FU Berlin: Edward Snowden wird Ehrenmitglied
Die FU Berlin will Edward Snowden zum Ehrenmitglied ernennen - wegen seines Einsatzes für "Transparenz, Gerechtigkeit und Freiheit". Noch weiß Snowden nichts von der Ehrung. Er könnte es von Hans-Christian Ströbele erfahren.
Edward Snowden wird Ehrenmitglied der Freien Universität Berlin. Das beschloss der Akademische Senat der FU am Mittwoch auf Antrag der Studierendenvertreter. Zur Begründung hieß es, der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter habe sich "außergewöhnlich für Transparenz, Gerechtigkeit und Freiheit eingesetzt". Dies sei eine "in höchstem Maße mit den Grundsätzen der FU - ,Veritas, Iustitia und Libertas' - konforme Haltung". Der Asta der FU hatte Snowden schon im Februar zur Teilnahme an einer Veranstaltungsreihe zum Thema „Datenschutz in Zeiten von Überwachung und Geheimdiensten“ eingeladen. Die Universität Rostock streitet seit einiger Zeit über einen Ehrendoktor für Snowden. Die Philosophische Fakultät beschloss am Mittwoch, sich über die Gegenwehr des Rektors hinwegzusetzen.
Die Entscheidung für Snowden fiel mit knapper Entscheidung
An der FU fiel die Entscheidung für die Ehrenmitgliedschaft Snowdens im Akademischen Senat (AS) am Mittwoch mit knapper Mehrheit. Elf AS-Mitglieder stimmten mit Ja, zehn mit Nein, es gab eine Enthaltung, wie ein Mitglied aus dem nicht öffentlichen Teil der Sitzung berichtet. Die Abstimmung war geheim. Vermutet wird aber, dass die Gegenstimmen vor allem aus den Reihen der beiden Professorengruppen „Vereinte Mitte“ und „Liberale Aktion“ kamen, die sich selbst als pragmatisches Zentrum verstehen, die Jastimmen dagegen von den Studierenden und den anderen linken und kritischen Gruppen: bei den Professorenlisten aus dem „Dienstagskreis“ und aus der Liste „Exzellenz und Transparenz“ des Informatik-Professors Raúl Rojas.
Kritiker sagen, in der Vergangenheit wurden einige FU-Ehrungen zu "Rohrkrepierern"
Den Antrag hatte der Studierendenvertreter Mathias Bartelt schon im Februar eingebracht, erst jetzt befasste sich das Gremium aber damit. Snowden wisse von der Ehrung noch nichts, man werde nun die Kontakte der Politik zu ihm nutzen, etwa zu dem Grünen Hans-Christian Ströbele, hieß es aus dem AS.
Dem Beschluss vorausgegangen sei eine „leidenschaftliche, aber sachliche Debatte“, sagte ein AS-Vertreter. Auch die Kritiker hätten Snowdens Verdienste nicht abgestritten. Doch sie hätten zu bedenken gegeben, dass es noch zu früh sei, um sein Wirken abschließend zu beurteilen. So werde der Wikileaks-Gründer Julian Assange heute kritischer betrachtet als noch vor drei Jahren. Gerade weil Ehrungen der FU in der Vergangenheit mehrfach zu „Rohrkrepierern“ geworden seien, müsse man sich zurückhalten.
Umstrittene FU-Geehrte: Der Scheich von Dubai und Suzanne Mubarak
Im AS der FU gibt es seit längerer Zeit Debatten über Ehrungen und Geehrte. So war Dubais Scheich Maktum die Ehrenmedaille, die er im Jahr 2008 von der damaligen Hochschulleitung der FU bekommen hatte, im Jahr 2011 vom AS aberkannt worden. Die Ehrung des Scheichs im Henry-Ford-Bau ist aber noch immer im Imagefilm der FU im Internet zu sehen. Im Sommer vor zwei Jahren verhinderte das Gremium, dass der damals designierte Chef des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, zum Honorarprofessor an der FU berufen wurde. Die Honorarprofessur für die damalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan wurde mit ihrem Plagiatsfall ebenfalls Thema. Schavan legte die Professur aber selbst nieder, nachdem sie den Streit vor Gericht verloren hatte.
Der Informatik-Professor Rojas kritisiert noch andere Ehrungen. So wird Snowden als Ehrenmitglied der FU nun in eine Runde aufgenommen, der seit 1999 auch der im Zusammenhang mit der Berliner Bankenkrise umstrittene Banker Hubertus Moser angehört sowie der frühere italienische Botschafter Umberto Vattani, der laut Rojas „eine dicke Akte bei der italienischen Justiz hat“. Im Jahr 2003 hatte die FU Suzanne Mubarak, der Frau des ägyptischen Despoten Hosni Mubarak, die Ehrenmedaille verliehen.
Was ist das richtige Format, um Snowdens Verdienste zu würdigen?
Die Mitglieder des AS diskutierten dem Vernehmen nach auch darüber, ob die Ehrenmitgliedschaft unter den möglichen Ehrungen für Snowden überhaupt das „richtige Instrument“ sei. Schließlich handle es sich bei der Ehrenmitgliedschaft nicht um einen „allgemeinen Zivilcouragepreis“. Vielmehr diene sie dazu, Persönlichkeiten zu würdigen, die sich besondere Verdienste um die FU oder im weiteren Sinne um die Beziehungen zwischen Berlin und den USA erworben haben. Für andere Persönlichkeiten ohne speziellen FU-Bezug komme eher der „Freiheitspreis“ der FU infrage. Zu dessen Trägern gehören Daniel Barenboim, Desmond Tutu oder Mary Robinson.
Debatte auch an der Uni Rostock
Auch in Rostock spielt die Frage eine Rolle, welches das richtige Ehrungsformat ist. Der Rektor streitet Snowdens Verdienste nicht ab, ist aber sicher, dass dieser keine besonderen wissenschaftlichen Leistungen vorweisen kann, die den Ehrendoktor rechtfertigen würden, an dem die Philosophische Fakultät aber festhält. Mathias Bartelt, Studierendenvertreter im AS der FU, sagte auf Anfrage, die Ehrenmitgliedschaft würdige Verdienste um die FU oder allgemein um die Wissenschaft: „Wer wenn nicht Snowden hat sich um die Werte der Wissenschaft verdient gemacht?“, fragt Bartelt.
Doch seit wann legen die besonders linken Studierendenvertreter der FU Wert auf bürgerliche Rituale wie Ehrungen? Bartelt sagt: „Ehrungen sind nicht gänzlich falsch. An der FU werden sie aber oft einseitig an Personen mit schwarzem Parteibuch und in inflationärer Form vergeben.“ Bei der Ehrenmitgliedschaft für Snowden gehe es auch um weit mehr als um „Schmuck“: Snowden solle „Schutz durch Legitimation verliehen werden.“ Dieses Argument hatten die Studierenden auch in der AS-Sitzung vorgetragen, andere AS-Mitglieder sehen darin aber eine „Selbstüberschätzung der FU“.
Bekommt Snowden jetzt freien Eintritt in den Botanischen Garten?
Die Leitung der FU will Snowden nun über seine Ehrung informieren, teilt sie auf Anfrage mit. Welche unmittelbaren Auswirkungen hat die Ehrenmitgliedschaft, von der Snowden noch nichts weiß, auf ihn? Bekommt er freien Eintritt für den Botanischen Garten? Muss er sich an der FU blicken lassen, sobald es möglich ist? Weder noch: „Mit der Ehrung sind keine weiteren Rechte, Privilegien und Aufgaben verbunden“, teilt die FU mit.