Die UdK Berlin und die NS-Zeit: Die Kunst des Anpassens
Die UdK Berlin arbeitet die NS-Vergangenheit ihrer Vorgängereinrichtung auf. Die meisten Lehrenden und Studierenden arrangierten sich mit dem System - sie wollten sich schlichtweg auf dem Kunstmarkt etablieren.
Was die Nationalsozialisten als entartet brandmarkten und was sie als deutsche Kunst förderten, scheint eine klare Sache zu sein. 1937 diffamierte die später auch durch Deutschland tourende Münchner Propagandaschau „Entartete Kunst“ alle modernen Strömungen von Expressionismus bis Neue Sachlichkeit. Als Gegenstück präsentierte sich die parallel stattfindende „Große Deutsche Kunstausstellung“, die ihrerseits die deutsch-nationale Staatskunst definieren sollte. Doch so einfach ist es nicht. So gab es durchaus Funktionäre, die der Meinung waren, dass die expressive Moderne ein nordisch-völkisches Zeitgefühl zum Ausdruck bringe. Der traditionalistische Flügel hingegen war der Ansicht, man müsse die Kunst des 19. Jahrhunderts fortführen.
Den Ambivalenzen in der deutschen Kunstgeschichte zwischen 1933 und 1945 ist eine Tagung an der Berliner Universität der Künste (UdK) gewidmet, die am Donnerstag beginnt. Dabei arbeitet die UdK auch die Geschichte ihrer Vorgängerinstitution auf, den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst.
Die Vereinigten Staatsschulen waren 1924 infolge eines staatlichen Sparprogramms aus dem Zusammenlegen der „Hochschule für die Bildenden Künste“ mit der „Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums“ hervorgegangen. Der reformorientierte Direktor, der Architekt, Karikaturist und Designer Bruno Paul, wird 1933 seines Amtes enthoben. Schon seine ästhetische Einstellung, das Streben nach funktionalem Gestalten – er war Gründungsmitglied des Deutschen Werkbunds –, war aus der Sicht der neuen Machthaber problematisch. Gleichzeitig war Bruno Paul ein bekennender Gegner des Nationalsozialismus. Nachfolger wird Max Kutschmann, Mitglied der NSDAP und im Kampfbund für deutsche Kultur. Einige Professoren wie Karl Hofer, Ludwig Gies, César Klein und Edwin Scharff müssen die Schule verlassen. Linke und „nicht-arische“ Studenten ebenso. „Die meisten Lehrenden und Schüler blieben jedoch“, sagt Wolfgang Ruppert von der Arbeitsstelle für kulturgeschichtliche Studien der UdK.
Zu den ehemaligen Studierenden, die verfolgt wurden, zählt der deutsch-jüdische Maler Felix Nussbaum. Er musste ins Exil fliehen, wurde denunziert und in Auschwitz ermordet. Neu an die Staatsschulen berufen wurde etwa Hitlers Hofkünstler, der Bildhauer Arno Breker. Wichtig sei es jedoch, auf jene zu sehen, die zwischen diesen beiden Polen standen, sagt Ruppert. Auf die Mitte der künstlerischen Gesellschaft, die sich mit dem NS-Regime arrangierte.
Warum etwa hat sich die große Mehrheit der deutschen Künstler an der Ausschreibung zur Großen Kunstausstellung in München beteiligt? 15 000 Werke wurden eingesandt. „Die meisten hatten in den 1910er und 20er Jahren ihre Ausbildung gemacht und wollten sich auf dem Kunstmarkt etablieren“, sagt Ruppert. „Die wollten normal leben.“ Sie sahen in der Schau einen Nachfolger der Verkaufsausstellungen, die zuvor im Münchner „Glaspalast“ stattgefunden hatten, bis dieser 1931 vollständig abbrannte.
Mit der ersten Jury-Auswahl war Hitler jedoch nicht zufrieden. Er beendete die Debatte über den Kanon der „Deutschen Kunst“ und ließ nur konservativen Akademismus zu: Die bäuerliche Familie im Kuhstall, Winterlandschaften, Blumengebinde. Da waren dann bei Weitem nicht mehr alle Künstler dabei. Dennoch sei schätzungsweise nur ein Zehntel der ausgestellten Werke politische Kunst im Sinne des Nationalsozialismus gewesen, sagt Ruppert. Ein Sonderfall ist Emil Nolde, auch mit ihm beschäftigt sich die Tagung. Der expressionistische Maler galt einerseits als entarteter Künstler, war aber eigentlich ein glühender Nationalsozialist und Antisemit.
- Universität der Künste, „Künstler im Nationalsozialismus“, 1. bis 3. November, Hardenbergstr. 33, Raum 110. Der Eintritt ist frei, Infos unter www.udk-berlin.de
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