Gastbeitrag: Den Hochschulpakt besser aufstellen
Wird der Bundestag nicht am Hochschulpakt beteiligt, sollte er das Geld verweigern. Verbesserungen sind auf jeden Fall nötig, sagen unsere Gastautoren.
Bund und Länder hatten 2007 den ersten Hochschulpakt geschlossen: Damals war für die Länder ungewiss, wie sie die steigenden Studierendenzahlen finanzieren sollten, und sie brauchten die Hilfe des Bundes. Dieser erfolgreiche, aber noch immer befristete Hochschulpakt soll nun dauerhaft laufen: Ein starkes Stück Bund-Länder-Kooperation soll verstetigt und Planungssicherheit für die Hochschulen geschaffen werden.
Dabei muss die Ausgestaltung genau überlegt werden. Denn heute sind die Herausforderungen andere als 2007. Das beginnt mit der Haushaltssituation: Die Länder erzielen Rekordüberschüsse. Deshalb geht es nicht darum, dass der Bund den armen Ländern unter die Arme greift, sondern um eine inhaltlich sinnvolle Kooperation, von der alle Seiten profitieren.
Die Diskussion findet ohne Beteiligung des Bundestags statt
Allerdings wird die Diskussion über den neuen Pakt erheblich belastet: Sie findet im Grunde unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Beteiligung des Bundestages statt. Denn das Parlament wird vor vollendete Tatsachen gestellt und zum Notar degradiert. Wer nämlich denkt, dass der Hochschulpakt – wie auch die anderen Pakte im Bildungs- und Wissenschaftsbereich – durch den Bundestag beschlossen werden muss, irrt. Es handelt sich lediglich um Verwaltungsvereinbarungen von Bundes- und Landesregierungen. Nicht gewählte Beamte, Staatssekretäre, Minister, schließlich Regierungschefs beschließen in internen Runden, wie es weitergeht. Zwar beinhalten die Vereinbarungen die Klausel „vorbehaltlich der Zustimmung des Haushaltsgesetzgebers“. Die nachgelagerte Haushaltsberatung ist aber auch die einzige „Beteiligung“ des Bundestages. Wenn er dem Regierungsvorschlag nicht folgt, ist der ganze Pakt gescheitert – weswegen der Bundestag bisher auch immer die Gelder freigegeben hat.
Es geht um Milliarden Euro
Das kann so nicht bleiben – schon gar nicht, da der Hochschulpakt auf eine neue, dauerhafte Basis gestellt wird. Es geht um die Investition von Milliarden Euro in Bildung und Wissenschaft! Deshalb hat die SPD-Bundestagsfraktion fünf zentrale Anliegen, die beim neuen Hochschulpakt berücksichtigt werden müssen:
1. An den Hochschulen müssen mehr Dauerstellen geschaffen werden. Dafür sollen die Mittel des Hochschulpaktes an die Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen geknüpft werden, indem die durch Paktmittel finanzierten Stellen konsolidiert und entfristet werden. Es soll das Prinzip gelten: Dauerstellen für Daueraufgaben. Gute Arbeitsbedingungen sind nicht nur ein Gebot der Fairness. Es geht auch darum, die besten Köpfe für die Lehre zu gewinnen und die Betreuung der Studierenden zu verbessern.
2. Für die Vergabe der Paktmittel dürfen nicht nur Studienanfänger berücksichtigt werden. Stattdessen sollen ebenso Absolventen in Regelstudienzeit eingerechnet werden. Denn ein Problem ist bislang, dass aus dem Blick gerät, was mit den Studierenden nach der Immatrikulation passiert. Und schließlich müssen die eingeschriebenen Studierenden in die Vergabe aufgenommen werden. So kann sichergestellt werden, dass unterschiedliche Lebensrealitäten der Studierenden berücksichtigt werden (etwa Studium in Teilzeit, Elternschaft, Pflege von Angehörigen).
3. Die Qualität der Lehre muss stärker ins Blickfeld kommen. Dafür müssen langfristig messbare Kriterien erarbeitet werden, die als Förderkriterium in den Hochschulpakt aufgenommen werden können. Es geht eben nicht mehr nur darum, möglichst viele Studierende unterzubringen, sondern gute Lehre zu garantieren und wichtige Aspekte wie Digitalisierung, Diversifizierung, Internationalität und Barrierefreiheit mitzudenken.
Der Bundesrechnungshof muss die Verwendung der Mittel überprüfen
4. Die angemessene Beteiligung der Bundesländer und die zielgerichtete Verwendung der Bundesmittel muss – durch den Bundesrechnungshof überprüfbar – sichergestellt werden.
5. Der Bundestag ist im weiteren Verfahren und bei künftigen Veränderungen zu beteiligen. Vor allem muss er Gelegenheit haben, inhaltliche Ziele zu definieren, und es muss eine Schlussabstimmung, also eine Genehmigung durch den Bundestag, geben. Darüber hinaus muss der Bundestag zeitnah über die praktische Umsetzung informiert werden. Unsere Erwartung ist: die hoch politischen Fragen der Ausgestaltung des Paktes müssen öffentlich und transparent von den Volksvertretern beraten und mitentschieden werden!
Ansonsten sollten wir dann doch mal aus grundsätzlichen demokratischen Erwägungen das Geld verweigern. Um zu zeigen, dass der von der Bevölkerung gewählte Deutsche Bundestag der Entscheider ist.
Wiebke Esdar, Swen Schulz