Eingeschleppte Art: Europäische Regenwürmer schaden Amerikas Wäldern
Einst von Siedlern eingeschleppt, durchwühlen die Tiere den Waldboden so stark, dass das Ökosystem deutlich verändert wird. Mehrere Pflanzen sind bedroht.
Klein, unauffällig und ungeheuer nützlich – das Image von Regenwürmern hierzulande ist gut. Ganz anders in Nordamerika. Dort gelten sie als Invasoren, die den Boden ungewohnt stark durchmischen und damit das Überleben bestimmter Pflanzen bedrohen. Das berichten Dylan Craven vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Leipzig-Jena und Kollegen im Fachblatt „Global Change Biology“.
Im Zuge der jüngsten Eiszeit, die vor rund 12 000 Jahren endete, starben die Bodenbewohner vielerorts in Nordamerika aus. Es entstanden Ökosysteme, die auf ein Leben ohne Wurm eingestellt waren. Europäische Siedler schleppten die Tiere ein, derzeit werden sie vor allem von Anglern verbreitet. Im Schnitt schreitet die "Wurm-Front" mit fünf Metern pro Jahr durch die Wälder, berichten die Forscher. Das hat Folgen: Der Boden wird durchmischt und von vielen Gängen durchzogen. Das ändert die chemischen Verhältnisse und lässt etwa Wasser schneller versickern, was den Boden trockener macht. Viele Pflanzen wachsen nun schlechter. Der Koboldfarn zum Beispiel gedeiht kaum noch in Wäldern, die von Regenwürmern heimgesucht wurden, berichten die Forscher um Craven. Auch andere Gewächse seien gefährdet, etwa Teufelskrückstock, Weißwutz und große Trauerglocke.
Die Wissenschaftler hatten 645 Beobachtungen ausgewertet und beschreiben einen generellen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Artenvielfalt in nordamerikanischen Wäldern und der Ausbreitung europäischer Regenwürmer. Je mehr Arten an einem Standort vorkommen, umso mehr Pflanzen verschwinden, da verschiedene Arten in unterschiedlichen Bodenschichten leben und sich die Effekte verstärken, heißt es weiter.