Datenschutz bei Facebook: Zuckerbergs Flucht nach vorn
Der Facebook-Chef will die Privatsphäre in seinen sozialen Netzwerken besser schützen. Es ist eine Kehrtwende, die nicht ganz freiwillig geschieht.
Wer innerhalb eines Jahres 8,7 Milliarden US-Dollar seines Vermögens einbüßt, der muss etwas tun. Man könnte meinen, genau so ergeht es Mark Zuckerberg derzeit. Denn keine zwei Tage, nachdem das jährliche Forbes-Rankings offenbarte, dass er auf Platz acht der reichsten Menschen der Welt abgerutscht ist, kündigte der Facebook-Chef Verbesserungen beim Datenschutz in seinem sozialen Netzwerk an.
Dass beides in unmittelbarem Zusammenhang steht, darf zwar bezweifelt werden. In indirektem allerdings schon. Schließlich war 2018 kein gutes Jahr für Facebook - und damit auch für das Vermögen von Zuckerberg, das größtenteils aus Aktien von Facebook besteht. Die versprochenen Neuerungen bedeuten nun eine deutliche Kehrtwende. Bisher lautete sein Credo, der Trend führe dahin, dass Menschen immer mehr über sich öffentlich machen wollen. Folglich nahm er es mit dem Datenschutz nicht immer so genau.
In einem am Mittwochabend (nach mitteleuropäischer Zeit) veröffentlichtem Blogpost klingt das nun anders. "Ich glaube, dass die Kommunikation sich in der Zukunft zunehmend auf vertrauliche, verschlüsselte Dienste verlagern wird, in denen die Menschen sich darauf verlassen können, dass das, was sie einander mitteilen, sicher bleibt", schrieb Zuckerberg hier. Und er gibt sich einsichtig: "Ich verstehe, dass viele Leute nicht glauben, dass Facebook eine solche auf Privatsphäre fokussierte Plattform aufbauen würde oder wollte." Sein Online-Netzwerk habe nicht den Ruf, auf den Schutz der Privatsphäre ausgerichtete Dienste zu entwickeln.
Künftig wolle er weitere Verschlüsselungsfunktionen einbauen, um die Kommunikation zu sichern. Er setzte dabei vor allem auf die End-to-End-Technik, bei der Inhalte einer Unterhaltung nur von Absender und Empfänger eingesehen werden können. Weitere Dienste wie Videochats, E-Commerce-Angebote, Bezahl-Services sollen auf dieser abgesicherten Basis aufbauen, erklärt Zuckerberg.
Kritik von der Bundesregierung
Dieser Richtungswechsel erfolgt nicht ohne Grund. Zwar waren die Geschäftszahlen von Facebook im vergangenen Jahr gut, mit Blick auf das Vertrauen der Nutzer und staatlicher Institutionen steht das Unternehmen allerdings vor großen Problemen. Immer wieder geriet Facebook ins Visier von Datenschützern, noch immer wirkt der Cambridge-Analytica-Skandal nach. Auch wenn der Schwund zuletzt gestoppt werden konnte, verlor das soziale Netzwerk im Vergleich zu 2017 15 Millionen Nutzer, wie eine aktuelle Analyse zeigt. Und es kommen laufende Probleme hinzu, die langfristig weitaus größere Auswirkungen haben könnten als eine kurzfristig gute Bilanz.
Ein großer Kritikpunkt ist die Verzahnung von Whatsapp, Instagram und Facebook. Auch der Messenger-Dienst und die Foto-App gehören zum Konzern und Zuckerberg hatte ursprünglich vor, die Nutzerkonten aller drei Apps zu verknüpfen. Medienberichten zufolge trieb der Gründer das Projekt persönlich voran; die Abgänge der ehemaligen CEOs von Instagram und Whatsapp sollen ebenfalls mit diesen Plänen zusammenhängen.
Doch das rief nicht nur Datenschützer, sondern auch Wettbewerbshüter auf den Plan. So kritisierte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) die Pläne im Tagesspiegel als "Versuch ein Monopol zu schaffen". Eine mögliche Integration werfe "große kartellrechtliche und datenschutzrechtliche Fragen auf".
Auch in diesem Punkt lenkte Zuckerberg in seinem Blogpost ein. Das Zusammenlegen der verschiedenen Nutzer-Konnten werde demnach für den User nicht verpflichtend. Viel mehr müsse man aktiv zustimmen. "Wenn man möchte, kann man seine Konten natürlich weiter separat betreiben", so der Facebook-Chef.
In den USA droht eine Milliardenstrafe
Auch in den USA hat Facebook Ärger am Hals. Die US Handelsbehörde FTC ermittelt wegen Datenschutzverstößen gegen Facebook. Laut einem Bericht der Washington Post steht zwar eine Einigung in Aussicht - allerdings nur gegen eine Strafzahlung von mehreren Milliarden US-Dollar. Auf die genau Summe konnten sich beide Seiten laut des Berichts noch nicht einigen.
Dass Facebook derzeit aller Beteuerungen zum Trotz weiterhin Daten sammelt, wurde erst in dieser Woche durch eine Studie der britischen Datenschutzorganisation Privacy International (PI) deutlich. Der Organisation zufolge sendet eine Reihe von Android-Apps noch immer Daten automatisch an Facebook – egal, ob der Nutzer zugestimmt hat oder nicht. Und so stellt sich auch bei den aktuellen Ankündigungen die Frage, ob Zuckerberg auch tatsächlich umsetzt, was er verspricht. Es wäre nicht das erste Mal, dass den Worten des Facebook-Chefs keine Taten folgen. So hatte Facebook im März 2018 angekündigt, Nutzer könnten künftig ihre Tracking-History bei Facebook löschen, so wie man den Verlauf in Browsern löschen kann. Bis heute warten die User darauf allerdings vergeblich.
Die Zögerlichkeit des Konzerns bei Zugeständnissen an den Datenschutz ist im Geschäftsmodell begründet. Denn ohnehin könnte kaum eine Strafzahlung für Facebook gefährlich werden, wohl aber das, was daraus folgt. Schließlich beruht das Geschäftsmodell des sozialen Netzwerks darauf, mithilfe von Nutzerdaten zielgerichtete Werbung schalten zu können. Sollte die Datenweitergabe empfindlich eingeschränkt werden, dürfte das große Folgen für die Einnahmen von Facebook bedeuten.
Vor diesem Hintergrund dürfte Zuckerbergs Paradigmenwechsel eine Flucht nach vorn sein. Nach dem Motto: Lieber bestimme ich, wie der Datenschutz bei mir aussieht, als dass ich darauf warte, bis mir Gerichte Maßnahmen vorschreiben. An der Börse beeindruckte diese Strategie kaum. Die Aktie, die im zweiten Halbjahr 2018 rund 35 Prozent an Wert verloren hatte, seit Jahresbeginn aber wieder Aufwind hat, bewegte sich seit Mittwoch kaum.