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Ergebnisverkündung in die Urania geladen. Die Freude war riesig, auch bei Günter M. Ziegler, Karl Max Einhäupl, Sabine Kunst und Christian Thomsen (v. l.).
© Günther M. Ziegler

Exzellenzstrategie: Aufbruch zum vernetzten Forschungsraum

Die Freie Universität ist Teil der Berlin University Alliance, die bundesweit als erster und einziger Universitätsverbund im Exzellenzwettbewerb ausgezeichnet wurde. Was haben die vier Einrichtungen vor?

Die Freie Universität Berlin gehört weiterhin zu den exzellenten Universitäten in Deutschland. Doch diesmal bekam sie die begehrte Auszeichnung nicht alleine, sondern im Verbund mit den beiden anderen großen Berliner Universitäten und der Charité – Universitätsmedizin Berlin, dem gemeinsamen medizinischen Fachbereich von Freier Universität Berlin und Humboldt-Universität zu Berlin.

Die vier Einrichtungen waren in der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder als Berlin University Alliance angetreten und konnten sich deshalb gemeinsam freuen, als am 19. Juli 2019 Bundesbildungsministerin Anja Karliczek auf einer Pressekonferenz die Gewinner bekannt gab: zehn Universitäten und ein Verbund.

Mit ihrer Bewerbung haben die vier Partnerinnen Neuland betreten, denn gemeinsame Anträge waren zum ersten Mal in einem bundesweiten Wettbewerb für Spitzenforschung möglich. Die Berlin University Alliance ist der einzige in der Exzellenzstrategie ausgezeichnete Verbund und erhält für die Umsetzung ihres Antrags „Crossing Boundaries toward an Integrated Research Environment“ (Grenzen überschreiten für einen integrierten Forschungsraum) rund 30 Millionen Euro pro Jahr: etwa 24 Millionen aus dem Wettbewerb, zusätzlich sechs Millionen vom Land Berlin. Die Förderung beginnt im November, nach sieben Jahren wird das Vorhaben evaluiert.

Gemeinsam die Herausforderungen der Gegenwart annehmen

„Gemeinsam sind wir stärker“, sagt Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin und derzeit Sprecher der Berlin University Alliance. Längst sei auch in der Politik klar geworden, dass die Wissenschaft „ein wichtiger Faktor für die Weiterentwicklung der Stadt“ sei. Schon jetzt kooperieren die Universitäten und die Charité in der Forschung, der Ausbildung von Studierenden und bei der gemeinsamen Nutzung von wichtigen Forschungsressourcen wie Bibliotheken oder Großgeräten.

Doch mit dem Antrag wird ein institutioneller Rahmen geschaffen, der die Zusammenarbeit künftig unkomplizierter macht – nicht zuletzt, weil mit den Mitteln aus der Exzellenzstrategie eine Reihe von Zielen umgesetzt werden soll, die darauf aufbauen, dass Mitglieder von Freier Universität, Technischer Universität Berlin, Humboldt-Universität und Charité – Universitätsmedizin Berlin einrichtungsübergreifend zusammenarbeiten.

Was haben sich die vier Einrichtungen gemeinsam vorgenommen? Eines der wichtigsten Ziele ist, die großen gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart gemeinsam anzugehen. In interdisziplinären Teams – zu denen auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen gehören können und Expertinnen und Experten aus anderen gesellschaftlichen Bereichen – soll zu sogenannten Grand Challenges geforscht werden.

Dabei gibt es gemeinsame Oberthemen: Die erste Grand-Challenge-Initiative stellt etwa den sozialen Zusammenhalt in den Mittelpunkt. Ein Thema übrigens nicht nur für Forscherinnen und Forscher aus den Sozialwissenschaften oder der Politikwissenschaft, sondern auch aus der Mathematik, den Ingenieurwissenschaften, Architektur oder Medizin, die etwa zur Verfügbarkeit wirksamer Therapien oder zu Verkehrsflüssen arbeiten.

Ergebnisse für die Öffentlichkeit

Damit Lösungen und Antworten der Wissenschaft auf drängende Fragen der Gegenwart auch bei den Menschen ankommen, soll der Wissensaustausch mit der Gesellschaft gestärkt werden. Das bedeutet nicht nur, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei unterstützt werden, ihre Forschung Bürgerinnen und Bürgern anschaulich zu vermitteln, sondern dass ein Austausch in unterschiedlichen Formen und Formaten entstehen kann. Wichtig ist, dass wissenschaftliches Denken und Forschungsergebnisse nach außen getragen werden, und umgekehrt Wissen aus anderen gesellschaftlichen Bereichen stärker Eingang in die Forschung findet.

Eng damit zusammen hängen die Fragen nach der Qualität und Wertigkeit von Forschung. Nur wenn der Forschungsprozess in höchstem Maß transparent ist, wenn etwa Daten und Methoden offengelegt werden, werden auch die Ergebnisse nachprüfbar. Was zeichnet gute Wissenschaft aus? Woran erkennt man sie? Wie räumt man Fehler ein, und was kann man aus ihnen lernen? Hierzu wollen Berliner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler künftig beitragen.

Der Berliner Verbund bietet auch Chancen für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die noch besser und institutionenübergreifend in allen Phasen ihrer Laufbahn – von der Promotion über die Zeit als Postdoktoranden bis hin zur Professur – unterstützt werden sollen. Auch erfahrene Forscherinnen und Forscher profitieren vom Verbund – etwa durch Angebote zur Stärkung von Führungskompetenzen, die im Forschungs- und Universitätsalltag neben der inhaltlichen Expertise ebenfalls gefragt sind.

Berlin verfügt über einen Schatz an Forschungsressourcen. Dazu zählen je nach Disziplin Großgeräte ebenso wie Sammlungen oder Bibliotheken. Der Zugang zu diesen Ressourcen soll künftig einfacher und die Berliner Forschungsinfrastruktur weiter verbessert werden.

Diversität und Geschlechtergerechtigkeit sollen gefördert werden

Außerdem werden drei übergreifende Themen verfolgt, die mit allen fünf Zielen des Antrags und dem Selbstverständnis der Universitäten eng zusammenhängen: Diversität und Geschlechtergerechtigkeit sollen auf verschiedenen Ebenen befördert werden – sowohl in der Forschung zu diesem Thema als auch etwa bei der Unterstützung und Berufung von Wissenschaftlerinnen.

Auch die universitäre Lehre – hierzu konnten im Wettbewerb Konzepte eingereicht werden – soll gestärkt werden: Gemeinsame Studiengänge werden als Teil des integrierten Forschungsraums eingerichtet, Studierende mit besonderem Forschungsinteresse in wissenschaftliche Projekte eingebunden – gerade auch in den Grand Challenges, den großen gesellschaftlichen Herausforderungen.

Die Verbundpartnerinnen arbeiten außerdem bei der Internationalisierung zusammen: Mit den Universitäten von Melbourne und Singapur wurden bereits gemeinsame Abkommen geschlossen. Die Forschungspartnerschaft zwischen den Berliner Verbundpartnerinnen und der Universität Oxford besteht seit beinahe zwei Jahren und hat eine Reihe gemeinsamer Forschungsprojekte angestoßen.

Berlin als Wissenschaftsraum

„Die Freie Universität Berlin“, sagt Günter M. Ziegler, „kann durch den Verbund, durch die neuen Kooperationsmöglichkeiten, international noch sichtbarer werden.“ Von der Agenda der Berlin University Alliance, Berlin als eng vernetzten Wissenschaftsraum weiterzuentwickeln, ist der Mathematiker überzeugt: „Das ist wichtig für die Wissenschaft, aber auch für Berlin als Stadt.“

In der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder, die der Exzellenzstrategie vorausging, war die Freie Universität als Internationale Netzwerkuniversität angetreten. Ein erfolgreiches Konzept, für das sie 2007 und 2012 mit dem Exzellenztitel ausgezeichnet worden war, und das auch weiterhin Bestand haben wird, wie Günter M. Ziegler versichert: „Wir werden es weiterführen und dynamisch entwickeln.“ So würden etwa die strategischen Partnerschaften, Verbindungsbüros in aller Welt oder der Lehrpreis bestehen bleiben. „Wir bleiben auch im Verbund die erfolgreiche exzellenzbewährte internationale Netzwerkuniversität.“

Nina Diezemann

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