Intelligenz: Auch kleine Tiere denken
Die Leistungen von Tieren mit völlig unterschiedlichen Gehirnen sind erstaunlich. Oktopus, Biene, Elster: Die Intelligenz der Tiere
Alex und Irene wünschen sich eine gute Nacht. „Du bist so freundlich – ich liebe dich“, krächzt Alex, der Graupapagei. „Ich liebe dich auch“, antwortet Irene. „Kommst du morgen wieder?“ fragt Alex. „Ja, ich werde morgen wieder da sein“, bestätigt Irene. Aber über Nacht stirbt Alex unerwartet, und wird in vielen Nachrufen gewürdigt, selbst in der „New York Times“. 30 Jahre hatte die amerikanische Kognitionsforscherin Irene Pepperberg den hochbegabten Vogel trainiert.
Alex konnte schon nach zwei Jahren mehr als 100 Gegenstände erkennen, benennen, anfordern und zurückweisen. In zahlreichen Experimenten zeigte er, was in seinem Kopf steckte. Hartmut Wewetzer vom Tagesspiegel leitete mit der Geschichte von dem superschlauen Vogel den von ihm moderierten Abend über „Denkende Tiere“ ein. Dazu eingeladen hatte die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften in ihren größten und dennoch überfüllten Saal.
Der Mensch, der sich lange als Krone der Schöpfung fühlte, wird von den Evolutionsforschern nun als das höchstentwickelte Säugetier betrachtet. Der Bremer Hirnforscher Gerhard Roth sprach von einem Kontinuum. Er sieht nur graduelle Unterschiede zu den bis vor kurzem unterschätzen „anderen Tieren“.
Die Perspektive eines anderen einnehmen und Wissen bei ihm voraussetzen, das können außer dem Menschen nur seine engen Verwandten, die Menschenaffen. Sie verstehen eine einfache Sprache, etwa wie ein Kleinkind. Auch zur Vorausschau sind sie fähig. Solche Fähigkeiten haben Rabenvögel gleichfalls. Ihnen wird, ebenso wie Delphinen und Elefanten, auch ein Selbstbewusstsein zugeschrieben: Sie erkennen sich im Spiegel.
Ein Video des Bochumer Biopsychologen Onur Güntürkün illustrierte das: Die Elster Gerty versucht mit Krallen und Schnabel einen roten Punkt zu entfernen, den man ihr auf die Brustfedern geklebt hat. Immer wieder sieht sie in den Spiegel, um zu sehen, ob sie ihn los ist. Solche Intelligenz hatte die Wissenschaft Vögeln nicht zugetraut; Primaten schon. Roth zeigte als Beispiel die Schimpansin Julia, wie sie vor einem gezeichneten Labyrinth sitzt und den gewundenen Pfad zum Ausgang verblüffend schnell findet – ein animal sapiens.
Warum aber, fragte Roth, ist der Mensch trotz allem am intelligentesten? Liegt es an der Hirnmasse? Das menschliche Gehirn wiegt durchschnittlich 1,35 kg, das des Elefanten aber vier bis fünf und das des Pottwals sieben bis neun Kilo. Ist es das Hirn – in Relation zum Körpergewicht? Beim Beispiel Blauwal nur 0,01 Prozent, beim Menschen immerhin rund zwei Prozent – aber bei der Spitzmaus zwölf Prozent! Also macht’s die Masse keinesfalls, ob absolut, ob relativ.
Immerhin, unsere Hirnrinde ist mit 2,5 mm besonders dick und enthält 11,5 Milliarden dicht gepackte Neurone. Das sind aber nur fünf Prozent mehr Nervenzellen als bei Elefant und Wal. Bedeutsamer ist neben der dichten Verknüpfung der Neuronen die Leitungsgeschwindigkeit ihrer Fortsätze und damit das Tempo der Informationsverarbeitung. Und: Nur der Mensch hat eine grammatikalisch-syntaktische Sprache, die mit dem Broca-Areal des Gehirns verknüpft ist.
Dennoch bleiben die Leistungen von Tieren mit völlig unterschiedlichen Gehirnen erstaunlich. Bienen mit ihren stecknadelkopfgroßen Hirnen können Regeln lernen, sich Landschaften merken und anderen mit dem „Schwänzeltanz“ Wege zu Futterstellen weisen, woran der Berliner Neurobiologe Randolf Menzel erinnerte. Vögel haben keine Hirnrinde, und doch sind die geistigen Fähigkeiten einiger Arten denen von Säugetieren ebenbürtig oder überlegen.
Und Tintenfische, deren Nervenzellen bis in die Saugnäpfe verstreut sind, finden ihre Beute wieder, auch wenn sie gerade nicht im Blickfeld dieser Augentiere ist. Der in Jerusalem forschende Neurobiologe Michael Kuba nannte diese „weichen Denker“ die klügsten Nicht-Wirbeltiere. Das alte Konzept einer geradlinig gesteigerten Hirnentwicklung (Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel, Säugetiere) ist widerlegt. „Wie brauchen eine neue Theorie der Evolution von Intelligenz!“, forderte daher der Psychologe Güntürkün. Rosemarie Stein
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