Wissenschaftliches Arbeiten: Bestraft auch die Doktoreltern für Plagiate!
Der Plagiatsverdacht gegen Franziska Giffey wirft Fragen nach der Mitverantwortung der Doktoreltern auf. Sie sollten nicht ungestraft davonkommen.
Wieder einmal ist eine Bundesministerin unter Verdacht geraten, bei der Abfassung ihrer Dissertation gegen die Regeln des korrekten Zitierens verstoßen zu haben. Zu klären ist, ob es sich um eventuell verzeihliche Nachlässigkeiten handelt oder um Verstöße gegen das Gebot des korrekten wissenschaftlichen Arbeitens.
Mangelnde Sorgfalt wird man jetzt schon den Beteiligten von der Universität vorwerfen können, hätten sie doch auch das feststellen können, was die Plagiatsjäger herausgefunden haben. Wer rügt solche Fehler von Professoren und Professorinnen? Wenn als Entschuldigung die große Zahl von Doktoranden und die damit zusammenhängende Betreuung der Arbeiten sowie die zeitaufwendigen Korrekturen genannt werden, ist das nicht akzeptabel. Der insofern gegebene Arbeitsaufwand seitens der Professoren ist zwar nicht zu unterschätzen. Eine Rechtfertigung für das Durchwinken von Arbeiten ohne hinreichende Durchsicht allerdings darf das nicht sein.
Es gibt ja wohl ein generelles Problem mit der Qualitätssicherung bei wissenschaftlichen Arbeiten, was sicherlich mit der schieren Masse an Arbeiten zusammenhängt. Vielleicht sind es ähnliche Mechanismen wie beim Verwässern der Ansprüche der Abiturprüfungen, das heute deutlich mehr jungen Menschen zu diesem Abschluss verhilft.
schreibt NutzerIn Urbi_et_Orbi
Wer überlastet ist, darf keine Doktoranden annehmen
Konsequent wäre es, im Fall drohender Arbeitsüberlastung keine weiteren Doktoranden mehr anzunehmen. Hier aber werden Doktorväter und -mütter zögern, haben sie doch eine Art Monopol, Promotionswillige zum Dr.-Grad zu führen. Ein falsches Signal ist es jedenfalls, wenn die Anzahl der abgeschlossenen Promotionen ein Gradmesser für Mittelzuweisungen ist.
Wird eine Arbeit angenommen, muss die Bewertung den Regeln entsprechen. Es ist weniger gravierend für den Lebenslauf von Betroffenen, wenn sie eine Promotion abbrechen, weil den Anforderungen nicht genügt wird, als wenn ihnen später der oft mit Zeit- und sonstigem Aufwand erworbene Titel aberkannt wird und sie an den Pranger gestellt werden. Wer Arbeiten passieren lässt, die nicht den Standards guter wissenschaftlicher Praxis entsprechen, sollte nicht ungestraft davonkommen. Wie wäre es, wenn solchen Doktormüttern (um eine solche handelt es sich im konkreten Fall) wenigstens auf Zeit die Befugnis entzogen würde, Promotionsthemen auszugeben und an Verfahren mitzuwirken?
Weniger Promotionen, mehr Sorgfalt
Daneben bleibt das generelle Problem: Die große Zahl von Promotionen, zum Teil über abwegige und nichtssagende Themen, entwertet den Titel. Auch unter diesem Aspekt wäre es ein Fehler, den Fachhochschulen das von diesen begehrte Promotionsrecht zu gewähren. Der Dr.-Titel sollte im Grunde nur von denjenigen erworben werden, die eine wissenschaftliche Karriere anstreben. Ihn aus Prestigegründen zu erlangen, sollte weder bei Politikern noch sonst unterstützt werden. Weniger Promotionen würden zu mehr Sorgfalt bei Professoren führen.
Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail senden: george.turner@t-online.de