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Mahnt zur Vorsicht und warnt vor einem erneuten Anstieg: Virologe Christian Drosten.
© Christophe Gateau/dpa

„Darum müssen wir die Zahlen ernstnehmen“: Drosten warnt vor Corona-Neuinfektionen wie in Spanien und Frankreich

Die verschärfte Corona-Lage in Europa wird vor Deutschland nicht Halt machen, glaubt Virologe Christian Drosten. Das hat auch mit den Reiserückkehrern zu tun.

Mit Blick auf die verschärfte Corona-Lage in manchen anderen europäischen Ländern hat der Virologe Christian Drosten vor einer ähnlichen Entwicklung hierzulande gewarnt.

Angesichts der derzeit in Deutschland gemeldeten Neuinfektionen müsse man sich klarmachen, „dass wir, wenn wir die Kurven übereinanderlegen, etwas hinterherhinken hinter Spanien und Frankreich und England“, sagte der Leiter der Charité-Virologie der Deutschen Presse-Agentur. Er betonte, „dass wir uns aber auch nicht vormachen sollten, dass sich das bei uns alles ganz anders entwickelt. Wir machen auch jetzt nicht sehr viele Sachen sehr anders“.

Der am Donnerstag vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete Wert von rund 2200 Neuinfektionen sei „schon nicht so eine beliebige Schwankung. Sondern wir sind jetzt wieder im Anstieg“, sagte Drosten beim Kommunikationskongress des Bundesverbands der Kommunikatoren, wo er für seine Aufklärungsarbeit in der Pandemie mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet wurde.

„Es gibt ein paar Details, die vielleicht bei uns anders sind als in Südeuropa. Unsere Haushalte sind häufig kleiner, wir haben mehr Einpersonenhaushalte“, sagte Drosten.

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Es gebe weniger Mehr-Generationen-Familien, in denen das Virus über die Altersgrenzen sehr leicht verbreitet werde. Ein Beispiel dafür aus Frankreich lieferte Drosten bereits vor über einer Woche:

„Das sind sicher Unterschiede. Aber ansonsten ist Deutschland nicht viel anders als diese europäischen Nachbarländer. Darum müssen wir da sehr vorsichtig sein und sehr genau beobachten, wie es jetzt weitergeht.“

Die Testhäufigkeit in Deutschland sei zwar extrem groß – aber erst seit dem Beschluss, Reiserückkehrer zu testen, sagte Drosten. „Das ist eine Testhäufigkeit, die wir in Deutschland so nicht mehr lange durchhalten können.“

Die Grund-Testtätigkeit, die man vorher in Deutschland gehabt habe und bald wieder haben werde, sei nicht viel höher als in anderen europäischen Nachbarländern. Der Kern der Infektionsüberwachung sei bei uns nur wenig stärker ausgeprägt als in anderen Ländern. „Darum müssen wir schon die Zahlen ernstnehmen.“

Drosten warnt, die Lage im August mit der jetzigen zu vergleichen

Wie Drosten erklärte, gingen die Fallzahlen in Deutschland über den Sommer zu einem großen Teil auf Rückkehrer aus dem Urlaub zurück, die das Virus nicht unbedingt in großem Maße hierzulande weitergetragen hätten. Diese Infizierten gäben eher Hinweise auf die Corona-Lage im Herkunftsland. „Was wir jetzt im Moment sehen, ist eine Reflexion durchaus wieder von dem, was in Deutschland los ist in Form von Virusfällen.“

Er warnte zudem beim Kommunikationskongress des Bundesverbands der Kommunikatoren davor, die jetzige Lage mit der im August zu vergleichen. Die neu diagnostizierten Fälle seien in Deutschland aufgetretene Infektionen und in erster Linie Hinweise auf unerkannte Cluster im Hintergrund – die dann in Deutschland liegen. Ein Cluster kann beispielsweise eine Gruppe von Menschen bei einer Familienfeier sein.

„Das heißt wir müssen uns eigentlich jetzt so drauf einstellen, dass das, was wir sehen, der Beginn einer Inzidenzzunahme ist, die man irgendwann auch dann wieder kontrollieren muss“, sagte Drosten. Beim Coronavirus sorgen die meisten Infizierten laut früheren Ausführungen von Drosten für relativ wenige Ansteckungen, während einzelne Infizierte – die sogenannten Superspreader – unter bestimmten Umständen sehr viele Folgefälle auslösten, beispielsweise in einem Cluster. (dpa, Tsp)

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