Deutsches Archäologisches Institut: Diplomatie des Grabens
Deutsche Archäologen forschen weltweit – oft gegen politische Widerstände. Sie antworten mit Diplomatie. "Man muss das aushalten und aushandeln", kommentiert DAI-Präsidentin Fless Kritik an deutschen Grabungen in der Türkei.
Vorwürfe des türkischen Tourismus- und Kulturministers, deutsche Archäologen hätten bei Grabungen schlampig gearbeitet? Rückgabeforderungen, die mit der Erteilung neuer Grabungslizenzen verbunden werden? Über konkrete Streitfälle will Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), am Rande der Jahresversammlung in Berlin nicht sprechen. „Das muss man aushalten und aushandeln“, sagt sie diplomatisch. „Archäologie findet im politischen Raum statt, da gibt es Interessen unterschiedlicher Gruppen.“ Fless spricht von „berechtigten Vorwürfen“, wenn die türkische Seite eine einstürzende Wand oder ein durchgerostetes Gitter an einer öffentlich zugänglichen Stätte moniert. Eine EU-Konvention über die Erhaltung von Kulturgütern verpflichte Archäologen heute ohnehin dazu, bei Grabungen gleich die künftige Nutzung mitzuplanen. Deshalb gründe das DAI jetzt ein neues Referat Cultural Heritage (kulturelles Erbe).
Auch Felix Pirson, Direktor der DAI-Abteilung in Istanbul, sagt: „Wir sind flexibel, gehen auf unsere türkischen Partner zu – und das mit Erfolg.“ Wie der Kulturtourismus frühzeitig mit eingeplant wird, zeigt das Engagement des DAI in Göbekli Tepe, dem nahe der südostanatolischen Stadt Sanliurfa gelegenen ältesten Heiligtum der Welt. Deutsche Archäologen sind dort maßgeblich an der Ausgrabung 12 000 Jahre alter Zeugnisse der Sesshaftwerdung und Religiosität beteiligt. Das deutsch-türkische DAI-Team hat jetzt zwei Schutzdächer für die mit Tiermotiven verzierten megalithischen Pfeiler entworfen – als „touristische Infrastruktur“. Ein echtes Gemeinschaftsprojekt könnte auch das geplante deutsch-türkische Archäologiezentrum in Izmir werden; dies hatte der damalige türkische Kulturminister 2011 vorgeschlagen. Derzeit prüft das DAI, ob das ehemalige deutsche Generalkonsulat ein geeigneter Standort wäre. Zu klären ist allerdings auch noch, wie der gegenwärtige Kulturminister zum Vorschlag seines Vorgängers steht.
Sehr viel unsicherer ist die politische Lage indes in den Ländern des Arabischen Frühlings. Die sozialen, ökonomischen und politischen Probleme, die Ägypten umtreiben, berühren die Archäologie existenziell, sagt Stephan Seidlmayer, DAI-Direktor in Kairo. Bauprojekte auf archäologischen Stätten, die von politisch begünstigten Bauherren realisiert werden, oder „kriminelle Strukturen“, die ihre Beute aus dem Grabraub international vermarkten: Das DAI könne darauf nur reagieren, indem es ägyptische Partner auf Augenhöhe unterstützt, etwa beim Management der Grabungen.
Gleichzeitig verfügt das DAI in Ägypten und auch in Tunesien durch die Transformationspartnerschaft über ein Instrument, mit dem sich Schwerpunkte setzen lassen. Das Auswärtige Amt investiert seit eineinhalb Jahren Millionenbeträge in Kooperationen mit archäologischen Institutionen und Universitäten. Durch Workshops, die das DAI anbietet, sollen vor allem Nachwuchswissenschaftler gefördert werden. Auf einem guten Wege sei etwa die papyrologische Lehre an der Ain-Shams-Universität in Kairo, sagt Seidlmayer. Das DAI unterstützt den Fachbereich unter anderem durch feldarchäologische Exkursionen.
Seine Sicht der archäologischen Weltlage erklärt das DAI jetzt auch in einem neuen Magazin. Soeben ist die erste Ausgabe von „Archäologie weltweit“ erschienen, mit dem Schwerpunktthema Archäologie des Wassers.
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