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Stammzellen: Blut vom Fließband

Blut ist flüssiges Gewebe, ein roter Cocktail aus Zellen und Plasma, der ständig erneuert wird. Stammzellen sorgen ständig für Nachschub an neuen Blutzellen.

Blut ist flüssiges Gewebe, ein roter Cocktail aus Zellen und Plasma, der ständig erneuert wird. Stammzellen sorgen ständig für Nachschub an neuen Blutzellen. Obwohl Blutstammzellen sehr gut erforscht sind – im Labor lassen sie sich nur schwer vermehren. Deshalb scheiterten bislang Versuche, Blutzellen in ausreichender Menge nachzuzüchten.

Die Möglichkeiten haben sich geändert, seitdem klar ist, dass sich spezialisierte Körperzellen durch molekulare Tricks in einen Alleskönner-Zustand zurückzwingen lassen. Diese induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) können nahezu unbegrenzt vermehrt werden. Mit dem entsprechenden Rezept lassen sich daraus fast alle Zelltypen des Körpers herstellen, auch rote Blutkörperchen (Erythrozyten) oder Blutplättchen.

„Da reife Erythrozyten keinen Zellkern mehr enthalten, gelten sie als deutlich sicherer als andere Zellen in medizinischen Anwendungen“, sagt der Hämatologe Axel Schambach von der Medizinischen Hochschule Hannover. Denn ohne Zellkern ist das Risiko für die Entstehung von Krebs nahezu ausgeschlossen. Ein weiterer Vorteil: iPS-Zellen lassen sich von jedem Menschen individuell gewinnen, die daraus erzeugten Blutzellen wären wie eine künstliche Eigenblutspende, ohne Probleme mit Blutgruppen-Unverträglichkeiten und Immunreaktionen.

Noch tüfteln Stammzellforscher weltweit daran, ihre Rezepte für die Blutzellen vom Fließband zu verfeinern und die Zellproduktion im Bioreaktor zu industrialisieren. „Ein Mikroliter-Tröpfchen Blut enthält etwa 5 Millionen Erythrozyten. Solche Zahlen sind im Labor bisher nur mit großem Aufwand zu erreichen“, sagt Schambach.

Eine für jeden einzelnen Patienten maßgeschneiderte Blutmanufaktur wird aber wohl eine Vision bleiben – der logistische Aufwand wäre zu hoch. Mediziner denken vielmehr darüber nach, mithilfe der iPS-Technik Blutzellen von sogenannten Universalspendern herzustellen. Diese haben ein solch günstiges Blutgruppen-Profil, dass immerhin 95 Prozent der Empfänger bei einer Bluttransfusion davon profitieren können (etwa Blutgruppe 0, Rhesus negativ). Es wäre der erste Schritt zum Blutbeutel von der Stange, für den niemand mehr zur Ader gelassen werden müsste.

Philipp Graf

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