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Längs gestreift. Die Karte zeigt lang gezogene Strukturen am Galapagos-Rücken im Ostpazifik. Sie basiert auf Messungen, die mit einem Sonargerät gemacht wurden.
© Abb.: UCSB, Univ. S. Carolina, NOAA, WHOI

Mysteriöse Rücken in der Tiefsee: Eiszeiten hinterlassen Buckel am Meeresgrund

Die Tiefsee ist voller langgezogener Hügel. Ihr Muster wird offenbar durch die Eiszeiten bestimmt, berichten Geoforscher. Doch es gibt noch weitere Rhythmen, die im Meeresboden gespeichert sind.

Wären die Ozeane nicht voll Wasser, böte sich aus dem Flugzeugfenster ein fantastischer Blick auf ihren Grund. Schmale, extrem lang gezogene Hügel wären zu sehen, parallel angeordnet wie die Ausbuchtungen eines Wellblechdachs. Sie gehören zu den häufigsten Landschaftsformen der Erde, insgesamt kommen die schmalen Rücken auf 50 000 Kilometer Länge. Doch sie sind bedeckt von mehreren Kilometern Wasser und nur für das Sonar von Forschungsschiffen sichtbar, dessen Daten zu dreidimensionalen Karten zusammengefügt werden.

Seit Jahrzehnten fragen sich Forscher, wie die rund 100 Meter hohen Hügel entstehen. Sie müssen etwas mit dem ständigen Wachsen des Meeresbodens an den mittelozeanischen Rücken zu tun haben. Dort schieben sich die Erdplatten auseinander, von unten steigt Magma auf und bildet das markante Rückgrat des Ozeanbodens. Im Lauf der Jahrtausende bewegen sich die Erdplatten weiter auseinander – und mit ihnen das erstarrte Magma, das einst an der Nahtstelle aufstieg. Würde dieser Vorgang perfekt ablaufen, wäre der Ozeanboden flach wie eine Tischplatte. Stattdessen sitzen darauf nebeneinander die langen Hügel.

Wasserspiegel sinkt - Vulkanismus nimmt zu

Offensichtlich entstanden sie – zumindest einige von ihnen – durch erhöhte vulkanische Aktivität, die durch die Eiszeiten hervorgerufen wurde. Davon berichten John Crowley von der Universität Oxford und Kollegen im Fachblatt „Science“. Sie erklären es so: Während einer Kältephase sind rund 50 Billiarden Tonnen Wasser in Form von Eis auf den Kontinenten gebunden, der Meeresspiegel liegt um rund 100 Meter tiefer. Dadurch sinkt der Druck auf den Meeresboden, im Erdmantel entsteht mehr Gesteinsschmelze. Diese steigt auf und bildet einen mächtigen mittelozeanischen Rücken. Im Zuge der Plattenbewegung werden dessen Reste fortgetragen und bleiben als große Rippel auf dem Meeresboden sichtbar.

So entstehen die mysteriösen Rücken am Meeresgrund.
So entstehen die mysteriösen Rücken am Meeresgrund.
© Science,Tagesspiegel

Die Vereisungen kommen nicht zufällig, sie hängen mit Variationen der Sonneneinstrahlung zusammen. Die wiederum gehen zurück auf Änderungen „orbitaler Parameter“ wie zum Beispiel der Neigung der Erdachse oder der Gestalt der Ellipse, die unser Planet beim Umlauf um die Sonne beschreibt. Diese Schwankungen haben eigene Rhythmen von 41 000 beziehungsweise 100 000 Jahren und werden als Milankovic-Zyklen bezeichnet.

Sind diese Rhythmen auf dem Meeresboden erkennbar?, fragte Crowley. In einem Computermodell spielten er und sein Team Eiszeiten und Vulkanismus durch. Bewegt sich eine Erdplatte zum Beispiel mit drei Zentimetern im Jahr, so müssten die Rippel des 41 000-Jahre-Rhythmus einen Abstand von je 1,2 Kilometern haben.

Nicht überall sind die Rücken klar erkennbar

Tatsächlich fanden die Forscher in einer 3-D-Karte eines Gebietes zwischen Australien und der Antarktis Rippel, die diesem Rhythmus entsprechen, berichten sie in „Science“. Der Befund wird gestützt von Maya Tolstoy von der Columbia-Universität in New York. Sie und ihr Team haben in einem Gebiet im Ostpazifik deutlich den 100 000-Jahre-Rhythmus erkannt, berichten sie in den „Geophysical Research Letters“.

Ganz so einfach ist die Sache nicht. So fand Crowley in einem zweiten Gebiet nur einen Teil des erwarteten Musters. Vielleicht sind die Rücken zerbrochen oder wurden unter Sediment begraben, vermutet er. Möglicherweise haben sich die Erdplatten unterschiedlich schnell bewegt, sodass gerade kurzfristige Schwankungen nicht zu erkennen sind.

500.000-Jahres-Rhythmus im Atlantik: Ursache unbekannt

„Das Modell klingt plausibel, aber es gibt noch viel zu wenig Karten des Meeresbodens, um es großflächig zu testen“, sagt Colin Devey vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, der nicht an der Studie beteiligt ist. Es funktioniere zudem nur bei bestimmten Fällen. Devey berichtet von der unterschiedlichen Dicke der Erdkruste unter dem Atlantik. Sie zeige einen Rhythmus der vulkanischen Aktivität von einer halben Million Jahre. „Wir wissen einfach nicht, was die Ursache dafür ist.“

Sollte der Zusammenhang zwischen Kältephasen und Vulkanismus tatsächlich bestehen, könnte er erklären helfen, warum Eiszeiten in der Regel rasch enden. Denn mit dem Magma tritt massenhaft Kohlendioxid aus. Gelangt es in die Luft, treibt es die Erderwärmung an und dürfte so das Ende der Gletscher beschleunigen.

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