Ägypten: Das Geheimnis der Pyramiden
Der Faszination der Pyramiden kann man sich kaum entziehen. Keiner weiß genau, wie die monumentalen Bauwerke in Ägypten errichtet wurden. Jetzt gibt es eine neue Erklärung für den Pyramidenbau.
Unmittelbar nach dem Erstaunen über die gewaltigen Ausmaße der altägyptischen Pyramiden stellt sich wohl jeder Frage: Wie haben die Menschen vor 4600 Jahren dieses Bauwerk errichtet? Generationen von Wissenschaftlern und Hobbyforschern haben sich damit befasst und verschiedenste Erklärungen vorgestellt.
Die jüngste kommt von Helmar Neubacher und ist aufgeschrieben in seinem Buch „Vermächtnis des Herodot – zum Bau der Cheops-Pyramide“. Es ist das dritte, mit dem sich der pensionierte Maschineningenieur dem Faszinosum des Pyramidenbaus zu nähern versucht.
Mit Maschinen ähnlich einer Toilettenspülung, so ist der Autor „persönlich überzeugt“, haben die ägyptischen Baumeister die tonnenschweren Steinblöcke für die Cheops-Pyramide in die Höhe gehievt und verlegt: Ein „Hebeschiff“ in einem Wassertank zieht über einen langen hölzernen Hebelarm einen Steinblock in die Höhe (der nächsten Pyramidenstufe) und setzt ihn gezielt ab. Dazu muss nur das Wasser aus dem Wassertank des Hebeschiffes abgelassen werden – es sinkt und hebelt mit seinem Gewicht am anderen Ende der Maschine den Steinblock in die Höhe. Die Pyramidenbauer benötigten 230 der nach den Modellfotos rund 10 Meter hohen Steinhebemaschinen. „Nahezu alle von mir angeführten Modelle, überwiegend aus Zedernholz, sind noch vorhanden und könnten im Rahmen von Versuchen erneut genutzt werden“, versichert Neubacher. Sie stehen allerdings in Thailand, wo er seine Versuche gemacht hat.
Bücher und Abhandlungen über den Bau der Pyramiden gibt es weit mehr als Pyramiden selbst. Immerhin 80 Stück wurden im alten Ägypten errichtet. Nahezu jedes Jahr kommt eine neue, finale Erklärung hinzu. Keine hat bislang allgemeine Anerkennung gefunden.
Die Grundlage für den modernen Zwist haben die Menschen vor mehr als vier Jahrtausenden gelegt. Ausgerechnet über den Bau der Pyramiden haben die ansonsten so geschwätzigen Ägypter nichts hinterlassen. Die Pharaonenkrönung haben sie in Reliefs und Bildern verewigt, das Schlachten von Rindern haben sie detailliert dargestellt, die Rituale für die Toten minutiös festgehalten. Schifffahrt, Feldarbeit, Kriege und Bierbrauen – alles haben sie für die Nachwelt bildlich oder schriftlich überliefert. Nur zum Bau ihrer einzigartigen Pyramiden schweigen sie. „Mit welchen technischen Methoden sie errichtet wurden, dazu gibt es leider keinerlei Textquellen“, sagt der Heidelberger Ägyptologe Joachim Friedrich Quack, der gerade mit dem Leibnizpreis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet wurde.
Die ersten Nachrichten über die Weltwunder am Nil lieferte der griechische Historienschreiber Herodot etwa um 450 v. Chr. Demnach wuchsen die Riesenbauten zunächst als Stufenpyramiden mithilfe von Maschinen, „hergestellt aus kurzen Holzblöcken“ in die Höhe. Herodot referierte, was ihm seine Gewährsleute in Ägypten berichteten. Erzählten sie ihm vom Stand der Technik zu ihrer Zeit? Oder hatten sie tatsächlich noch Kenntnis davon, wie ihre Ahnen 2000 Jahre zuvor bauten? Sicher ist sich die internationale Ägyptologie, dass die Pyramiden-Baumeister des 3. Jahrtausends vor Christus nur über Kupfer- und Steinwerkzeuge verfügten, das Rad vermutlich zwar kannten, aber nicht nutzten. Der kraftsparende Flaschenzug jedenfalls ist nirgends in den Quellen vermerkt oder archäologisch nachgewiesen.
Der Ingenieur Frank Müller-Römer, der nach seiner Pensionierung ein komplettes Ägyptologiestudium absolvierte, vertritt in einem neuen Ansatz die Meinung, dass die Ägypter immerhin mit der Technik einer Winde vertraut waren. Mit mehrfach um ein Rundholz gewickelten Seilen kann man auch sehr schwere Lasten absenken. Mit einer solchen Technik lassen sich natürlich auch Lasten heben. Doch wie das praktisch bei den 2,6 Millionen Steinblöcken der Cheops-Pyramide gehandhabt worden sein soll, ist (noch) unklar.
So hat jede bislang vorgeschlagene Bautechnik einen oder mehrere Haken. Das gilt für die – vor allem von Ägyptologen favorisierten – Rampen, die frontal auf eine Pyramidenflanke zuwuchsen, wie für die tangential umlaufenden Rampen. Sie seien zu lang oder zu schmal, zu steil oder zu aufwendig. Sie wären voluminöser als die Pyramide selbst gewesen und hätten wieder abgebaut werden müssen, was noch einmal so viel Zeit gekostet hätte wie der eigentliche Bau. Vor allem aber haben die Archäologen bislang nicht die geringste Spur eines Überrestes einer solchen Rampe gefunden.
Andere Methoden werden unwahrscheinlich, weil zum Beispiel Holz (für Schlitten, Schaukeln, Lifte) in Ägypten absolute Mangelware war. Festes Holz musste aufwendig und teuer aus den libanesischen Zedernwäldern beschafft werden. Zunächst passabel erscheinende Techniken schieden wieder aus, weil sie die 50 Tonnen schweren Schlusssteine der Grabkammer nicht bewältigt hätten.
Forscher, die Herodot folgten und einen stufenförmigen Baukern annahmen, wurden mit dem Hinweis konfrontiert, dass das „Hochhebeln“ der Steinblöcke über diese Stufen viel zu langsam verlaufen wäre. Immerhin, so haben Berechnungen ergeben, wurde alle zwei Minuten ein Felsblock angeliefert und musste weiterverarbeitet werden. Derlei Logistikabschätzungen gehen von 20 000 Arbeitern aus, die das ganze Jahr über in zwei Schichten geschuftet hätten. Wenn sie nur während der dreimonatigen Überschwemmungszeiten zur Verfügung standen, wären bei einer Bauzeit von 20 Jahren schon 80 000 Mann und zwei Blöcke pro Minute erforderlich gewesen.
Doch auch derlei Details wie Arbeitszeit und Manpower sind unbekannt. Die Zahlen schwanken zwischen 8000 und 100 000 Arbeitern. Sicher ist nur, dass eine Kultur, die ein solch gigantisches Bauwerk als Grabstätte für einen einzelnen Menschen errichtet, ein völlig anderes Verhältnis zu Zeit und Aufwand hatte als wir. Auch die soziale Seite des Pyramidenbaus wirft – ebenso spannende wie ungelöste – Fragen auf: Waren die Arbeiter Sklaven oder freie Bauern, wie wurden sie verpflegt und untergebracht? Auch das war eine logistische Meisterleistung.
Das Geheimnis der Pyramiden hat viele Facetten, der Mythos wird bleiben, bis man irgendwann doch einmal herausfindet, wie sie gebaut wurden. Der Heidelberger Ägyptologie-Professor Quack setzt mit anderen Forschern auf die inneren Werte der Pyramiden. Vielleicht gebe es dort Schächte, die die eine oder andere Bauweise erklären, „dort müsste man gründlich suchen“. Denn wie es da drinnen aussieht, weiß – von den Grabschächten abgesehen – keiner. Immer wieder werden Hohlräume oder Korridore propagiert, aber noch reichen die Techniken wie Radar oder Röntgen nicht aus, um zerstörungsfrei in den Kern der 2,6 Millionen Kubikmeter Gestein hineinschauen zu können.
Oder es taucht doch noch ein Bauplan auf. Denn auffällig ist: Die Grabräuber der Cheops-Pyramide umgingen die harten Verschlusssteine und meißelten sich zielgerichtet exakt darüber durch den weichen Kalkstein in den Grabgang. Hatten sie eine Konstruktionszeichnung?
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