Kampf gegen Ebola: Deutsches Spezialflugzeug für Ebola-Patienten
Deutschland rüstet ein Spezialflugzeug für den Transport von Ebola-Patienten aus. Am Montag berieten Delegierte des Weltgesundheitsgipfels in Berlin und die EU-Außenminister, wie die Seuche erfolgreich bekämpft werden kann.
Ebola töte schneller als die Kämpfe während des Bürgerkriegs. Das Virus zerstöre nicht nur die Wirtschaft und das ohnehin fragile Gesundheitssystem, sondern den Zusammenhalt der Gesellschaft, sagte Ethel Davis, die liberianische Botschafterin in Deutschland auf dem World Health Summit in Berlin. Einfache Gesten des Mitgefühls können tödliche Konsequenzen haben. Kranke, die sich mitunter allein auf den Weg in die Behandlungszentren machen, brechen auf dem Weg dorthin zusammen oder werden abgewiesen. Noch immer fehlt es an allem: Behandlungszentren, Schutzkleidung, unterstützende Medikamente, Leichensäcke, Geld. Waisen bleiben allein zurück, die Überlebenden brauchen ebenfalls Hilfe. Und die Weltgesundheitsorganisation WHO rechnet mit 5000 bis 10 000 Fällen pro Woche ab Anfang Dezember. „Ich hoffe, dass diese Vorhersage nicht eintrifft“, sagte Davis.
Die Zahl der Neuinfektionen zu senken, ist eine Herkulesaufgabe. Dazu müssten bis Anfang Dezember 70 Prozent der Erkrankten in Isolationszentren behandelt werden und zumindest 70 Prozent der Toten sicher bestattet werden – nicht nur in den Hauptstädten, sondern in jeder abgelegenen Region der drei besonders betroffenen Länder Westafrikas. Dann könnte sich der Trend bis zum Jahreswechsel umkehren. Von diesem Ziel ist die UN-Mission gegen Ebola weit entfernt. Nur jeder vierte Patient finde ein Bett, sagte Roberto Bertollini, der die WHO bei der EU vertritt, auf dem Weltgesundheitsgipfel in Berlin. Essenziell sei auch, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen: „Ohne sie geht es nicht.“
Die Hilfen der unterschiedlichen Akteure müssen sich koordiniert in die WHO-Roadmap einfügen. „Was wir nicht gebrauchen können, ist, dass jeder macht, was er will“, sagte Walter Lindner, der Ebola-Beauftragte der Bundesregierung. Florian Westphal von Ärzte ohne Grenzen stimmte ihm zu: „Wir können uns Überschneidungen nicht leisten.“ Trotzdem müsse man flexibel auf neue Entwicklungen reagieren. In Sierra Leone zum Beispiel infizieren sich im Moment die meisten Menschen im Westen des Landes, Behandlungszentren und Labore gibt es aber vor allem im Osten. Man könne Schwerkranke nicht stundenlang in Krankenwagen umherfahren.
Der Rücktransport wird von Fall zu Fall entscheiden
„Ich verneige mich vor denen, die die Patienten versorgen“, sagte Lindner. „Das ist unvorstellbar anstrengend.“ Von Ausnahmen abgesehen habe die Welt die Epidemie zu lange vernachlässigt. „Vielleicht können wir später aus den Fehlern lernen und Strukturen aufbauen, die ein schnelles Eingreifen ermöglichen.“
Ärzte ohne Grenzen hat bisher 4600 Patienten gepflegt, etwa 1000 haben überlebt. Derzeit ist die Organisation mit 350 internationalen und 3000 nationalen Mitarbeitern vor Ort. 22 haben sich im Laufe der Epidemie angesteckt, meist im Alltag. Zwei Europäer wurden nach Frankreich und Norwegen ausgeflogen. Die Organisation war dabei jeweils auf sich allein gestellt.
Erst seit Montag garantiert die EU europäischen Helfern eine zuverlässige medizinische Versorgung, wenn sie sich mit Ebola infizieren. Sofern dies vor Ort nicht angemessen möglich sei, werde „von Fall zu Fall“ über einen Rücktransport durch Spezialflugzeuge entschieden, heißt es in einem Beschluss der europäischen Außenminister zu Ebola. Bei ihrem Treffen in Luxemburg betonten sie außerdem die Notwendigkeit, einen Pool aus Gesundheitsexperten aus den Mitgliedstaaten zu bilden, die freiwillig „für einen schnellen und gezielten Einsatz bei Gesundheitskrisen“ bereitstehen. Dies geht in die Richtung eines Vorschlags von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Er hatte „Weißhelme“ ins Gespräch gebracht. Der französische Außenminister Laurent Fabius kündigte an, dass ein EU-Koordinator für Ebola ernannt werden soll. Das solle die internationale Kooperation erleichtern.
Steinmeier: Bundesregierung rüstet Flugzeug für Patiententransport aus
Im Moment kümmern sich die USA vor allem um Logistik, Training und Laborkapazitäten in Liberia, Großbritannien um Sierra Leone und Frankreich um Guinea. Die deutsche Hilfe reiht sich dort ein, neben der Beteiligung an der Luftbrücke ist ein Ebola-Behandlungszentrum in Sierra Leone und eine allgemeine Krankenstation in Liberia geplant. Bundesaußenminister Steinmeier bestätigte am Rande des Luxemburger Treffens, dass die Bundesregierung gemeinsam mit der Lufthansa ein Flugzeug für den Transport von Ebola-Patienten umbauen lasse. Als Hintergrund nannte Steinmeier die begrenzten Kapazitäten der bislang mit dem Krankentransport beauftragten US-Chartergesellschaft Phoenix Air. Die Airbus-Maschine soll im Laufe des Monats November einsatzbereit sein. Dann sollen auch die ersten freiwilligen Helfer aus Deutschland in die betroffenen Länder in Westafrika aufbrechen. Sie werden derzeit auf den Kriseneinsatz vorbereitet.
Angrenzende Staaten bereiten sich vor
Lindner wollte sich nicht festlegen, wie viele Betten ab wann zur Verfügung stehen. Regierungsintern wird von 300 Betten gesprochen, die das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit Hilfe der Bundeswehr einrichten will. Das DRK betont, das hänge von den Voraussetzungen vor Ort und der Zahl der Freiwilligen ab. Das werde gerade ausgewertet. Es haben sich bisher 453 zivile Helfer beworben, 188 davon sind tropentauglich und aufgrund ihrer Erfahrung sowie Sprachkenntnisse geeignet. Hinzu kommen die Freiwilligen der Bundeswehr, wahrscheinlich in Zivil. Etwa fünf Wochen werden sie vor Ort sein, dann kommt die jeweilige Ablösung. „Es reicht aber nicht, irgendwo ein Feldlazarett hinzustellen“, sagte Reinhard Burger, der Präsident des Robert-Koch-Instituts.
Bisher zählt die WHO 9216 Menschen, die sich mit Ebola angesteckt haben. Mindestens 4555 sind gestorben. Doch die Statistik sei ungenau, sagte Bertollini. Man komme kaum hinterher, die Daten zu erheben. Sorgen bereite der WHO vor allem die Tatsache, dass es in den Grenzgebieten zu Guinea Bissau, zur Elfenbeinküste und zu Mali Ansteckungen gebe. „Wir müssen diese Länder auf Ebola vorbereiten“, sagte Bertollini.
Nigeria und Senegal haben Ebola besiegt
Das betrifft nicht nur jene Staaten, die an Guinea, Sierra Leone und Liberia grenzen. In Ruanda habe man ebenfalls schnelle Eingreiftruppen gebildet, die bei ungewöhnlichen Fieberfällen vor Ort recherchieren können, habe ein Notfallzentrum eingerichtet, das alles koordiniert und Angestellte von Krankenhäusern trainiert, damit sie sicher für Patienten sorgen können, berichtete Patrick Ndimubanzi vom Gesundheitsministerium Ruandas. „Seit August hatten wir 500 Verdachtsfälle, bisher alle negativ“, sagt er.
Dass afrikanische Staaten Ebola besiegen können, haben Nigeria und Senegal bewiesen. Dank ihres schnellen und umfassenden Eingreifens sind sie nun offiziell ebola-frei, eine spektakuläre Erfolgsgeschichte. Nigeria habe es geschafft, unter widrigen Umständen alle Kontaktpersonen nachzuverfolgen und zu isolieren. So wurden selbst in den Millionenstädten die Übertragungsketten unterbrochen. Möglich wurde das nicht nur durch die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft. Vielmehr existierte bereits eine Infrastruktur guter Labore und durch den Kampf gegen Polio erprobte Programme, die Bevölkerung in den Gesundheitsschutz einzubeziehen.
Darüber hinaus könnten einfache Tests, die Viren- von Bakterieninfektionen unterscheiden, bei der Bekämpfung der Seuche helfen. Die Entwicklung experimenteller Therapien und Impfungen dagegen brauche noch Zeit, sagte Bertollini. (mit dpa/AFP)
Ulrike Scheffer, Jana Schlütter