Futter "Frei Haus": Eisschwund erhöht Bruterfolg von Adelie-Pinguinen
Brüten an Land, jagen im Meer: Die Erfolgsformel der Adelie-Pinguine liefert ohne Meereis bessere Ergebnisse.
Adelie-Pinguine sind bestens an das Leben im eisbedeckten Meer angepasst. Ihre Eier legen sie zwar in Nester aus Steinen an felsigen Küsten der Antarktis. Vor ihren Kolonien schwimmt aber meist eine geschlossene Eisdecke, die viele Kilometer auf das Meer hinausreicht.
In Jahren mit wenig Eis ziehen die Adelie-Pinguine jedoch besonders erfolgreich ihren Nachwuchs auf, decken jetzt Yuuki Watanabe und seine Kollegen vom japanischen Polarforschungsinstitut in Tokyo im Fachjournal „Science Advances“ auf.
In eisreichen Jahren kommen dagegen kaum Küken durch. Wenn das Meereis aufgrund des Klimawandels schwindet, könnte diese Art also profitieren.
Die Forscher rüsteten in vier Jahren 175 Adelie-Pinguine einer Kolonie in der Lützow-Holm-Bucht in der Ost-Antarktis mit Geräten aus, die Satellitendaten der Aufenthaltsorte, Videoaufnahmen und Bewegungsdaten der Tiere aufzeichneten. Damit beobachteten Watanabe und seine Kollegen das Jagdverhalten der Tiere bei ihren Ausflügen ins Meer. Bevorzugte Beute: Krill genannte Krebstiere, die Algen aus dem Wasser filtern.
Besondere Bedingungen
Normalerweise schwimmt auf der Lützow-Holm-Bucht das ganze Jahr über eine dicke Schicht Meereis, das an der Küste festgefroren ist. Im Herbst 2016 aber brach das Eis in der Bucht auf und wurde von der Strömung auf den offenen Ozean getragen. Im Winter bildete sich zwar wieder neues Eis in der Bucht.
Vor der Pinguin-Kolonie aber entstand eine Polynja. „So nennt man sehr große Flächen mit offenem Wasser, die sich an der Küste der Antarktis bilden, wenn heftige Winde frisch gefrorenes Eis aufs Meer treiben“, erklärt Boris Culik. Der nicht an der Studie beteiligte Meeresbiologe untersucht das Leben von Meeressäugern und Pinguinen und ihre Gefährdungen.
Auch während der gesamten Brutsaison von Oktober 2016 bis Februar 2017 hielt sich eine Polynja vor der Kolonie der Adelie-Pinguine. Watanabes Team konnte die Beutezüge der Pinguine mit den Aufzeichnungen aus drei anderen Brut-Saisons vergleichen, in denen die Bucht von Meereis bedeckt war.
In diesen antarktischen Sommern mussten die Adelie-Pinguine oft mehrere Kilometer an der Küste entlang oder über das Meereis laufen, bis sie eine offene Wasserstelle fanden. Die Tiere legten dabei mehrere Pausen von ein paar Minuten oder sogar wenigen Stunden ein. Im Sommer 2016/17 waren es dagegen nur wenige Schritte vom Nest zum Wasser. Da der Weg kürzer war, und die Suche nach Atemlöchern entfiel, blieb mehr Zeit für die Jagd.
Krill "off the rocks"
Im offenen, lichtdurchfluteten Wasser gediehen zudem die Algen als Nahrungsgrundlage des Krill besonders gut. In der Folge gab es bald viel mehr dieser Krebstiere als in eisreichen Jahren. Die Beutezüge der Pinguine waren in der Polynja viel effizienter: Die sonst vier bis fünf Kilogramm schweren Tiere brachten im Durchschnitt bald ein Pfund mehr auf die Waage als in normalen Jahren. Vor allem aber wuchsen die Küken in dieser Zeit 34 bis 52 Prozent schneller als in eisreichen Zeiten. Das ist in der ohnehin kurzen Brutsaison an in der Antarktis ein enormer Vorteil, der den Bruterfolg deutlich verbessert.
„Adelie-Pinguine könnten profitieren, wenn der Klimawandel weniger Meereis vor ihren Kolonien bringen sollte“, kommentiert Culik diese Untersuchung. Allerdings trifft das nur auf die etwa 70 Prozent der Tiere zu, die am Festland im tiefen Süden brüten. Dort wachsen die Adelie-Pinguin-Populationen.
An der Antarktischen Halbinsel und auf den vorgelagerten Inseln schwimmt schon länger weniger Eis auf dem Meer. Dort sinkt die Zahl der Adelie-Pinguine jedoch. „Das könnte an der stärkeren Konkurrenz zum Beispiel durch Eselspinguine liegen, die im tiefen Süden nicht vorkommen“, vermutet Culik.