Turners Thesen: Das Elite-Siegel sanft beerdigen
Ganze Unis für ihr Zukunftskonzept mit dem Elite-Siegel auszuzeichnen war kontraproduktiv. Dieser Teil der Exzelleninitiative wird zurecht beerdigt, meint unser Kolumnist George Turner.
Was sollte die Exzellenzinitiative nicht alles bringen: Den Anschluss deutscher Universitäten an die Weltspitze, die Erkennbarkeit von Spitzenforschung, Elite-Universitäten als Aushängeschild. Keine Frage: Der Wettbewerb hat motiviert und Kräfte mobilisiert. Exzellenzcluster und Graduiertenschulen sind geeignete Instrumente der Wissenschaftsförderung.
Geradezu kontraproduktiv aber musste sich die Honorierung von Zukunftskonzepten auswirken. Mit den neuesten Empfehlungen hat der Wissenschaftsrat diesen ärgerlichen Teil des Projekts sanft beerdigt: Das Programm „Exzellenz-Universitäten“ soll nach 2017 nicht fortgesetzt werden. Dann müssen sich die betreffenden Universitäten den Titel, der keiner ist, sehr wohl hier und dort aber auf dem Briefkopf prangt, wohl wieder abschminken.
Zuvor hatte schon die Deutsche Forschungsgemeinschaft der Zukunftskonzepte durch Nichterwähnung gedacht. Ursprünglich sollte eine Verstetigung durch Auf- und Abstieg wie im Fußball erreicht werden. In einem Fall wurde die Absurdität einer solchen Idee besonders plastisch: Freiburg war in der 1. Runde exzellent, Tübingen nicht; im zweiten Durchlauf war es umgekehrt. Als ob die Qualität und Reputation von Institutionen mit fünfhundertjähriger Geschichte von Zukunftsvisionen abhängt. Diese hat der frühere DFG-Präsident Hubert Markl treffend als erfolgreich bezeichnet, wenn sie zeitgeistschlüpfig waren.
So wie Markl haben auch andere Sachkenner vor den Folgen der dritten Förderlinie gewarnt. Die Basis für eine Erklärung einer Universität als „spitze“ war zu schmal; an anderen Orten geriet Besseres ins Hintertreffen. Dennoch ist die Exzellenzinitiative in der Öffentlichkeit überwiegend begrüßt worden. Hinter vorgehaltener Hand hörte es sich schon anders an. Die Zukunftskonzepte seien pure Phantasiegebilde, zum Teil ohne solides Fundament.
Der leise Abschied kommt den Protagonisten recht, können sie so doch leichter zur Tagesordnung übergehen, soweit sie überhaupt noch Funktionen wahrnehmen. Insofern ist der Vorgang beispielhaft für manche Vorhaben, die als Reform euphorisch bejubelt wurden und sich später als Flop erwiesen. Empfehlungen des Wissenschaftsrats machen keine Ausnahme.
Eine neue Fehlentwicklung bahnt sich an: Hochschulen sollen ihr eigenes Profil entwickeln und Nischen für sich ausfindig machen. Was mit den Studierenden geschieht, die auf solche Profile oder auch Marotten hereinfallen, fragt jetzt keiner. Das böse Erwachen kommt später. Die Verantwortlichen von heute sind dann verschwunden – so wie fast alle, die seinerzeit die Idee der Zukunftskonzepte hochgejubelt haben.
- Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: george.turner@t-online.de
George Turner
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