Was Berlins Hochschulen für Studienanfänger planen: Ersti-Treffen auf dem Tempelhofer Feld
Studienanfänger werden bei Präsenzangeboten auf dem Campus bevorzugt. Aber auch sie müssen sich auf ein Digitalsemester einstellen - mit kreativen Ausnahmen.
Eine ganze Woche voller Kennenlern- spiele mit der Fachschaft. Ein großer Hörsaal mit hunderten Studierenden, einer Ansprache der Präsidentin und Begrüßungsworten der Studierendenvertreter vom Asta. Die ersten Schritte auf dem Campus, das Austesten des Mensa-Menüs.
So oder so ähnlich startete bisher für die Erstsemester das Studium im Wintersemester. Durch Corona aber ist alles anders, die Abstandsregeln erlauben kaum Präsenz in den Unigebäuden. Und das macht es besonders für die Neuen schwierig. Wie sollen sie Mitstudierende kennenlernen, das Unisystem, das potenzielle Lieblingscafé auf dem Campus, wenn die Vorlesungen digital stattfinden?
Die Hochschulen hatten schon ein Semester Zeit, um sich auf die Pandemie einzustellen. Fast alle Veranstaltungen fanden im Sommersemester digital statt. Doch im Wintersemester kommen deutlich mehr junge Menschen an die Universitäten. Im vergangenen Jahr haben zum Wintersemester in Berlin rund 37.000 neue Studierende begonnen.
TU: Mindestens eine Lehranstaltung in Präsenz
Was genau die Erstis zum Semesterstart erwartet, haben wir bei Berliner Unis und Fachhochschulen abgefragt. Unisono heißt es: Bei den von vielen Studierenden ersehnten Präsenzangeboten würden sie die Priorität auf die Studienanfänger setzen.
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Am konkretesten sind die Planungen an der Technischen Universität: „Die TU wird in jedem Bachelorstudiengang mindestens eine Lehrveranstaltung des ersten Fachsemesters in Präsenz anbieten“, teilt Hans-Ulrich Heiß, Vizepräsident für Lehre, mit.
Man wolle den Neuimmatrikulierten nicht nur die Möglichkeit geben, Kommilitonen und Kommilitoninnen ihres Studiengangs persönlich kennenzulernen, sondern auch Lerngruppen zu bilden. Die üblichen großen Lehrveranstaltungen mit mehreren hundert Studierenden, die typischerweise in den ersten Semestern laufen, müssten jedoch digital angeboten werden.
Auch die Humboldt-Universität (HU) plant Präsenzveranstaltungen für Erstsemester ein: Bis zu 30 Prozent der Lehrveranstaltungen für sie könnten in Räumen der Universität stattfinden* – solange sich die Corona-Lage nicht weiter verschärft.
Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW Berlin) geht „von mindestens dem doppelten Anteil für Erstsemester gegenüber höheren Semestern aus“. Der Präsenzanteil bei den Studienanfängern werde je nach Fach zehn bis 40 Prozent der Lehrveranstaltungen ausmachen. Auch die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR Berlin) erklärt: „Unsere Erst- und Zweitsemester haben bei der Planung der Präsenz- und Online-Lehre Vorrang.“
Die HWR teilt Lerngruppen
Allerdings seien wegen der Abstandsregeln die Kapazitäten für Angebote auf dem Campus räumlich und personell eingeschränkt. Die HWR will aber Lerngruppen teilen und sie in „blended classrooms“ zur einen Hälfte im Seminarraum und zur anderen Hälfte digital unterrichten.
Doch die klassische Einführungswoche, in der die Erstis an der Hochschule begrüßt werden und sich einen Überblick verschaffen können, findet fast durchweg online statt. Teilweise in Zoom-Livestreams, teilweise als Videoclips auf der Homepage.
[Warum nicht für alle Studierenden Präsenz den Vorrang haben kann, lesen Sie hier: Universität in Zeiten von Corona]
Zu den Ausnahmen gehört die Beuth-Hochschule, die Präsenzbegrüßungen in den einzelnen Studiengängen plant, um Erstsemester willkommen zu heißen. Durch die Hygienemaßnahmen sei der logistische Aufwand dafür aber sehr hoch, erklärt die Sprecherin. So werde beispielsweise der Studiengang Druck- und Medientechnik seine Erstsemester – und auch die aus dem vergangenen Jahr – auf dem Tempelhofer Feld begrüßen.
Auch an der HTW werden die Studiengänge für die Erst- und Zweitsemester persönliche Begegnungen in kleinen Gruppen auf dem Campus organisieren und moderieren, damit sich die Studierenden dort vernetzen können.
Beuth-Studierende entdecken den Campus mit Videoclips
An der TU wird es zur Einführung „in den einzelnen Studiengängen Präsenzveranstaltungen in kleineren Gruppen für die Erstis geben“ – in den beiden Wochen vor Vorlesungsbeginn, also ab dem 19. Oktober. Zentrale Begrüßungs- und Einführungsveranstaltungen aber werden digital durchgeführt.
Aber auch digital gibt es kreative Kennenlern-Angebote. Die Beuth-Hochschule hat eine Website für Erstsemester angelegt, auf der etwa in einem Clip zwei Studierende die wichtigsten Anlaufstellen auf dem Campus zeigen. Die zentrale Studienberatung der HWR hat eine „Instathek“ auf Instagram eingerichtet.
Dort stellen Studierende ihre Studiengänge vor, geben Tipps zum Studium und zu Vernetzungsmöglichkeiten mit Kommilitonen und beantworten in Live-Sessions Fragen. Die TU will digitale Werkzeuge zur Verfügung stellen, mit denen die Gruppenarbeit in Lerngruppen unterstützt wird.
Einfach so in die Uni gehen, um Leute zu treffen, sich einen Lernraum zu suchen? Das geht in aller Regel gar nicht. Die Gebäude dürfen nur von denjenigen betreten werden, die einen nachvollziehbaren Grund dafür haben – also eine Anmeldung für eine Präsenzveranstaltung oder einen zuvor gebuchten Zeitslot im PC-Pool oder im Lernraum.
Alle Studierenden dürfen Hochschulgebäude nur mit Mund-Nasen-Schutz betreten, bis sie auf ihrem Platz sitzen. An der TU dagegen gilt auch während der Präsenzveranstaltungen die Maskenpflicht. Unter welchen Bedingungen die Bibliotheken genutzt werden können, regelt jede Hochschule individuell.
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Die Mensen und Cafeterien des Studierendenwerks sollen zum Semesterstart wieder öffnen – allerdings nur teilweise und mit einem eingeschränkten Angebot.
Und was erwartet die höheren Semester in den kommenden Monaten? Ihre Lehrveranstaltungen werden wie im Frühjahr und Sommer – abgesehen von praxisbezogenen Studiengängen, bei denen Studierende beispielsweise im Labor arbeiten müssen – ganz überwiegend digital angeboten.
Die TU Berlin beispielsweise rechnet damit, dass das für 70 bis 80 Prozent des gesamten Studienprogramms der Fall sein wird. Eine Ausnahme sollen aber an vielen Hochschulen kleine Seminargruppen bilden. Details zu den Plänen wollen die Senatskanzlei Wissenschaft und die Hochschulen am Donnerstag bei einer Pressekonferenz verkünden.
*Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Fassung des Textes hieß es irrtümlich, die HU plane feste Quoten für Präsenzveranstaltungen ein.