Turners Thesen: Das Urteil zur Professorenbesoldung ist lebensfremd
Das Urteil der Karlsruher Richter lässt Fragen offen und wirft neue auf. Die Vergleiche zu anderen Berufsgruppen, die die Richter zogen, sind wenig schlüssig, sagt unser Kolumnist George Turner, Wissenschaftssenator a. D.
Professoren müssen mehr verdienen als Lehrer. Auf eine so einfache Formel kann man das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bringen. Wer Professor werden will, muss promovieren, in der Regel habilitieren, Voraussetzungen, die für den Studiendirektor (Besoldungsgruppe A 15) mit dem der W2-Professor verglichen wird, nicht gelten. Neben dem Grundgehalt können in den Hochschulen Leistungszuschläge gewährt werden. Hat die Universität zu wenig Geld oder schlecht gewirtschaftet, gucken Betroffene „in die Röhre“.
Das Urteil lässt Fragen offenkundig unbeantwortet und wirft neue auf.
Der Stand der Professoren hat im Zuge der Expansion der Hochschulen eine beachtliche zahlenmäßige Ausweitung erfahren: von 5000 vor einigen Jahrzehnten auf annähernd 40.000. Das war angesichts der gestiegenen Zahlen der Studierenden geboten, wirkt sich aber auch aus auf „das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft“, worauf das Gericht abhebt.
Vergleiche sind immer problematisch; meistens hinken sie. In der Tat wird der „junge Studiendirektor“, jedenfalls in dem Bundesland, das im Verfahren in Rede stand, etwas besser bezahlt als ein W2-Professor. Aber wie viele „junge“ Amtsinhaber gibt es an einem Gymnasium? Und wie sind die Aufstiegschancen? Oberstudiendirektor wird nur einer. Professoren der Besoldungsgruppe W2 haben die Chance, einen Ruf auf eine W3-Professur zu erhalten. Sie können Nebentätigkeiten ausüben und gehören zu der Berufsgruppe, die bei allen Anforderungen der Massenuniversität doch in größerem Maße als andere frei sind in der Gestaltung ihres Berufs. Aspekte, die keine untergeordnete Rolle spielen.
Neben solchen Fragen, die Vergleiche problematisch erscheinen lassen, gibt es andere, die gar nicht angesprochen sind. Wie steht es mit anderen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst und der Berücksichtigung der Verantwortung ihrer Mitglieder? Bisher nahm man an, das Besoldungssystem sei einigermaßen ausgewogen. Es könnte insgesamt „ins Rutschen“ geraten. Die Richter, in der Mehrheit Professoren, lassen ein gewisses kollegiales Vorverständnis erkennen; der Lebenswirklichkeit entspricht das Urteil nicht.
Im konkreten Fall dürfte der Fehler am Anfang der Ursachenkette liegen. Entweder sind von dem Betroffenen die Voraussetzungen für Leistungszulagen nicht erfüllt oder es fehlte an Geld. Beides liegt in der Sphäre der Universität. Dort wäre das Problem zu lösen.
Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de
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