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Engagiert. Seit Beginn des Jahrhunderts entsendet China das größte Blauhelm-Kontingent aller Staaten mit Sitz im Ständigen Ausschuss des Sicherheitsrats in andere Länder.
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Chinas Außenpolitik: Der chinesische Traum: Aufstieg zur Supermacht?

Verbindungen mit Europa und engere Kooperation mit den asiatischen Staaten – Wandlungsprozesse in der chinesischen Außenpolitik.

Das Konzept des „chinesischen Traums" des Partei- und Staatschefs Xi Jinping sieht die innen- und globalpolitische „Erneuerung“ Chinas vor. Außen- und sicherheitspolitisch gesehen, hat die politische Führung seit dem Führungswechsel 2012 eine entsprechende Neuausrichtung der chinesischen Außen- und Sicherheitspolitik eingeleitet. Diese Neuausrichtung soll der wachsenden Rolle Chinas und seiner Entwicklung zur Großmacht entsprechen.

Noch im Vorjahr hatte US-Präsident Obama Peking „Trittbrettfahrer-Mentalität“ vorgeworfen, das heißt mangelnden Mitgestaltungswillen in der Weltpolitik. Gleichwohl hat sich hier ein Wandel vollzogen. Dieser lässt sich beispielhaft an der Haltung Chinas im Hinblick auf UN-Friedensmissionen verdeutlichen. Bis Anfang der 1980er Jahre lehnte Peking solche Einsätze ab, bis in die 90er Jahre hinein wurden sie zwar unterstützt, China beteiligte sich aber nicht daran.

Mit Beginn des neuen Jahrhunderts entsandte China schließlich das größte Blauhelm-Kontingent von allen Staaten mit Sitz im Ständigen Ausschuss des Sicherheitsrats in andere Länder. Handelte es sich zunächst um Pionier-, Medizin- und Geleitschutzeinheiten, so schickte Peking mittlerweile auch Kampftruppen (Mali, Südsudan), wobei China zugleich Vermittlerfunktion zwischen den kriegführenden Parteien übernahm.

Peking will das Land zur regionalen Führungsmacht aufbauen

Vor allem auf regionaler Ebene ist China mittlerweile äußerst aktiv. Peking fühlt sich im asiatisch-pazifischen Raum von den USA und seinen Verbündeten zunehmend eingekreist und hat daher eigene Initiativen gestartet, die primär von den asiatischen Staaten getragen werden sollen.

Dazu zählen Initiativen wie die BRICS-Staatengemeinschaft, die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die „Konferenz über Interaktion und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien“ (CICA) und zwei „Seidenstraßen“-Initiativen: Eine davon soll China mit Zentral- und Westasien sowie Europa verbinden, die „Seeseidenstraße“ mit Südost- und Südasien sowie Afrika und Südeuropa. Dazu kommen Initiativen zur regionalen Integration wie die „Asien-Pazifik Freihandelszone“ oder die Gründung der „Asiatischen Infrastruktur Investment Bank“ (als Alternative zur Japan-dominierten Asiatischen Entwicklungsbank bzw. zur US-dominierten Weltbank). China versucht einerseits Konfrontation mit den USA zu vermeiden, anderseits sich als regionale Führungsmacht zu qualifizieren.

Mit gewaltigem finanziellen Einsatz (40 Milliarden US-Dollar) sollen die „Seidenstraßeninitiativen“ den Infrastrukturausbau in den beteiligten Ländern und damit den gegenseitigen Handel fördern. China erhofft sich darüber einfacheren Zugang zu Rohstoffen und neuen Märkten sowie eine Führungsrolle in der Region. Die beteiligten Länder begrüßen chinesische Wirtschaftsinitiativen, haben aber Bedenken gegenüber einer wachsenden Dominanz Pekings. Vertrauensbildung verlangt eben mehr als Investitionen und Wirtschaftsförderung, nicht zuletzt im sicherheitspolitischen Raum, im Hinblick auf die Herausbildung gemeinsamer Regeln und Werte sowie Verhandlungsbereitschaft anstatt Druck.

Ein neues Sicherheitskonzept für Asien

Verbunden mit diesem Wandlungsprozess ist Pekings „neues Sicherheitskonzept“. Auf der CICA-Konferenz im 2014 Mai in Shanghai erörterten die 26 Mitglieds- und 11 Beobachterstaaten (darunter die USA und Japan) ein neues Sicherheitskonzept für Asien. In seiner Eröffnungsrede erklärte der chinesische Präsident, dass „die Völker Asiens die Angelegenheiten des Kontinents selber in die Hand nehmen, die Probleme selbst lösen und sich selbst um die Sicherheit in Asien kümmern“ sollten.

Er schlug eine neue regionale Sicherheitskooperation vor, die er „nachhaltige Sicherheit“ nannte: eine Kombination von nachhaltiger Entwicklung plus konventioneller und nichtkonventioneller Sicherheit. Entwicklung, so Xi, sei die „höchste Form von Sicherheit“. Er schlug vor, CICA zu einer asiatischen Plattform für Sicherheitsdialog und Zusammenarbeit zu entwickeln. Als größter Handelspartner und Investor in der Region versucht China sich damit als Kernanbieter von Entwicklung und Sicherheit in Asien zu empfehlen.

Einer der führenden chinesischen Experten für internationale Beziehungen, der Regierungsberater Yan Xuetong von der Qinghua-Universität, wies unlängst darauf hin, dass die Beziehungen Chinas zu seinen Nachbarn wichtiger seien als die zu den USA und Vertrauensbildung dabei eine wesentliche Rolle spiele. Der chinesischen Führung ist durchaus bewusst, dass der Aufstieg Chinas als Teil der Realisierung des „chinesischen Traums“ der Unterstützung seiner Nachbarstaaten bedarf. Sie setzte damit dem von Obama formulierten „US-Fokus auf Asien“ einen chinesischen „Fokus Asien“ entgegen, das heißt die Schaffung regionaler Organisationen und Initiativen, an denen auch die USA zwar auch partizipieren können, aber nur als externe Macht.

China agiert widersprüchlich

Chinas Agieren im Kontext der Inselgruppen im Südchinesischen Meer (Spratly- und Paracel-Inseln) rief bei den USA und ihren Verbündeten Besorgnis hervor. Es wird spekuliert, ob Chinas Verhalten Ausdruck seiner regionalen Bestrebungen als aufsteigende Großmacht ist oder der Versuch, Washingtons wachsende regionale Intervention und Allianzbildung zu unterlaufen. Das US-Vorgehen in der Region wird von China als „Eindämmungsstrategie“ wahrgenommen, zumal die USA ihre Militärpräsenz in der Region (z.B. auf den Philippinen, in Südkorea, Australien oder Singapur) neuerlich verstärken.

China reagiert darauf mit dem Aufbau einer Seestreitmacht. Han Xudong, Professor an der Nationalen Verteidigungsuniversität, spricht sogar von der drohenden Gefahr eines „Dritten Weltkrieges“ und votiert für den Aufbau „großangelegter Militärmacht“, vor allem im Hinblick auf Marine und Luftwaffe. Solche Forderungen sind in China vor allem im Rahmen der US-amerikanischen „Air Sea Battle“ Doktrin entstanden, eine Doktrin, die vorsieht, dass im Ernstfall US-Erstschläge gegen chinesische Militäreinrichtungen mit konventionellen Waffen sowie nicht-konventionelle Angriffe (Cyberkriegsführung) vorgenommen werden können.

Die gegenwärtige Außenpolitik Pekings erweist sich als widersprüchlich: Einerseits geht China selbstbewusster in der Inselfrage im Südchinesische Meer vor, andererseits betont es, die Territorialkonflikte friedlich und im Sinne einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten lösen zu wollen, besonders unter dem Aspekt wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Zwar wendet sich Peking verbal gegen die Präsenz der USA im asiatisch-pazifischen Raum, betont anderseits aber, dass beide Länder Konfrontation vermeiden und ihre Zusammenarbeit ausbauen sollen. Letztendlich besäßen beide eine große Bandbreite an gemeinsamen Sicherheitsinteressen wie die Aufrechterhaltung regionaler Stabilität, Klimawandel, Bekämpfung des Terrorismus' usw.

In welche Richtung sich die chinesische Außen- und Sicherheitspolitik entwickeln wird, dürfte nicht zuletzt von der Interaktion zwischen China und den USA sowie vom Verhalten der USA gegenüber Chinas Aufstieg abhängen. Die USA – so ein chinesischer Sicherheitsexperte – sollten Chinas Entwicklungsweg sowie seine Interessen im Hinblick auf Souveränität, Stabilität, Sicherheit und Wirtschaftsentwicklung respektieren, um größere Konflikte oder sogar eine kriegerische Auseinandersetzung mit Peking zu vermeiden. Letztlich ist das Beziehungsgefüge zwischen Washington und Peking entscheidend für Frieden und Stabilität im asiatisch-pazifischen Raum sowie auf globaler Ebene.

Der Autor ist Seniorprofessor für Politik & Gesellschaft Chinas an der Universität Duisburg-Essen.

Thomas Heberer

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