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Unter sich. Einfaches macht glücklich, sagt Paul Dolan: zum Beispiel ein Treffen unter Freunden.
© picture alliance / dpa

Verhaltensforscher Paul Dolan: Der Glücksbringer

Der Verhaltensforscher Paul Dolan von der LSE London glaubt zu wissen, wie wir zufriedener leben. Nicht alle halten die Glücksforschung für seriös. Bald kann man sich in Berlin von Dolan persönlich überzeugen lassen.

Die meisten Menschen sind nicht in der Lage, zu sagen, was sie glücklich macht. Dennoch soll dem Glück wissenschaftlich auf die Sprünge zu helfen sein. Das zumindest behauptet Paul Dolan, Verhaltensforscher an der London School of Economics and Political Science. Man müsse nur seine Umwelt so gestalten, dass die Zufriedenheit von selbst komme. Das Konzept dazu stellt er am Montag in der diesjährigen Queen's Lecture zum Thema „Happiness by Design“ an der Technischen Universität vor.

Das Glück der Briten wird regelmäßig vermessen

In seiner Forschung geht es Dolan nicht nur um das Glück des Einzelnen. Glück sollte in seinen Augen auch ein Ziel für Politik und Wirtschaft sein. „Eine Regierung, die das Leben ihrer Bürger verbessern will, muss ihre Zufriedenheit im Blick haben“, sagt Dolan. Insbesondere die britische Regierung ist für diese Art von Glücksforschung sehr empfänglich. Das Glück der Briten wird in nationalen Studien regelmäßig vermessen, das Kabinett beschäftigt ein „Behavioral Insights Team“, das Bürger dazu ermutigt, „bessere Entscheidungen für ihr Leben zu treffen“. Dolan selbst gehörte dem Beraterteam von 2010 bis 2011 an. Unter deutschen Kollegen sind solche amtlichen Statistiken dagegen umstritten.

Auch wenn die Glücksforschung Konjunktur hat, wird ihr häufig unterstellt, dass sie keine seriösen Ergebnisse produziere. Die Befragung, die gängige Methode der Glücksforschung, liefert je nach Situation unterschiedliche Daten. Jemand, der gerade in der U-Bahn angerempelt wurde, wird anders auf die Frage nach seiner Zufriedenheit antworten als jemand, der entspannt im Interview sitzt.

Glück ist schwer zu messen, das bestreitet auch Paul Dolan nicht. Doch Dinge, die nicht direkt wirtschaftlich auswertbar sind, hält er für gesellschaftlich besonders wertvoll – etwa Gesundheit, Umwelt oder Ernährung. Bevor er zum Glück fand, arbeitete er als promovierter Ökonom in der Gesundheitsforschung. Auch die Berechnung der sozialen Kosten von Kriminalität in Großbritannien geht auf seine Forschung zurück. Er selbst sagt von sich, dass sein Antrieb nicht die Detailfragen seiner Disziplin, sondern politische Probleme seien.

Glücksräuber lenken uns von dem ab, was wir als wohltuend empfinden

Das ist programmatisch für die Glücksforschung, die in den 1960er Jahren aus gesellschaftlichen Debatten entstand. Wohlstand hänge nicht nur von ökonomischen Faktoren ab, hieß es. In Deutschland ist die Forschung mit dem in den 1980er Jahren aufkommenden Begriff der „Lebensqualität“ verbunden. Soziologen fragten Menschen, wie sie sich angesichts objektiven Reichtums fühlten. Die „Grenzen des Wachstums“ wurden zum wichtigen Stichwort.

In seinem Vortrag im Rahmen der Queen’s Lecture, einer Vortragsreihe, die von der britischen Botschaft unterstützt wird, wird sich Dolan vor allem dem Thema Aufmerksamkeit widmen. Ein wesentlicher „Glücksräuber“ ist für ihn die ständige Ablenkung von dem, was wir eigentlich als wohltuend empfinden. Obwohl es oft einfache Dinge sind, die Menschen glücklich machen, etwa die Gesellschaft von guten Freunden, verbringen viele Menschen ihre Zeit häufig mit Dingen, von denen sie glauben, sie könnten ihnen nützen und damit auf lange Sicht glücklich machen: ein gutes Einkommen, ein Job mit Prestige, eine Ehe.

Nicht beim Denken, sondern beim Verhalten setzt Dolans Glückstheorie also an. „Wir müssen unser Umfeld so anpassen, dass wir öfter glücklich sind.“ Manchmal müsse man sich dafür selbst austricksen: Wolle man online shoppen und sich hinterher nicht ärgern, dass man zu viel Geld ausgegeben hat, solle man einfach das Konto so einstellen, dass nur ein bestimmter Betrag abbuchbar ist. Wer meine, er könne in der Situation selbst rational entscheiden, irre leider.

- Die Queen’s Lecture beginnt am 4. November um 17 Uhr im Audimax der TU Berlin, Straße des 17. Juni 135. Der Vortrag ist auf Englisch, der Eintritt frei.

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