Robusta-Genom entschlüsselt: Erbgutanalyse soll Kaffee besser machen
Züchter nutzen vorteilhafte Gene aus Kaffee-Wildsorten. Sie können Umweltveränderungen und Parasiten eher standhalten. Daten zu Aromastoffen geben sie allerdings ungern preis.
Weltweit werden jeden Tag um die zwei Milliarden Tassen Kaffee getrunken. Jeder Deutsche schlürft im Jahr 150 Liter. Diese Nachfrage macht die dunkle Bohne zum zweitwichtigsten exportierten Rohstoff nach Erdöl und verschafft weltweit rund 100 Millionen Menschen Arbeit. Grund genug, das Erbgut der Kaffeepflanze zu analysieren. Die Reihenfolge der 710 Millionen Bausteine hat jetzt ein Forscherkonsortium um Victor Albert von der Universität in Buffalo, New York, im Fachblatt „Science“ vorgestellt.
Die Kaffeepflanze reiht sich damit in die Reihe wichtiger Nutzpflanzen ein, deren Erbgut in den letzten Jahren entziffert wurde. Allerdings gibt es zwei Kaffee-Arten, von denen die Forscher nur Coffea canephora untersucht haben, die vor allem in den tiefer liegenden, tropischen Regionen wie Vietnam angebaut wird. Dieser Robusta-Kaffee liefert nur rund 30 Prozent der Welternte. Höhere Qualität, besseres Aroma und erheblich geringere Koffein-Konzentration hat dagegen Coffea arabica. Diese Art wird vor allem in Brasilien und in höheren Lagen angebaut und macht rund 60 Prozent der weltweiten Kaffee-Produktion aus. Züchter, die neue Sorten mit besseren Eigenschaften entwickeln wollen, konzentrieren sich daher auf den Arabica-Kaffee. Die Erbgutdaten sollen nun eine gezieltere Zucht ermöglichen, weil sich die Genvarianten, die die Pflanzen mit den gewünschten Eigenschaften ausstatten, leichter im Erbgut finden lassen – auch wenn es für diesen Zweck wohl besser gewesen wäre, das Arabica-Erbgut zu entziffern anstelle des Robusta-Genoms.
Ohnehin ist die Analyse des Erbguts nur ein erster Schritt zu einer verbesserten Zucht: „Der Bauplan einer Pflanze lässt sich viel einfacher knacken, als ihre Eigenschaften erfasst werden können“, sagt Dani Zamir von der Hebräischen Universität in Jerusalem. Genau auf diese Toleranzen gegen Parasiten und andere Schädlinge, auf Aromastoffe und anderes kommt es den Züchtern jedoch an. „Während das Erbgut veröffentlicht wird, bleiben die Daten zu den Eigenschaften der Pflanzen Privateigentum“, kritisiert Zamir. Der Grund für diese Geheimhaltung: Informationen über wichtige Eigenschaften einer Kaffeepflanze sind wertvoll und werden nur ungern mit Konkurrenten geteilt. Doch Züchter können mit den Erbgutinformationen nur dann etwas anfangen, wenn sie die besonderen Eigenschaften einer Pflanze mit deren Genvarianten im Erbgut in Verbindung bringen können. Um Zuchtfortschritt zu ermöglichen, sollten deshalb auch die besonderen Eigenschaften einzelner Kaffeesorten in Zukunft zügig veröffentlicht werden, fordert der Forscher aus Jerusalem.
Der Kaffee ist anfällig für Schädlinge und Umweltveränderungen
Neue, widerstandsfähige Kaffeesorten sind dringend nötig. Der Kaffee auf den Plantagen ist besonders anfällig für Schädlinge und Umweltveränderungen: „Weltweit werden kommerziell nur Arabica-Kaffees mit sehr geringen Unterschieden im Erbgut und in den Eigenschaften angebaut“, berichtet Zamir. Pflanzen mit einheitlichem Erbgut aber fehlen jene Genvarianten, die ihnen Abwehrkräfte gegen Schädlinge verschaffen.
Die Ursache dieser Einheitlichkeit hat Thomas Borsch vom Botanischen Garten in Berlin untersucht: Fast alle Arabica-Pflanzen auf den Plantagen stammen von sehr wenigen Elternpflanzen ab, die einst von Äthiopien nach Jemen ausgeführt wurden. „Der Schlüssel für den Kampf gegen Pflanzenkrankheiten steckt in der Variabilität des Wildkaffees in Afrika“, sagt Zamir. Von dort stammen beide Arten. Die Heimat des Robusta-Kaffees ist der Regenwald Westafrikas, während der Arabica-Kaffee noch heute in den Bergen Äthiopiens wächst. Dort findet sich Wildkaffee mit großer genetischer Vielfalt im Erbgut, die zum Beispiel Resistenzen gegen Parasiten wie den Kaffeerost vermitteln könnte. 1870 vernichtete diese Pilzkrankheit die Kaffeeplantagen Ceylons. Seitdem wird dort nur noch Tee angebaut.
Die Forscher müssen sich allerdings beeilen, um die Genvarianten des Wildkaffees zu nutzen. „Weil der Regenwald in Äthiopien abgeholzt wird, nimmt die genetische Vielfalt in alarmierendem Tempo ab“, sagt Zamir.
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