Zwergplanet Ceres: Eisige Vulkanwelt
Die Raumsonde Dawn umkreist seit 2015 den Zwergplaneten Ceres. Nun haben sechs Forscherteams Ergebnisse über die Welt aus Felsen und Eis publiziert.
Der Zwergplanet Ceres im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ist überraschend aktiv: Messungen der US-amerikanischen Raumsonde „Dawn“ deuten auf eisige Vulkane (Kryovulkanismus) und tektonische Bewegungen noch in geologisch jüngster Zeit hin. Dawn umkreist seit März 2015 den 960 Kilometer großen Himmelskörper. Im Fachblatt „Science“ haben die an der Nasa-Mission beteiligten Forschergruppen jetzt in sechs Studien ihre Ergebnisse über die Welt aus Eis und Felsen veröffentlicht.
„Bislang war es eine offene Frage, ob ein so kleiner Himmelskörper, der keinen Gezeitenkräften ausgesetzt ist, Kryovulkanismus zeigen kann“, schreiben Ottaviano Ruesch vom Goddard Space Flight Center der Nasa und seine Kollegen. In dem vier Kilometer hohen Berg Ahuna Mons auf Ceres sehen die Forscher jetzt einen eindeutigen Beleg. Sie sind davon überzeugt, dass die domförmige Struktur nicht durch ein Zusammenpressen der Gesteinsschichten oder durch Erosion entstanden ist, sondern durch Vulkanismus. Bei Kryovulkanen spielt ein zähes Eis-Wasser-Gemisch die Rolle des Magmas. Sie wurden bislang auf mehreren Eismonden der Planeten Jupiter, Saturn und Neptun nachgewiesen. Dort treibt allerdings eine Aufheizung durch Gezeitenkräfte den Vulkanismus an. Ruesch und seine Kollegen vermuten, dass auf Ceres Salze den Gefrierpunkt des Wassers soweit herabsetzen, dass sich kryomagmatische Flüssigkeiten bilden können.
Weitere Hinweise auf tektonische Aktivitäten, ausgelöst durch kryomagmatische Strömungen unter der Oberfläche, präsentiert ein Team um Debra Buczkowski von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore. Die Wissenschaftler haben auf den Dawn-Aufnahmen unter anderem kilometerlange Strukturen auf Hochebenen aufgespürt, die keinerlei Bezug zu Einschlagkratern haben. Daraus folgern sie, dass sich dort unterirdische Verwerfungen befinden, verursacht durch aufsteigendes Kryomagma.
Vermutlich hat ein Landrutsch oder ein Einschlag das Eis kürzlich freigelegt
In der Vergangenheit hat Wasser vermutlich eine wichtige Rolle bei der Evolution der Oberfläche von Ceres gespielt. Eleonora Ammannito von der Universität von Kalifornien in Los Angeles und ihre Kollegen zeigen mithilfe spektroskopischer Messungen, das die Oberfläche des Zwergplaneten einen hohen Anteil an Schichtsilikaten enthält – also an Mineralien, die sich nur in Kontakt mit flüssigem Wasser bilden. Die Anteile unterschiedlicher Silikate variieren zwar lokal stark. Insgesamt sind sie jedoch überraschend gleichförmig über ganz Ceres verteilt.
Heute dagegen ist Wasser und auch Wasser-Eis an der Oberfläche des Zwergplaneten nicht stabil; dem Vakuum ausgesetzt sublimiert Eis innerhalb weniger Jahrzehnte. Umso überraschter waren Jean-Philippe Combe vom Bear Fight Institute im US-Bundesstaat Washington und seine Kollegen, dass sie im jungen Krater Oxo auf eine stark reflektierende Fläche gestoßen sind. Die spektroskopische Untersuchung der etwa ein Quadratkilometer großen Fläche zeigt, dass es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um Wasser-Eis handelt. Ein Einschlag oder ein Landrutsch in jüngster Vergangenheit habe hier vermutlich das Eis freigelegt.
Allerdings scheint sich unmittelbar unter der Oberfläche von Ceres nicht, wie bislang angenommen, eine überwiegend aus Eis bestehende Schicht zu befinden. Eine solche Eisschicht würde Krater innerhalb von zehn bis hundert Millionen Jahren zerfließen lassen. Doch ein solcher Effekt lässt sich anhand der Kratertiefen und -formen auf Ceres nicht ableiten, schreibt ein Team um Harald Hiesinger von der Universität Münster. Die Analyse der Krater deute eher darauf hin, dass die äußere Schale von Ceres aus einem Gemisch aus Gestein und Wasser-Eis besteht.