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Gut isoliert. Die kompakten Dinos durchstreiften vor 150 Millionen Jahren das heutige Sibirien. Mit ihrem wärmenden Federkleid gleichen sie Vögeln, die nicht fliegen können.
© Andrej Atachin

Urzeit-Federvieh: Die Daunen der Dinos

Federn sind viel älter als der Vogelflug. Die meisten Dinosaurier wärmten sie - oder sie dienten als Schmuck.

Die Überreste von Dinosauriern aus dem Südosten Sibiriens bestätigen einen alten Verdacht von Evolutionsbiologen: Lange bevor Vögel fliegen lernten, wärmten federähnliche Strukturen die Dinosaurier. Und zwar nicht nur die Ordnung, aus der der Urvogel Archäopteryx hervorging – Federn waren wahrscheinlich weit verbreitet. Das schreiben Pascal Godefroit vom Königlich-belgischen Institut für Naturwissenschaften in Brüssel und seine Kollegen jetzt im Fachjournal „Science“. Noch heute isolieren Daunen Küken und viele ausgewachsene Vögel gegen Kälte. Das Dinogefieder könnte den Daunen moderner Vögel geähnelt haben.

„Das ist ein sehr interessanter Fund“, sagt Daniela Schwarz-Wings, die am Museum für Naturkunde in Berlin Dinosaurier untersucht. Mit einer Länge von etwa 150 Zentimetern war Kulindadromeus zabaikalicus ein eher kleiner Dino. Vor 150 bis 180 Millionen Jahren durchstreifte er Zentralasien auf zwei kräftigen Beinen, unterstützt von einem langen Schwanz.

Anscheinend lebte er in Herden. Die Forscher aus Belgien, Russland, Frankreich, Großbritannien und Irland fanden ein paar hundert Skelettreste von dieser Dino-Art. Die Zähne zeigen den Forschern, dass die Tiere sich von Pflanzen ernährten. Und Weidetiere haben in größeren Herden bessere Chancen gegen Raubtiere als Einzelgänger, zumal die Zweibeiner mit ihren kurzen Armen vermutlich im Nahkampf unterlegen waren.

Hornschuppen an Beinen und Schwanz, Daunen am Körper

Viel interessanter ist das Kleid, in das sich die Dinos hüllten: Die Forscher fanden in den Fossilien drei Hornschuppentypen und drei Strukturen, die Vogelfedern ähneln. Wie bei vielen heute lebenden Vögeln bedeckten Hornschuppen Unterschenkel und Füße der Dinos. Den langen Schwanz von Kulindadromeus zabaikalicus schützten andere Hornschuppen, die sich wie Dachziegel überlappten. Das Organ ähnelte einem überdimensionalen Rattenschwanz. An den Oberschenkeln, am Rumpf und auf dem Kopf wuchsen ihnen daunenartige Ur-Federn.

Damit ähnelten die Pflanzenfresser-Dinos flugunfähigen Vögeln wie den Kiwis in Neuseeland. Auch ihr Körper ist von feinen Federn bedeckt, die den Vogel warmhalten. Auf kräftigen, mit Hornschuppen bewehrten Beinen laufen die Kiwis durch den Regenwald. Abgesehen von der Größe – Kiwis sind kaum größer als Haushühner – und dem langen Schnabel fehlt den Vögeln nur der Hornschuppenschwanz, um als Dino durchzugehen.

Evolutionsbiologen wundert das nicht. Schließlich sind Vögel nichts anderes als eine Untergruppe der Dinosaurier, die das Massensterben vor knapp 66 Millionen Jahren überlebt hat. Seit den 1990er Jahren finden Forscher immer wieder Dinofossilien mit gut erhaltenen Federstrukturen. „Das waren aber alles Echsenbecken-Saurier“, wendet Schwarz-Wings ein. So nennen die Forscher eine der beiden Dinoordnungen, weil ihr Becken an das einer Echse erinnert. Dazu gehören große Raubsaurier wie Tyrannosaurus rex, riesige Pflanzenfresser wie Brachiosaurus und die Vögel. Federn sind bei dieser Saurierordnung keine große Überraschung.

Anders sieht es bei der zweiten Ordnung aus. „Bei den Vogelbecken-Sauriern gab es bisher nur einen Fund mit borstenähnlichen Strukturen am Schwanz, aber keinerlei Federn wie bei Vögeln“, sagt Schwarz-Wings. Das ändert der Fund aus Sibirien. Wahrscheinlich haben beide Dinoordnungen ihr Gefieder von einem gemeinsamen Vorfahren geerbt, der vor rund 210 Millionen Jahren lebte. Damals wärmten die Ur-Federn anscheinend die Dinos. Oder sie dienten als Schmuck, mit dem man einem Partner imponieren konnte. Dafür gibt es bei späteren Echsenbecken-Sauriern bereits Beispiele. Zum Fliegen nutzten die Federn aber erst die Vögel, die sich vor 150 Millionen Jahren entwickelten.

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