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Im Hollywood-Film "Armageddon" wird New York von einem Asteroiden heimgesucht.
© Imago

Asteroiden auf Kollisions-Kurs: Der nächste Crash kommt bestimmt

Immer wieder treffen Brocken aus dem All die Erde. Eine Abwehr wie im Film "Armageddon" ist vorerst illusorisch. Vorbereiten muss sich die Menschheit trotzdem - vor allem auf kleine Geschosse. Ein Kommentar.

Achtzehn Tage noch, dann wird der gewaltige Asteroid auf der Erde einschlagen, Mensch und Getier zu großen Teilen vernichten. Soll es das gewesen sein? Nein, Bruce Willis (der in diesem Film Harry Stamper heißt) schafft es im letzten Moment, das Geschoss mittels eines atomaren Sprengsatzes zu zerlegen, sodass die Bruchstücke am blauen Planeten vorbeifliegen.

Rund 1000 große Objekte, die der Erde gefährlich werden könnten

Man kann herzlich lachen über den Plot in „Armageddon“. Oder sich ängstigen, weil es bis heute viele Gesteinsbrocken da draußen gibt, die der Erde nahe kommen, ohne dass die Menschheit von ihnen weiß. Selbst wenn: Sie hätte weder die Zeit noch die Technik, um einen Asteroiden auf Kollisionskurs vom Weg abzubringen.

So schnell wird sich daran nichts ändern, auch nicht durch die Konferenz im italienischen Frascati, wo zurzeit Forscher aus aller Welt über potenziell gefährliche „near earth objects“ (NEOs) diskutieren. Es ist immerhin der Versuch, überhaupt ein realistisches Bild von der Gefahr zu bekommen. Objekte, die größer als einen Kilometer sind und daher bei einem Einschlag globale Folgen haben, sucht die Nasa seit Jahren. Rund 1000 werden vermutet. 96 Prozent sind laut Nasa identifiziert, ihre Flugbahnen werden genau überwacht.

Bislang gibt es keinen Körper in dieser Größenklasse, vor dem man ernsthaft Angst haben muss. Anders sieht es bei den kleineren Objekten aus. Je kleiner, umso häufiger sind sie. Das untere Ende der Risikoskala bilden Geschosse um die 20 Meter, von denen eines vor zwei Jahren über Tscheljabinsk explodierte. 7000 Gebäude wurden beschädigt, wie durch ein Wunder kamen alle Einwohner mit dem Leben davon. Wäre die Flugbahn nur ein bisschen steiler gewesen, hätte das verheerende Folgen für die Millionenstadt am Ural gehabt. Alle 50 bis 100 Jahre sucht ein Eindringling vom Tscheljabinsk-Format die Erde heim. Vielleicht auch häufiger, das weiß keiner, denn die Datenbasis hat einige Lücken. Schätzungsweise 20 Millionen NEOs gibt es in dieser Liga, nur ein paar hundert sind bisher entdeckt worden.

Das Ziel der Forscher: Eine Vorwarnzeit von mindestens drei Wochen

Die europäische Raumfahrtagentur Esa will die Suche jetzt richtig anpacken, ergänzend zu den Katalogen der Amerikaner, die auf große Boliden aus sind. Bisher analysieren die Fachleute Beobachtungsdaten von Amateurastronomen und Forscherteams, die in Datenbanken zusammengetragen werden. Zweckmäßiger wäre es, ein weltweites Netz von Teleskopen zu errichten, die den Nachthimmel automatisch absuchen. Auf Serienbildern verraten sich Asteroiden durch ihren raschen Ortswechsel. In fünf Jahren könnte ein solches System einsatzbereit sein. Das Ziel der Forscher: Objekte mit einem Durchmesser von 40 Metern und mehr sollen spätestens drei Wochen vor dem Einschlag aufgespürt werden.

Selbst wenn die Technik perfekt arbeitet, gibt es zwei große Probleme. Erstens können die Teleskope auf der Erde NEOs auf bestimmten Bahnen um die Sonne nicht sehen. Wir müssen trotzdem auf Überraschungen gefasst sein, wobei die Wahrscheinlichkeit dafür dann deutlich geringer wäre als bisher und weit unter der eines Sechsers im Lotto liegt. Zweitens ist unklar, wie wir mit einer konkreten Warnung vor einem Treffer umgehen sollen. Langsam nähert sich der Katastrophenschutz dem Thema. Wenn der Einschlagsort bekannt ist, sollen Rettungskräfte in Bereitschaft versetzt, Gasleitungen abgestellt und Menschen aufgefordert werden, von Fenstern fernzubleiben. Die Praxis wird zeigen, ob das funktioniert. Oder ob Tausende panisch ihre Heimat verlassen und Chaos verbreiten.

Erster Versuch, einen Asteroiden vom Kurs abzulenken für 2022 geplant

Den Einschlag eines großen Brockens abzuwenden, wie bei „Armageddon“, das wird auf absehbare Zeit nicht gelingen. 2022 wollen Nasa und Esa erstmals einen Asteroiden vom Kurs abbringen. Dabei wird eine Raumsonde mit 6 km/s in den 170 Meter großen „Didymoon“ donnern. Das Experiment soll zeigen, was mit Didymoon geschieht und wie weit er tatsächlich abweicht. Die Erfahrungen – etwa mit dem fernen Kometen „Tschuri“ – zeigen, dass Himmelskörper oft komplexer sind als angenommen und sie sich anders verhalten als gedacht. Bei der Asteroidenabwehr indes könnte Unwissen katastrophale Folgen haben, wenn der herannahende Fels die Erde trotzdem trifft. Wer übernähme die Verantwortung? Wir sollten rechtzeitig klären, ob und unter welchen Bedingungen wir es mit einem Asteroiden aufnehmen würden. Solange die Katastrophe noch nicht ihre Schatten vorauswirft.

Ralf Nestler

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