Weltraumschrott: Aktion sauberes All
Fliegende Mechaniker sollen altersschwache Satelliten wieder flott machen und dadurch dem Müllproblem im Orbit begegnen.
Es wird eng im Weltraum, zumindest in unmittelbarer Nähe zur Erde. Rund 1000 aktive Satelliten kreisen dort, hinzu kommen jene, zu denen der Kontakt abgerissen ist, sowie ausgebrannte Oberstufen von Raketen. Kommt es zur Kollision, wie im Februar 2009, als zwei russische Satelliten zusammenstießen, entstehen nochmals viele kleinere Trümmer. All diese Objekte sind potenziell gefährlich: Sie könnten andere, millionenteure Satelliten treffen und schwer beschädigen. Oder sie stürzen unkontrolliert vom Himmel und schlagen womöglich in besiedeltem Gebiet ein.
Seit langem grübeln Forscher, was sie dagegen unternehmen können. Ein neuer Vorstoß kommt nun aus Deutschland, genannt „Deos“ (Deutsche Orbitale Servicing Mission). In dem Konzept geht es um eine Serviceeinheit, die einen schwächelnden Satelliten ohne Funkkontakt – die Ingenieure nennen das Verhalten „unkooperativ“ – einfängt, ihn repariert, betankt oder gezielt zum Absturz bringt.
Am Rande der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung erhielt die Firma Astrium offiziell den Auftrag, die dafür nötige Technik zu entwickeln. 15 Millionen Euro bekommt sie dafür vom Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Ein Test im Weltraum, der deutlich teurer sein wird, soll 2018 folgen.
Dabei sind folgende Schritte geplant: Ein „Servicer“ und ein „Client“ werden mit einer Rakete in eine Erdumlaufbahn gebracht. Dort soll der robotische Mechaniker zunächst per Lasersystem den hilfebedürftigen Flieger erfassen und sich langsam nähern. Weit genug entfernt, um eine Kollision zu vermeiden, und doch nah genug, um den Client mit einem Greifarm zu packen. Dann sollen beide Flugkörper fest aneinanderdocken, damit der Servicer elektrische Verbindungen am Client verändern sowie diesen betanken kann. Am Ende sollen beide vereint in die Atmosphäre gelenkt werden, damit sie dort verglühen.
Der Ansatz von Deos sei weltweit einmalig, sagte Christoph Hohage vom DLR-Raumfahrtmanagement. Schließlich handelt es sich nicht um kooperierende Systeme wie etwa bei der Internationalen Raumstation und einem Versorgungsfrachter, der daran ankoppelt. „Es ist eine echte Neulandmission und keinesfalls sicher, dass alle Verfahren beim ersten Mal perfekt klappen.“ Denn der Servicer wird laut Konzept nicht der verlängerte Arm eines Ingenieurs am Boden sein, sondern soll weitgehend eigenständig agieren. Immer wieder fiel bei der Präsentation das Wort von der „nachhaltigen Raumfahrt“. „Der Schwerpunkt liegt auf Service“, betonte DLR-Vorstandsmitglied Gerd Gruppe. Man strebe eine Lebenszeitverlängerung für Satelliten an, der kontrollierte Absturz sei nur das letzte Mittel.
Sichtlich überrascht reagierte das Podium auf Nachfragen zu einem möglichen militärischen Nutzen. Einen anderen Satelliten greifen, manipulieren oder zum Absturz bringen kann schließlich große taktische Vorteile bringen. „Militärische Anwendungen sind denkbar“, gab Gruppe zu. Doch Deos werde ausschließlich zum zivilen Nutzen verfolgt. „Die Amerikaner sehen, was wir hier machen, und sind damit einverstanden.“ Aus Russland und China gebe es noch keine Reaktionen, fügte Hohage hinzu. „Wir stehen zum Dialog bereit.“
Doch selbst in der zivilen Raumfahrt stehen kosmische Pannenhelfer, die Deos hervorbringen soll, vor großen Schwierigkeiten. Neben der noch zu entwickelnden Technik sind es vor allem die hohen Kosten für den Bau und den Start der Servicesatelliten, die ein Großreinemachen im Orbit vorerst unwahrscheinlich machen.
Ralf Nestler
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