Antwort auf Tagesspiegel-Gastbeitrag: Christian Drosten reagiert auf die Kekulé-Kritik
Alexander Kekulé kritisiert die Drosten-Studie in seinem Gastbeitrag im Tagesspiegel. Das lässt Drosten nicht auf sich sitzen – und reagiert auf Twitter.
Die Debatte um die jüngste Coronavirus-Studie von Virologe Christian Drosten geht in die nächste Runde. Nachdem sich bereits die „Bild“-Zeitung vor wenigen Tagen mit Drosten angelegt hatte, kritisierte nun auch Arzt und Biochemiker Alexander Kekulé die Studie in einem Gastbeitrag im Tagesspiegel.
Kekulé kritisierte Drosten auch persönlich dafür, eine „unnötige Angriffsfläche“ zu bieten. Eine ebenso kritische Antwort von Drosten ließ nicht lange auf sich warten.
Der Gastbeitrag sei „tendenziös“, kritisiert Drosten am Donnerstagmorgen auf Twitter. Zudem kenne Kekulé die Daten vom Drosten-Forschungsteam nicht und zitiere falsch. Was genau falsch zitiert ist, sagt er aber nicht. Eine Spitze unter Forschern kann sich dann auch Drosten nicht verkneifen: „Kekulé selbst könnte man nicht kritisieren, dazu müsste er erstmal etwas publizieren“, twittert Drosten.
Kekulés Gastbeitrag dreht sich um die Frage, ob die Interpretation von Daten der jüngsten Drosten-Studie korrekt seien. Drosten und sein Team wollten untersuchen, ob es einen Zusammenhang zwischen der Viruskonzentration auf der Rachenschleimhaut und dem Lebensalter gebe.
Das Ergebnis, laut den Studienautoren: Die Viruslast könnte sich nicht signifikant von Erwachsenen unterscheiden – weshalb Drosten vor einer unbegrenzter Wiederöffnung von Schulen und Kindergärten in der gegenwärtigen Situation warnte. Für Kekulé nicht nachvollziehbar. Er ist sich sicher: Drosten hatte sich geirrt.
In einer akribischen Aufarbeitung habe der Züricher Biostatistiker Leonhard Held gleich mehrere methodische Fehler nachgewiesen, die die Schlussfolgerungen der Charité-Studie unhaltbar machten. Die Kritik sei mittlerweile durch mindestens drei weitere Statistiker bestätigt worden.
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Dass Drosten nun weitere Daten auswerten und die Statistik neu berechnen wolle, könne die aktuelle Arbeit nicht retten. „Warum Drosten die Studie nicht einfach zurückzieht, ist schwer nachvollziehbar“, schreibt Kekulé.
Christian Drosten zeigte sich empört. Der von Kekulé bemühte Epidemiologe Leonhard Held sage laut Drosten selbst über seine statistische Nachanalyse der Drosten-Studie, dass diese nicht konklusiv sei. „Kekulé ist das egal, er feuert trotzdem. Danke dafür“, schreibt Drosten – und betont noch einmal: „Wir werden ein Update unserer Daten und Statistik liefern.“
In den sozialen Netzwerken wurde die öffentliche Debatte zwischen Drosten und Kekulé daraufhin am Donnerstag zum Dauerthema. Kekulé ließ sich auf Drostens Antwort zunächst nicht ein und verwies lediglich noch einmal auf seinen Gastbeitrag im Tagesspiegel und darauf, dass er dort am Ende einen Vorschlag unterbreite, wie mit der Situation umzugehen sei. Der Kritisierte hingegen legte sogar noch einmal nach.
Nachdem ein Twitter-User die Sinnhaftigkeit des öffentlichen Streits der Wissenschaftler infrage stellte („Wenn jetzt die Wissenschaftler öffentlich aufeinander einprügeln, gewinnt am Ende die Bild“), schrieb Christian Drosten, dass Kekulé zum Glück bisher der einzige sei, der sich so verhalte. „In unserer Community spielt er keine Rolle“, so Drosten.
Unterstützung erhielt Drosten außerdem bereits zuvor von Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. „Ich finde es so toll, wie dieser Mann, den ich übrigens bewundere für das, was er macht, wie er das offen nach außen kommuniziert“, sagte Montgomery in der RBB-Sendung „Talk aus Berlin“. Dass Drosten sich mehrmals korrigiere, sei wissenschaftlich „vollkommen in Ordnung“.