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Haarig. Stammzellen bilden Zysten (kugelförmige Gebilde am Rand) aus Hautzellen (rot) mit Haaren.
© J. Lee, K. Koehler

Stammzellforschung: Behaarte Haut im Labor gezüchtet

Forscher haben aus Mausstammzellen erstmals Haut mit Haaransätzen entwickeln können.

Eigentlich wollte Karl Koehler aus den embryonalen Stammzellen von Mäusen jenes Gewebe heranwachsen lassen, aus dem das Innenohr der Säugetiere besteht. Das ist dem Stammzellforscher von der Indiana Universität, der nach Wegen zur Behandlung von Gehörlosigkeit sucht, inzwischen auch gelungen. Allerdings entdeckte er dabei auch – per Zufall – einen Weg, naturnahes Hautgewebe samt Haarwurzeln zu züchten.

Echte Haut besteht aus mehr als 20 verschiedenen Zelltypen

Schon seit geraumer Zeit können Biologen im Labor Haut vermehren, vor allem den mit 90 Prozent häufigsten Hautzelltyp, die Keratinozyten. Für die Behandlung schwerer Verbrennungen wird den Patienten dafür intakte Haut entnommen, vermehrt und auf die verbrannten Körperteile transplantiert. Stammzellen, die potentiell jedes Gewebe des Körper bilden können, sollen diesen Prozess beschleunigen. Bislang scheiterte das jedoch daran, das echte Haut aus mehr als 20 verschiedene Zelltypen besteht, die Ober- und Unterhaut, sowie die darin liegenden Schweißdrüsen, Sinneszellen und auch Haarwurzeln bilden. Künstlich gezüchtete Haut enthielt bislang bestenfalls fünf verschiedene Zelltypen und blieb haarlos.

Als Koehler nun mit Mausstammzellen experimentierte, beobachtete sein Forschungsteam nicht nur kleine, knospenartige Zellansammlungen (Organoide), die sich zu Innenohr-ähnlichen Miniaturorganen ausbildeten, sondern zusätzlich auch hautartige Organoide mit Haaren: „Die Haut entwickelt sich wie eine kugelförmige Zyste und die Haarwurzeln wachsen nach außen in alle Richtungen, wie bei einer Löwenzahn-Blüte.“

Haaransätze entwickeln sich aus Zusammenspiel von Ober- und Unterhaut

Im Fachblatt „Cell Reports“ schreiben die Forscher, dass das Haut-Organoid aus acht Zelltypen besteht. Der Grund dafür, dass sich Haarwurzeln bilden könne, sei offenbar, dass in den Organoiden die beiden wichtigsten Zellschichten der Haut – Ober- und Unterhaut (Epidermis und Dermis) – zusammen heranwachsen. Wird der Prozess unterbrochen, bei dem die Dermis entlang der Epidermis wächst, bilden sich auch keine Haarwurzeln.

Bis zum „Haar aus der Retorten“ ist es allerdings noch ein weiter Weg. Bislang entwickeln sich die Haarkeime nicht weiter. Dennoch hofft Koehler, dass sich sein „Rezept“ für das Züchten von Haut aus Mausstammzellen verbessern und mit menschlichen Stammzellen wiederholen lässt. Ob sich daraus eine Quelle für den Haut- und Haarersatz oder „nur“ zum Testen von Medikamenten gegen Hauterkrankungen ergibt, wird sich zeigen.

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