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Der Wiener Immunforscher Josef Penninger soll Chef des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in Berlin werden.
© imago/SKATA

Spitzenforschung in Berlin: Ein Wiener wird neuer Chef des Max-Delbrück-Centrums

Gefeiert und umstritten: Der Mediziner Josef Penninger soll das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch leiten. In seiner Heimat Österreich gilt er als Wunderkind und Vorzeigewissenschaftler.

Für „Esquire“ ist Josef Penninger „der größte Wissenschaftler unserer Zeit“. So jedenfalls steht es in der Überschrift eines umfangreichen Artikels des amerikanischen Magazins aus dem Jahr 2001. Der heute 50-jährige Penninger ist Arzt und Immunforscher und leitet das Institut für Molekulare Biotechnologie in Wien. Das könnte sich bald ändern. Wie der Tagesspiegel erfuhr, ist der vielfach ausgezeichnete Forscher zum neuen Chef des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in Berlin-Buch auserkoren worden. Der Österreicher wird damit die Nachfolge von Walter Rosenthal antreten, der 2014 Präsident der Friedrich-Schiller-Universität wurde.

Penninger gilt als originell und charismatisch. Aus kleinen Verhältnissen stammend, hat er eine Bilderbuchkarriere hingelegt. Dem Medizinstudium in Innsbruck folgte von 1990 an ein Forschungsaufenthalt im kanadischen Toronto, wo Penninger an der Universität arbeitete. 2002 kehrte er nach Österreich an das Institut für Molekulare Biotechnologie zurück.

In seinem Heimatland gilt Penninger als Wunderkind und Vorzeigewissenschaftler. Er wurde nacheinander zum „Wissenschaftler des Jahres“ und zum „Österreicher des Jahres“ gekürt und erhielt 2014 mit dem Wittgenstein-Preis den „österreichischen Nobelpreis“.

Der salopp und unkonventionell auftretende Penninger – ein YouTube-Video zeigt ihn beim Ententanz – ist an mehr als 400 wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Fachzeitschriften wie „Nature“, „Science“ und „Cell“ beteiligt und verfügt damit über ein herausragendes Profil. Zum „größten Wissenschaftler unserer Zeit“ reicht es trotzdem nicht ganz. Der „Esquire“-Artikel macht deutlich, worauf diese Einschätzung beruht.

Er zeichnet das Porträt eines jungen, ungestümen Wissenschaftlers voller überschäumender Ideen, der sich auf vielen Gebieten tummelt: Immunforschung, Osteoporose, Herzkrankheiten, programmierter Zelltod. Bis heute hat sich Penninger seine Vielseitigkeit erhalten. Gemeinsam mit seinem Team ergründet er Hirn-, Herz- und Lungenleiden, Knochenkrankheiten, Immunstörungen und Krebs, indem er ihre Auswirkungen an genetisch veränderten Mäusen studiert.

Einige Kollegen bezweifeln Seriosität und Befähigung

Unumstritten ist Penninger jedoch nicht. Einige Wissenschaftler bezweifeln seine Seriosität und damit seine Befähigung, eine Institution wie das Max-Delbrück-Centrum mit rund 1600 Mitarbeitern und Gastwissenschaftlern zu leiten. Die Forscher, die nicht genannt werden wollen, weisen etwa auf die Vorgänge am Amgen-Institut der Universität Toronto hin. Der renommierte kanadische Immunforscher Tak Mak hatte Penninger 1994 an das Institut geholt, das von dem US-Biotechnik-Konzern Amgen finanziert wurde. Nach einigen Jahren kamen Zweifel an Forschungsergebnissen Penningers auf. Andere Wissenschaftlergruppen konnten seine Resultate nicht reproduzieren, ein Fälschungsverdacht stand im Raum.

Eine daraufhin von Amgen eingesetzte Kommission fand keine Hinweise auf ein Fehlverhalten Penningers und entlastete ihn im Sommer 2002. Trotzdem kam es zum Zerwürfnis mit seinem Ziehvater Tak Mak. Auch für Wissenschaftler wie den schwedischen Immunforscher Hans Wigzell waren die Bedenken an Penningers Arbeit nicht beseitigt. Gegenüber dem kanadischen Magazin „Maclean’s“ warf er der Amgen-Kommission 2003 Vertuschung vor. Wigzell ist nicht irgendwer. Er leitete zu jener Zeit das Stockholmer Karolinska-Institut, das mit der Vergabe des Medizin-Nobelpreises betraut ist. Penninger verließ das Amgen-Institut im Juni 2002 Richtung Wien.

Für den Tagesspiegel war der Wiener Wissenschaftler für einen Kommentar zu seinen Zielen am Max-Delbrück-Centrum bislang nicht erreichbar. Die Aufgaben an dem Berliner Institut sind auf jeden Fall herausfordernd. Das Delbrück-Centrum muss sich im nationalen und internationalen Wettbewerb um wissenschaftliche Spitzenleistungen behaupten. Und es hat sich mit dem Berliner Institut für Gesundheitsforschung, einer gemeinsamen Gründung mit der Berliner Uniklinik Charité, anspruchsvolle Ziele gesetzt. Auf Penninger kommt zweifellos viel zu.

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