Demenz: Gedächtnistests zeigen Risiko für Alzheimer bereits Jahre im Voraus an
Zahlen und Symbole zuordnen, sich eine Geschichte merken: Wer bei solchen Tests schlecht abschneidet, könnte später an Alzheimer erkranken.
Die Nachbarin aus dem Erdgeschoss verirrt sich auf dem Weg zum Supermarkt. Mutter versalzt plötzlich ihr Lieblingsessen. Und dem Schwiegervater fällt der Name seines Enkelkindes nicht mehr ein. Sind das erste Zeichen geistigen Verfalls? Besonders bei der Alzheimer-Demenz finden sich Betroffene schleichend immer schlechter in ihrem Alltag zurecht. Um Patienten und ihre Familien von Anfang an zu unterstützen, wollen Wissenschaftler und Ärzte die Krankheit möglichst früh diagnostizieren.
Im Nachhinein betrachtet fanden die Forscher bereits 18 Jahre vor der Diagnose erste Hinweise
Eine kürzlich in der Fachzeitschrift „Neurology“ veröffentlichte Studie setzt an diesem Punkt an. Kumar B. Rajan und seine Kollegen vom Rush University Medical Center in Boston begleiteten über 2000 ältere Probanden über einen Zeitraum von bis zu 18 Jahren. Zu Beginn der Studie wurde gemessen, wie schnell Studienteilnehmer Zahlen und Symbole zuordnen konnten, wie gut sie sich eine kurze Geschichte merken und Denkaufgaben lösen konnten. Im Anschluss daran untersuchten die Forscher in mehreren Zeitintervallen von jeweils zwei bis drei Jahren, ob die Teilnehmer an Alzheimer erkrankten.
Dabei entdeckten sie einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Denkvermögen der Probanden am Anfang der Studie und einer späteren Diagnose. Je weniger Zeit zwischen den Gedächtnisaufgaben und der Demenzdiagnose verstrichen war, desto besser konnte die Erkrankung vorhergesagt werden. Allerdings hatten sogar Menschen, bei denen erst 18 Jahre später Alzheimer festgestellt wurde, bereits in den ersten Tests schlechtere Ergebnisse erzielt als ihre Mitstreiter, berichtet das Team um Rajan. Das zeigt, dass die geistigen Fähigkeiten von Patienten sogar schon Jahre vor dem Befund nachlassen.
Bewegung und bessere Ernährung können etwas helfen
Frank Jessen von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik Köln und dem Deutschen Zentrum für Degenerative Erkrankungen (DZNE) kritisiert, dass in der Studie unklar bleibt, inwiefern erste Anzeichen der Krankheit mit allgemeinen Bildungsunterschieden vermischt wurden. Er betont aber, wie wichtig Ergebnisse wie dieses sind, um Betroffene auf geeignete Maßnahmen hinzuweisen. „Ärzte sollten frühe subtile Beschwerden ernst nehmen“, sagt Jessen und verweist auf eine weitere Studie, die unlängst gezeigt hat, dass die geistigen Fähigkeiten älterer Menschen mit leichten Gedächtnisproblemen sogar wieder zunahmen, wenn sie sich mehr bewegten oder besser ernährten.
Katinka Reiner