde CDC im Wochenbericht „MMWR“. Kurz vor dem Start der hiesigen Grippewelle bestätigen sie damit die Befürchtungen ihrer Kollegen in Europa, unter anderem am Robert-Koch-Institut in Berlin.
Die Zusammensetzung des saisonalen Grippeimpfstoffs legt die Weltgesundheitsorganisation jeweils im Frühjahr fest. Doch nun stecken sich in Amerika und Europa die meisten Menschen mit H3N2-Grippeviren an, die in der Zwischenzeit ihr Erbgut verändert haben. Die durch die Impfung erzeugten Antikörper können an der Oberfläche dieser Viren schlecht andocken; entsprechend wenig können sie gegen die Eindringlinge ausrichten. Das ist besonders ungünstig. Denn während einer von H3N2 dominierten Grippewelle erleiden mehr Patienten als sonst heftige Komplikationen, müssen ins Krankenhaus oder sterben.
Experten raten: Risikopatienten sollten sich dennoch impfen lassen
In den USA begann die Grippesaison in diesem Jahr sehr früh, so dass bereits eine Einschätzung des Impfstoffes möglich war. Die Berechnungen der Forscher um Fry beruhen auf den Krankenakten von mehr als 2300 amerikanischen Patienten, die zwischen Mitte November und Anfang Januar wegen einer akuten Atemwegserkrankung beim Arzt waren. Am besten schützt die Impfung demnach Kinder und Jugendliche zwischen sechs Monaten und 17 Jahren vor den H3N2-Grippeviren. Bei ihnen lag die Effektivität des Impfstoffs bei 26 Prozent. In der Gruppe der 18- bis 49-Jährigen betrug sie 12 Prozent, bei den über 50-Jährigen 14 Prozent. Normal sind 60 Prozent.
Trotzdem empfehlen Experten auf beiden Seiten des Atlantiks die Impfung für alte Menschen, chronisch Kranke, Schwangere und für medizinisches Personal. Schließlich würden einige Infektionen und schwere Krankheitsverläufe verhindert. Zusätzlich sollten Ärzte ihren Risikopatienten, die über eine verdächtige Atemwegserkrankung klagen, schnell und unabhängig vom Impfstatus antivirale Medikamente verordnen, sagt Joe Bresee, der Leiter der Influenza-Abteilung der CDC. Sie sollten nicht auf Testergebnisse warten.