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Das Gehirn eines Alzheimer-Patienten ist deutlich geschrumpft.
© Reuters

Demenz: Ein Bluttest soll Alzheimer voraussagen

Ein Nachweis von zehn Proteinen im Blut soll mit fast 90 prozentiger Genauigkeit prognostizieren, ob jemand mit Gedächtnisstörungen an Alzheimer erkrankt.

Wo war noch gleich der Autoschlüssel? Und welcher Wochentag ist heute? Viele Menschen leiden unter Gedächtnisproblemen und fragen sich, ob sich bei ihnen eine Alzheimer-Krankheit anbahnt. Ein neuer Bluttest verspricht nun, darüber Aufschluss zu geben. Entwickelt hat ihn ein britisches Forscherteam zusammen mit der Biotechnik-Firma „Proteome Sciences“. Der Test sagt einer Studie zufolge das Risiko von Menschen mit Gedächtnisproblemen, in den nächsten zwölf Monaten an Alzheimer zu erkranken, mit einer Genauigkeit von 87 Prozent voraus. Laut der britischen Zeitung „Guardian“ könnte der Test in den nächsten zwei Jahren verfügbar sein und zwischen 125 und 375 Euro kosten.

Für ihre Untersuchung nutzten die Forscher Blutproben aus drei internationalen Studien mit insgesamt 1148 Teilnehmern, teilt „Proteome Sciences“ mit. 476 hatten eine Alzheimer-Demenz, 220 litten unter leichter geistiger Beeinträchtigung (leichte kognitive Störung) und 476 hatten keine Anzeichen für eine Demenz, also geistigen Verfall.

Untersucht wurden die Spuren von 26 Proteinen (Eiweißen) im Blut, die mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht werden. Aus diesen wählten die Forscher 16 Proteine aus, die mit einer Schrumpfung des Gehirns bei leichter kognitiver Störung und Alzheimer verknüpft waren. Schließlich fanden die Wissenschaftler zehn Eiweißmoleküle, die den Übergang von einer leichten kognitiven Störung hin zu Alzheimer innerhalb eines Jahres prognostizieren konnten.

Das Problem: Aus Tausenden von Proteinen die richtigen herausfischen

„Gedächtnisprobleme sind weit verbreitet. Aber es kommt darauf an, denjenigen zu finden, der an einer Demenz erkranken wird“, sagt Abdul Hye, Studienleiter vom Londoner King’s College. „Es gibt Tausende verschiedene Proteine im Blut. Diese Studie ist das Ergebnis von vielen Jahren Arbeit, um für die Krankheitserkennung wichtige Eiweißmoleküle zu ermitteln.“ Jetzt habe man zehn Proteine, mit denen man bei Menschen mit bereits vorhandenen Gedächtnisschwächen Alzheimer prophezeien könne.

Die Diagnose „Alzheimer“ lässt sich bisher mit letzter Sicherheit nur nach dem Tod stellen – durch den Nachweis von typischen Gewebeveränderungen im Gehirn. Umso größer sind die Anstrengungen, dem Leiden schon zu Lebzeiten so früh wie möglich auf die Spur zu kommen. Schon recht gut etabliert sind eine Untersuchung des Hirnwassers und spezielle bildgebende Verfahren wie Kernspin-Tomographie und Positronen-Emissions-Tomographie.

Die Tests halten bislang einer Überprüfung nicht stand

Allerdings sind diese Verfahren aufwändig und kostspielig, so dass ein vergleichsweise einfacher Bluttest gerade recht käme. Er gilt als „heiliger Gral“ des Alzheimer-Nachweises. Und tatsächlich sind in den vergangenen Jahren etliche Studien zu einem solchen Nachweis veröffentlicht worden. Der Alzheimer-Experte Oliver Peters von der Berliner Charité schätzt, dass sich an die 20 Firmen auf diesem Gebiet tummeln. Das Hauptproblem der Tests besteht darin, dass bis jetzt kein einziger bei einer zweiten Stichprobe bestätigt wurde, sagt Peters. Das ist aber für eine Zulassung zwingend erforderlich. Frank Jessen von der Bonner Uniklinik sieht das genauso. „Immer wieder werden bestimmte Proteinmuster im Blut gefunden, die aber einer Überprüfung in anderen Patientengruppen nicht standhalten“, sagt Jessen. „Deshalb wäre es voreilig, von einem bereits vorhandenen Bluttest für Alzheimer zu sprechen.“

Das Problem der Wiederholbarkeit eines guten Testergebnisses ist auch den britischen Forschern bewusst. Sie haben angekündigt, den Test bei 5000 bis 10 000 Personen auf seine Gültigkeit zu überprüfen und womöglich zu verbessern. Erst nach dieser Bewährungsprobe kommt eine Zulassung in Frage.

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