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Historisches Ambiente. Der Campus der Uni Potsdam am Neuen Palais.
©  UP/Fritze

25 Jahre Unis in Brandenburg: Feiern mit Konflikten

Die drei Universitäten in Brandenburg werden 25 Jahre alt. Zum Jubiläum brechen insbesondere an der Uni Potsdam alte Ost-West-Auseinandersetzungen auf.

Auf die wechselvolle Geschichte des Campus der Uni Potsdam am Neuen Palais weisen seit Kurzem Stelen hin, „Zeitzeichen“ genannt. Besucher erfahren hier, dass Studierende und Wissenschaftler in einem Unesco-Weltkulturerbe lernen, lehren und forschen: Das Neue Palais gehört zum geschützten Ensemble der Schlösser und Parks in Potsdam und Berlin. Sie bekommen auch erklärt, dass die DDR Teile der als Gästeschloss der Preußenkönige errichteten Anlage zu einer Bildungseinrichtung umfunktionierte. 25 000 Lehrkräfte wurden in der „Pädagogischen Hochschule Karl Liebknecht“ ausgebildet.

Universitätsstadt ist Potsdam indes erst seit 25 Jahren. Am 15. Juli 1991 wurde die Uni Potsdam gegründet, am selben Tag wie die Viadrina-Uni in Frankfurt/Oder und die Technische Uni in Cottbus. Brandenburg, auf dessen Gebiet es zu DDR-Zeiten überhaupt keine Universität gegeben hatte, verfügte damit auf einen Schlag gleich über drei – sehr zum Unwillen des damaligen Vorsitzenden des Wissenschaftsrats, der diese Anzahl für ein so kleines Land für zu hoch hielt.

Doch der Wissenschaftsminister ließ sich nicht beirren: Eine strukturschwache Region wie Brandenburg könne nur mit einer starken Wissenschaft prosperieren. Die Idee war, rund um Berlin kleinere, spezialisierte Unis aufzubauen. Potsdam sollte sich auf die Lehrerbildung und die Naturwissenschaften konzentrieren, Cottbus auf die Technikfächer, Frankfurt auf ausgewählte Geistes- und Sozialwissenschaften und – wegen der Nähe zu Polen – auf Europa und den Brückenschlag zum Nachbarland. Das Konzept hat sich bis heute gehalten.

Die Uni Potsdam ist am meisten gewachsen

Entwickelt haben sich die Unis unterschiedlich. Die Potsdamer wuchs deutlich schneller: ein Abbild der Verhältnisse in der Mark. Rund 20 000 Studierende sind heute eingeschrieben (1991 waren es einige wenige tausend), während es in Frankfurt derzeit gut 6500 und in Cottbus rund 8500 sind. Potsdam sieht sich damit inzwischen in der Gruppe der Unis, die direkt auf die Exzellenzunis folgen: „Dort sind wir gut positioniert“, sagt Präsident Oliver Günther. In der Exzellenzinitiative will die Uni einen Antrag für ein Cluster stellen. Günther hebt zahlreiche Initiativen in der Lehre hervor, die guten Beziehungen zu den außeruniversitären Instituten, die Gründeraktivitäten.

Wachsen will die Uni mit ihren naturwissenschaftlichen Fächern in Golm – neben dem Neuen Palais und Griebnitzsee einer von drei Campus. Sie sind aus historischen Gründen alle außerhalb der Stadt. Die Uni übernahm sie von Vorgängereinrichtungen, neben der PH waren das die alte Stasi-Hochschule (Golm) und die Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft (Griebnitzsee), wobei die beiden Letzteren zur Gründung abgewickelt waren. Für Günther ist es ein Nachteil, „dass wir in der Stadt noch nicht so präsent sind“. Eine „Wissenschaftsetage“ im Stadtzentrum soll das ändern, die Bevölkerung durch Einblicke in die wissenschaftliche Arbeit für die Uni interessiert werden.

Streit um die DDR-Vergangenheit

Übernommen wurden 1991 nicht nur Gebäude. Vor allem von der PH, die nach der Wende zunächst nicht geschlossen wurde, kam viel Personal: rund1000 Mitarbeiter, darunter 61 Professoren und 420 wissenschaftliche Mitarbeiter. Die Frage, was das für die junge Uni bedeutete, hat im Jubiläumsjahr zu viel Streit geführt. Der Historiker Manfred Görtemaker löste ihn aus, als er auf dem Neujahrsempfang in Bezug auf die Personalübernahmen von einer „Hypothek“ sprach, „die nicht leicht abzutragen war“.

Dabei ging es Görtemaker zum einen um verschleppte Stasi-Überprüfungen, die systematisch erst ab 1994 stattfanden. Allerdings stellte sich dann heraus, dass zur Gründung vielleicht noch vorhandene Seilschaften Mitte der 1990er kaum mehr existierten, wie Görtemaker sagte. Schwerer wog für ihn, dass die fachliche Eignung der Übernommenen nicht hinreichend geprüft worden sei. Sie sei pauschal – auf der Basis eines Fragebogens – festgestellt worden. Er insinuierte, dass viele für die Forschung nicht qualifiziert genug waren. Weil viele wissenschaftliche Mitarbeiter einen unbefristeten Vertrag erhielten, habe das „zu einer langfristigen Blockade“ geführt.

Der Protest ist groß, alte Ost-West-Konflikte brechen auf. Von Entwürdigung, Diffamierung und Unkenntnis sprachen 28 Professoren und Dozenten, die damals übernommen wurden, in einem offenen Brief: „Wir sind nicht bereit, unwidersprochen unsere berufliche Lebensleistung in inkompetenter Weise in Misskredit bringen zu lassen.“ Gerade wegen der Qualität des Mittelbaus habe sich die Uni so gut entwickeln können. (Hier finden sich zahlreiche Beiträge von Unimitgliedern zur Debatte.)

An der Viadrina gibt es andere Debatten

Die Diskussion wird sich fortsetzen – gewünscht auch von Präsident Günther: „Wir müssen die Geschichte der Uni transparent machen.“ Er plädiert für einen „weniger emotionalen, mehr wissenschaftsgeleiteten Diskurs“. Dass aber Brandenburg bei der Gründung der Uni einen stärkeren Akzent auf die Sozialverträglichkeit legte, während in Berlin reihenweise Wissenschaftler entlassen wurden, müsse aufgearbeitet werden – wobei für ihn außer Frage stehe, „dass viele übernommene Kollegen sehr gute Arbeit in Forschung und Lehre geleistet haben“.

In Frankfurt gibt es die Debatte nicht. Die Uni entstand 1991 praktisch aus dem Nichts, selbst wenn die Stadt auf eine viel längere akademische Geschichte zurückblickt. Die Viadrina war 1506 als brandenburgische Landesuni gegründet worden, wurde aber 1811 geschlossen. Die Uni hat indes mit inhaltlichen Fragen zu kämpfen. Ein Gutachten bescheinigte ihr vor einigen Jahren, die EU-Osterweiterung verschlafen zu haben.

Auf die Kritik habe die Uni längst reagiert, sagt Präsident Alexander Wöll, der seit 2014 im Amt ist. Nicht nur stehe er als Slawist dafür, dass sich die Uni dem gesamtem mittel- und osteuropäischen Raum zuwende. Der neue Schwerpunkt „B/Orders in Motion“, der sich der Grenzforschung widmet, entwickele sich gut und präge die Uni. Angesichts der Turbulenzen auf dem Kontinent „ist eine Europa-Universität wichtiger denn je“, sagt Wöll. Er will das Collegium Polonicum mit der Uni Posen zu einer deutsch-polnischen Fakultät entwickeln. „Das geht nicht ohne angemessene Finanzmittel“, sagt Wöll mit Blick auf das Land, das seine Unis knapphält. Auch Ex-Rektor Hans Weiler, der sich vor einigen Jahren skeptisch zur Entwicklung der Viadrina äußerte, ist wieder „hoffnungsvoller gestimmt“, wie er sagt – wegen „B/Orders in motion“, und weil Wöll die ursprüngliche Orientierung auf Polen sinnvoll und mit großem Engagement ausdehne.

Die "neue" BTU Cottbus

Und was ist mit Cottbus? Die BTU wurde vor einigen Jahren mit der FH Lausitz fusioniert und neu gegründet. 2016 wurden endlich auch Fakultäten zusammengelegt, die Gründungsgremien durch „reguläre“ Gremien abgelöst. Das habe noch einmal einen Identifikationsschub mit der „neuen“ BTU ausgelöst, heißt es aus der Uni: „Wir feiern daher unseren dritten Geburtstag, während die anderen schon erste Falten bekommen: Das ist doch auch schön.“

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