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Förder-Fokus auf die, die wirklich begabt sind? (Archivbild, aufgenommen 2017 in einem Hörsaal im Hauptgebäude der Universität zu Köln)
© Rolf Vennenbernd/dpa

Kritik nur zum Teil gerechtfertigt: Die Begabtenförderung ist besser als ihr Ruf

Der Anteil von Kindern von Nichtakdemikern unter Studiums-Stipendiaten ist höher als früher, auch Migrationshintergrund haben viele. Doch es ginge noch besser.

Die 13 Begabtenförderwerke sind ein Aushängeschild der deutschen Bildungspolitik. Ihre 34.000 Stipendiaten zählen zu den besten Studierenden und Doktoranden im Land. Sie erhalten Geld, vor allem aber erhalten sie die sogenannte „ideelle Förderung“: individuelle Betreuung und Coachings, Seminare und Sommerakademien mit herausragenden Wissenschaftlern und Berufspraktikern.

Breite und Spitze

Deutschland kann nicht nur Breitenförderung, Deutschland kann auch Elite – aber, und das ist die Botschaft der Förderwerke, eine Elite ohne Ellbogen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als Finanzier betont stets, dass bei der Auswahl der Stipendiaten herausragende Studienleistungen zwar unverzichtbar seien, doch ohne gleichzeitiges gesellschaftliches Engagement gehe gar nichts. Insofern ist es folgerichtig, dass zwölf der 13 Förderwerke von Parteien getragen werden, von Religionsgemeinschaften, von Arbeitgebern und Gewerkschaften.

Trotzdem galten die Förderwerke lange als sozial exklusive Veranstaltung: kaum Stipendiaten aus Nicht-Akademikerfamilien, wenige Kinder von Einwanderern. Vor gut zehn Jahren dann das Umdenken, besonders beim mit Abstand größten Förderwerk, der Studienstiftung des Deutschen Volkes: neue Auswahlverfahren, aufwändige Informationskampagnen. Der Anteil der sogenannten Erstakademiker (also Studierende, deren Eltern nicht studiert haben) sprang auf ein Drittel.

Erst Steigerung, dann Stagnation?

Ist das nun ein guter Wert oder nicht? Ist es nicht, sagt Jens Brandenburg, Bundestagsabgeordneter von der FDP, der über eine parlamentarische Anfrage aktuelle Zahlen vom BMBF gefordert hatte. Denn von allen Studierenden in Deutschland stammt immerhin knapp die Hälfte aus Nichtakademiker-Haushalten; womit sie im Vergleich zur Gesamtbevölkerung an den Hochschulen immer noch deutlich unterrepräsentiert sind.

Ein Porträtbild von Jan-Martin Wiarda.
Unser Kolumnist Jan-Martin Wiarda. Auf seinem Blog www.jmwiarda.de kommentiert er aktuelle Ereignisse in Schulen und Hochschulen.
© Privat

Außerdem, so Brandenburg, stagniere der Erstakademiker-Anteil der Förderwerk-Stipendiaten seit dem großen Sprung: 2010 33,8 Prozent, 2017 34,4 Prozent. So steht es in der neulich vom BMBF herausgegebenen Antwort auf seine Anfrage – übrigens eine Korrektur einer Antwort aus dem April, weil sich das Ministerium damals verrechnet hatte. Das BMBF erkennt in den Zahlen eine „leichte Steigerung“.

Bei der Studienstiftung verweisen sie darauf, dass unter der fünf Prozent Abiturbesten eben auch nur 30 Prozent aus Erstakademiker-Haushalten stammten. Womit die Begabtenförderwerke immerhin keine neue Selektivität oben drauflegen. Aber haben sie das Potenzial damit wirklich ausgeschöpft?

Früher - und gerechter - fördern

Eine echte Erfolgsgeschichte ist der gestiegene Migrantenanteil unter den Stipendiaten: 22 Prozent im Jahr 2017 – zwei Prozentpunkte mehr als in der Gesamtstudierendenschaft. Was zeigt, dass in Sachen sozialer Öffnung auch insgesamt noch was gehen könnte bei den Förderwerken. Fest steht aber auch, dass man mit harter Kritik vorsichtig sein sollte. Denn die wahren Hürden zu mehr Bildungsgerechtigkeit liegen – mal wieder – auf dem Weg von der Kita bis zum Abitur.

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