Das Grundgesetz im Bundesrat: Der Bund gewinnt Macht über die Unis
„Wer zahlt, schafft an“: Das Grundgesetz steht vor einer Novelle. Was auf die Hochschulen zukommen könnte
Die deutschen Hochschulen stehen vor einer neuen Etappe. In Kürze wird der Bund deutlich an Einfluss über sie gewinnen. Denn am kommenden Freitag wird die geplante Änderung des Grundgesetzes aller Wahrscheinlichkeit nach den Bundesrat passieren. Fortan kann der Bund die Hochschulen dann nicht mehr nur temporär fördern – etwa über Programme wie die Exzellenzinitiative oder den Hochschulpakt – sondern auch dauerhaft. Vorausgesetzt, alle Länder stimmen zu und die Pläne haben eine überregionale Bedeutung. Letzteres erlaubt verschiedene Interpretationen. „Überregional“ kann sich auf die Ausstrahlung einer Einrichtung beziehen oder auf die Bedeutung eines Themas, etwa die Förderung von Professuren für Frauen in großem Umfang.
Was könnte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) vorhaben? Noch hält sie sich bedeckt. Aber Wanka hat in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD ein System von drei Hochschulgruppen ins Spiel gebracht. Die absoluten Spitzenunis, vielleicht fünf bis sieben, könnten mit jährlich 20 Millionen Euro gefördert werden. Eine zweite Gruppe von „Profilstandorten“, zu der zwanzig bis fünfzig Universitäten gehören würden, könnten mit jährlich je zehn Millionen Euro gefördert werden. Eine dritte Gruppe bestünde aus großen Fachhochschulen, die jährlich je drei Millionen Euro bekommen könnten.
Die SPD will auf das "Elite"-Label für ganze Hochschulen verzichten
Das Liga-System würde mit der neuen Exzellenzinitiative verbunden, die Bund und Länder gerade beschlossen haben. Die siegreichen Unis hätten vermutlich eine längere Förderperiode vor sich als bislang, nämlich nicht mehr fünf, sondern acht bis zehn Jahre mit einer Evaluation in der Mitte. Wankas Spitzengruppe wäre dabei am schwersten durchzusetzen. Denn zu viele Länder gingen leer aus. Auch der Koalitionspartner, die SPD, wünscht auf keinen Fall „Bundesunis“, hält das „Elite“-Label für ganze Hochschulen inzwischen für verzichtbar und betont stattdessen die Bedeutung der Cluster.
Womöglich könnte Wanka die Spitzenliga aber mit mehr Geld für die Hochschulen in der Fläche, besonders in strukturschwachen Regionen, bei den Ländern und der SPD durchsetzen. Unter den Hochschulen ist der Kampf um den erwarteten Kuchen längst entbrannt. Die „German U15“, also jene forschungsstarken medizinführenden Unis, die sich beim Thema „Elite“ in der pole position sehen, wollen in jedem Fall auch den Wettbewerb zwischen ganzen Unis fortgesetzt wissen. Die Fachhochschulen erklären hingegen, die Änderung des Grundgesetzes dürfe nicht dazu führen, „dass der Bund lediglich einige wenige universitäre ,Leuchttürme’ dauerhaft weiterfördert“, erklärt die Allianz „German Universities of Applied Sciences (UAS7)“ von sieben forschungsstarken Fachhochschulen. Vielmehr müsse die Novelle „zu einer Stärkung des Wissenschafts- und Innovationssystems in der Fläche führen und dabei die Potenziale der Fachhochschulen nutzen“.
Der hochschulpolitische Streit wird lauter werden
Hubertus Heil, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, hat unlängst angekündigt, dass der Rahmen für die nächste Exzellenzinitiative schon im kommenden Jahr geklärt werden muss – deutlich bevor der Bericht über die Evaluierung der Exzellenzinitiative im Januar 2016 vorliegt. Dieser Termin ist für die Unis spät, und er fällt in das Jahr, in dem fünf Bundesländer Landtagswahlen haben.
Die SPD drängt aber auch auf ein großes Programm für den wissenschaftlichen Nachwuchs: mit neuen Juniorprofessuren, Dauerstellen im Mittelbau und mittelfristig 7500 Professuren, die zunächst mit Bundesgeld in Doppelbesetzung vergeben werden könnten. Zum Start in den Jahren 2016 und 2017 würde die SPD dafür gerne 160 Millionen Euro ausgeben.
Wanka hat sich dazu noch nicht geäußert. Aber die Unions-Fraktion erteilte dem Wunsch nach noch mehr Geld vom Bund für den Nachwuchs am Mittwoch eine Absage. Stattdessen machen CDU und CSU einen eigenen Vorschlag: Der Bund müsse die Vergabe von Fördermitteln an Unis und an außeruniversitäre Einrichtungen in Zukunft „konsequent mit klaren Vorgaben“ verbinden, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu stärken. „Wer zahlt, schafft an!“, erklärten die forschungspolitischen Sprecher Albert Rupprecht und Alexandra Dinges-Dierig. Auch seien die Länder inzwischen selbst in der Lage, dem Nachwuchs zu helfen, da der Bund ihnen jährlich Bafög-Mittel in Höhe von 1,2 Milliarden Euro abnehme.
Sobald die Novelle in Kraft getreten ist, dürfte der hochschulpolitische Streit noch lauter werden.
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