Astronomie: Chinas gigantisches Auge zum Himmel
Das weltgrößte Radioteleskop „Fast“ geht in Betrieb. Es soll die Entwicklung des Universums verstehen helfen - und fremdes Leben aufspüren. Sofern es welches gibt.
Das weltgrößte Radioteleskop mit voll ausgefüllter Schüssel namens „Fast“ (Five-hundred-meter Aperture Spherical Telescope) ist in der südwestchinesischen Provinz Guizhou nach fünf Jahren Bauzeit offiziell in Betrieb gegangen. Mit dem weltgrößten Radioteleskop in den Karsthügeln von Pingtang in Südwestchina will sich die zweitgrößte Wirtschaftsnation jetzt auch zu einer Wissenschaftsmacht emporschwingen. Ohnehin verfolgt China mit seinen Plänen für eine eigene Raumstation um 2022 und für Flüge zu Mond und Mars schon ein ehrgeiziges Raumfahrtprogramm.
Mit einem Durchmesser von einem halben Kilometer soll es doppelt so empfindlich sein wie das mit 300 Metern bisher größte Observatorium in Arecibo in Puerto Rico. Experten halten es für zehnmal stärker als das 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg in Nordrhein-Westfalen.
Durchbrüche bei Erforschung von Gravitationswellen werden erwartet
In der Testphase vor der offiziellen Eröffnung am Sonntag entdeckte Fast schon qualitativ hochwertige elektromagnetische Wellen eines Pulsars, der 1351 Lichtjahre entfernt ist. Das Studium solcher schnell rotierender Neutronensterne sowie von Gravitationswellen stehen im Mittelpunkt der Forschung. Gravitationswellen hatte Albert Einstein in seiner Relativitätstheorie vorhergesagt, ihr wissenschaftlicher Nachweis gelang aber erst vor einem Jahr und wurde im Februar verkündet.
Das Teleskop soll doppelt so viele Pulsare als gegenwärtig bekannt entdecken können, sagte Sun Caihong, führender Technologe des Projekts, laut Nachrichtenagentur Xinhua voraus. „Es ist höchst wahrscheinlich, dass Durchbrüche bei der Erforschung der Gravitationswellen und der Relativitätstheorie gemacht werden.“
„Das ultimative Ziel ist es, die Entwicklungsgesetze des Universums zu entdecken“, sagte Qian Lei, Astronom der chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS), der „China Daily“. Vielleicht auch fremdes Leben im All: „Falls es eine Zivilisation im Weltraum gibt, sind die Radiosignale, die ausgesendet werden, theoretisch ähnlich wie die Signale, die wir einfangen, wenn ein Pulsar auf uns zukommt.“
Gewaltige Datenmenge
„Seit einem halben Jahrhundert benutzen Astronomen Radioteleskope, um die quälende Frage zu beantworten: Sind wir allein?“, sagte Douglas Vakoch, Präsident der Organisation METI, die mit Botschaften ins All extraterrestrische Intelligenzen erreichen will, laut Staatsagentur Xinhua. „Die Signale, die sie suchen, sind so schwach, dass unglaublich empfindliche Teleskope nötig sind, um sie zu entdecken.“
Das Teleskop benutzt ein Programm, das vom internationalen Zentrum für Radioastronomie (ICRAR) im australischen Perth und von der Europäischen Südsternwarte in Garching bei München entwickelt wurde, um die Riesenmenge an Daten zu bewältigen. Die Software Next Generation Archive System (NGAS) hilft, jährlich drei Petabyte (3000 Terabyte) an Informationen zu sammeln, zu transportieren und zu speichern. Es wird auch von anderen Teleskopen benutzt.
Fast soll auch Forschern aus dem Ausland zur Verfügung stehen
In der Anfangszeit richten die Betreiber „Fast“ noch genauer aus, das Teleskop kann nur für anfängliche Studien genutzt werden. Aber in zwei bis drei Jahren soll die 500 Meter große Teleskop-Schüssel voll zum Einsatz kommen und dann auch für ausländische Wissenschaftler zur Verfügung stehen. Die Baukosten des Teleskops werden offiziell nur mit 1,2 Milliarden Yuan, umgerechnet 160 Millionen Euro, angegeben. Beobachtern erscheint das angesichts der Größe aber als zu wenig.
Mit weiteren 1,8 Milliarden Yuan, umgerechnet 239 Millionen Euro, soll zumindest nach offiziellen Angaben die Umsiedlung von mehr als 8000 Menschen finanziert worden sein. Sie mussten ihre Heimat verlassen, weil im Umkreis von fünf Kilometern um das Observatorium absolute Funkstille herrschen muss. Fast sei so empfindlich, dass es das Signal eines Handys auf dem Mond empfangen könnte, heißt es. (dpa)