HU streitet um Arbeitsweisen in der Coronakrise: Beharren auf der Papierform
Reichen digitale Akten, oder muss es auch die schriftliche Form sein? An der Humboldt-Universität gibt es Streit um die Arbeitsweise in der Coronakrise.
Das Hochschulleben in Berlin spielt sich mittlerweile weitestgehend digital ab. Doch es gibt auch Bereiche, in denen weiterhin analog gearbeitet wird.
So etwa an der Humboldt-Universität. Dort finden der Personalrat der studentischen Beschäftigten (PRstudB) und die Personalabteilung keine gemeinsame Lösung, wie mit digitalen Beschlüssen und Versammlungen umzugehen ist. Wie der PRstudB berichtet, habe es zudem wochenlang keine Neueinstellungen gegeben.
Wenn an der HU neue Stellen für studentische Beschäftigte ausgeschrieben werden, geht nichts ohne den Personalrat der studentisch Beschäftigten. Das Gremium muss sowohl über die Stellenausschreibung als auch die finale Besetzung abstimmen.
Der Personalrat der studentisch Beschäftigten arbeitet weiter im Büro
In Zeiten von Corona führt das zu Schwierigkeiten: Es ist die Regel, dass die entsprechenden Unterlagen für die Abstimmungen schriftlich vorliegen. Denn eine digitale Arbeit des Personalrates ist im Personalvertretungsgesetz des Landes nicht vorgesehen. So müssen die Gremienmitglieder für eine Sitzung persönlich an einem Ort und zu einer Zeit zusammenkommen, damit die Beschlüsse wirksam sind.
Die Mitglieder des studentischen Personalrates der HU haben eingeschränkten Zugang zu ihrem Büro, können aber arbeiten und die Akten einsehen. Wie eine Personalrätin stellvertretend für alle Mitglieder mitteilt, würden die Geschäfte trotz Corona normal weitergehen: „Wir bearbeiten weiterhin alle Fälle die uns von der Personalabteilung der Universität zugesandt werden.“
Über Wochen keine Neueinstellungen
Wie sie berichtet, habe es allerdings über einen Zeitraum von mehreren Wochen keine Neueinstellungen gegeben: „Das Problem ist, dass die Anträge lange nicht bei uns eingegangen sind, deshalb gab es zwischen dem 20. März und 27. April keine Einstellungen von studentischen Beschäftigten.“ Sie vermutet den Zusammenhang mit einem Zustand, der sich seit Wochen zieht. An der HU streiten sich die Parteien über die Arbeitsweise während der Coronakrise. Der PRstudB besteht auf eine schriftliche Zusendung der Akten: „Natürlich nehmen wir Akten auch digital an, aber benötigen dann trotzdem im Nachhinein die Papierform zur rechtlichen Absicherung.“
Trotzdem sei man grundsätzlich bereit, auch eine digitale Arbeitsweise zu wählen. Entscheidend sei für den PRstudB jedoch eine entsprechende Dienstvereinbarung mit der HU. Diese erfordere wiederum eine anwaltliche Beratung: „Die Universität möchte uns keinen Beratervertrag finanzieren. Aber wenn wir den nicht übernommen bekommen, haften die Mitglieder selbst für ihre Kosten“, heißt es vonseiten des PRstudB.
Kampf um eine Dienstvereinbarung
Eine solche Dienstvereinbarung lehnt die HU ab. Wie Sprecher Hans-Christoph Keller mitteilt, habe die Uni mit dem Gesamtpersonalrat und dem Personalrat des Hochschulbereichs gemeinsame, pragmatische Lösungen für die praktische Zusammenarbeit im Präsenznotbetrieb gefunden – jenseits einer formalisierten Dienstvereinbarung.
Wie Keller betont, sei eine solche Vereinbarung in normalen Zeiten zwar der übliche und richtige Weg. „Doch in der aktuellen Coronakrise wäre dies ein zu langer Weg gewesen, um pragmatische und einvernehmliche Lösungen zu finden.“ Eine solche Lösung sei mit dem Personalrat der studentischen Beschäftigten jedoch nicht möglich gewesen: „Trotz mehrfacher Angebote für einvernehmliche und rasche Lösungen durch die Dienststelle – zum Beispiel in Fragen der praktischen Zusammenarbeit und Kommunikation untereinander – sind Reaktionen seitens PRStudB auf Vorschläge weitgehend ausgeblieben.“
An TU und FU gibt es das Problem nicht
An TU und FU haben sich die Parteien geeinigt. Wie die zwei Vorstände der studentischen Personalräte bestätigen, seien Regelungen für die Zusammenarbeit in der derzeitigen Situation gefunden worden. An der FU habe man explizit eine Lösung ohne Dienstvereinbarung gefunden. „Wir haben beiderseitig telefonisch beschlossen, digitale Unterschriften und Dokumente zu akzeptieren“, sagt der Vorsitzende Tino Schott.
Die Situation an der HU bleibt unklar. Dort stehen derzeit zwei Vorschläge im Raum, die sich blockieren. Während der PRstudB auf Dienstvereinbarung und Beratervertrag besteht, lehnt die Personalabteilung diese ab und unterbreitet Vorschläge – wie der PRstudB berichtet ausschließlich per E-Mail. „Wir wünschen uns eine ordentliche Dienstvereinbarung, denn E-Mails sind laut Auffassung unseres Anwalts nicht rechtssicher“, heißt es aus dem Personalrat.
Laut HU-Sprecher Keller gebe es trotz der ungewissen Situation keinen Stop von Neueinstellungen für studentische Beschäftigte. „Angesichts der personellen Einschränkungen und der akuten Herausforderungen durch den Präsenznotbetrieb an der HU haben wir – wie alle Hochschulen Berlins – Priorisierungen in den Aufgaben vorgenommen und daher zunächst Weiterbeschäftigungen und das laufende Vertragsmanagement prioritär bearbeitet.“ Gabriel Rinaldi