Chronischer Schmerz: Der Rücken schmerzt im Kopf
Schon nach wenigen Wochen verändert sich das Gehirn derer, die zum Schmerzpatienten werden. Die Änderungen verlängern Rückenleiden und andere Schmerzen.
Seit Monaten schmerzt der Rücken, definitiv. Der Orthopäde jedoch kann keine körperliche Ursache finden, die den Schmerz erklären kann. Trotzdem ist er nicht „eingebildet“. Wie Vania Apkarian von der Northwestern University in Chicago und seine Kollegen im Fachjournal „Nature Neuroscience“ schreiben, verändert sich das Gehirn von Schmerzpatienten bereits nach einigen Wochen. Wie das vonstatten geht, sei auf Hirnscans gut erkennbar. Man könne mit den Bildern sogar voraussagen, wer im Laufe eines Jahres zum Schmerzpatienten wird. Bei ihnen sind von Anfang an das Stirnhirn und der Nucleus accumbens stärker miteinander vernetzt. Der Nucleus accumbens ist zum Beispiel beim Lernen wichtig.
„Ob man zum Schmerzpatienten wird oder nicht, hat nichts damit zu tun, ob man ein Wikinger oder ein Weichei ist“, sagt Andreas Kopf, der Leiter des Schmerz- und Palliativzentrums der Charité. Jede akute Verletzung mache den Menschen schmerzempfindlicher als sonst. „Der Körper sorgt dafür, dass wir uns schonen. Das ist ein sinnvoller Lernvorgang, der normalerweise nach einigen Wochen Geschichte ist.“ Doch manchmal bleibt der Schmerz.
Das Team um Apkarian beobachtete die Fortschritte von 39 Patienten, die seit 4 bis 16 Wochen erstmals an moderaten Rückensschmerzen litten. Zwanzig von ihnen erholten sich im Laufe eines Jahres, 19 wurden die Schmerzen nicht los. Für die Forschung legten sie sich alle vier Mal – zu Beginn der Studie sowie nach 7, 30 und 54 Wochen – in einen funktionellen Magnetresonanztomographen. Die so entstandenen Bilder ihres Gehirns zeigten, dass sich die Hirnstruktur bei den Schmerzpatienten allmählich veränderte. So nimmt die Dichte ihrer „grauen Zellen“ in einigen Hirnregionen ab. Neben dem Nucleus accumbens war die Insula besonders wichtig. Dieser Teil der Hirnrinde bewertet zum Beispiel Schmerzen und andere Umwelteinflüsse emotional. „Wir glauben, dass die Insula direkt dazu beiträgt, dass ein Schmerz chronisch wird“, sagt Apkarian.
Wenn der Rücken nach sechs Wochen weiter wehtut, sollte man sich daher von einem Schmerzarzt beraten lassen, empfehlen Kliniker wie Kopf. Sonst steige das Risiko, dauerhaft arbeitsunfähig zu werden. „Es geht um das Verlernen des Schmerzes. Je früher, desto besser.“