Frisches Gemüse für Astronauten: Ein Gewächshaus fürs All
Raumfahrer wie Alexander Gerst schwärmen von der Aussicht - aber eher nicht von der Verpflegung. Das soll sich ändern: mit selbstgezüchteten Tomaten.
Erdbeeren und Paprika wollten nicht so wachsen, wie es geplant war. Nur zwei Kilo Paprikaschoten erntete Forscher Paul Zabel - und keine einzige Erdbeere. Dafür gediehen Tomaten, Gurken und Salat umso besser: 270 Kilogramm Gemüse pflückte Zabel innerhalb von einem dreiviertel Jahr in einer unwirtlichen Gegend: in einem knapp 13 Quadratmeter großen Container-Gewächshaus in der Antarktis nahe der Neumayer III-Station.
Gemüse hebt die Stimmung
„Die Qualität des Gemüses war einwandfrei, es hatte einen guten Nährstoffgehalt und keine Schadstoffe“, sagte Zabel, Forscher am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bremen, am Freitag bei der Präsentation der Ergebnisse des fünf Millionen Euro teuren Projekts „Eden-ISS“. Zabel war von Ende 2017 bis Ende 2018 als Gärtner in der Antarktis. Von dort brachte er Hunderte Proben und Daten mit, die zum Teil immer noch ausgewertet werden.
Ein Ergebnis sei allerdings schon sehr schnell vor Ort klar gewesen: Das frische Grün habe die Stimmung der neun Überwinterer der Station sichtlich angehoben. „Der Geschmack der frischen Lebensmittel und der Geruch der Kräuter fand großen Anklang“, sagte Zabel. Die Auswertung ergab zudem, dass für die Aufzucht der Pflanzen deutlich weniger Energie benötigt wurde als von der US-Raumfahrtbehörde für solche Projekte errechnet. „Wir werden den Verbrauch sicher künftig noch weiter senken können“, sagte „Eden-ISS“-Projektleiter Daniel Schubert. Zurzeit kümmert sich die Neumayer III-Crew um das Gewächshaus. Sie wird vom DLR-Kontrollzentrum in Bremen unterstützt.
Grundlage für Weltraum-Missionen
Für die Forscher war das Gewächshaus-Experiment so erfolgreich, dass sie es als Grundlage für künftige Weltraum-Missionen auf dem Mond oder dem Mars für geeignet halten. Sie entwickelten ein schlauchartiges Modell, das auf eine Falcon 9-Trägerrakete passt. Es könnte auf dem Mond oder dem Mars auf eine Länge von 13 Metern auseinandergefaltet werden. Projektleiter Daniel Schubert kündigte an, dass das DLR in Bremen in fünf Jahren einen ersten Prototyp präsentiert - wenn die nötigen finanziellen Mittel dafür genehmigt werden.
Das Modellsystem ist so konzipiert, dass darin 90 Kilogramm Gemüse im Monat geerntet werden könnten. „Das wäre bei sechs Astronauten für jeden 0,5 Kilo pro Tag“, sagte Schubert. Die Pflanzen würden ohne Erde, Tageslicht und Pestizide in einem geschlossenen Kreislauf wachsen. So habe es sich in der Antarktis bewährt. „Wir hoffen, dass wir damit einen essenziellen Beitrag für künftige Habitate auf Mond oder Mars beisteuern können“, betonte Schubert.
Bis solche Missionen in der Zukunft umgesetzt werden, könnten auch die Schwierigkeiten mit dem Anbau von Erdbeeren und Paprika behoben sein. Denn die Experimente mit den Pflanzen in der Antarktis gehen weiter. „Ich vermute, dass für die Paprikapflanzen die Luft zu trocken war“, sagte Schubert. „Und Erdbeeren sind mehrjährige Pflanzen, sie brauchen auch eine Kältephase.“ Diese sei in dem Kreislaufsystem nicht möglich gewesen. „Und die zweistelligen Minusgrade draußen wären zu kalt gewesen.“ Janet Binder (dpa)