Lufthansa-Service in Tempelhof: Zu groß für Adlershof
Das Lufthansa-Servicecenter zieht nach Tempelhof. 2,6 Millionen Kundenkontakte werden hier bearbeitet. Immer wieder gibt es Ärger um die Höhe der Löhne.
Vier Etagen im Tempelhofer Ullsteinhaus: Die rund 500 Mitarbeiter des Lufthansa-Servicecenters haben am Donnerstag ihren neuen Büros bezogen. Von hier aus werden auch die übrigen sechs Standorte in Brünn, Dublin, Istanbul, Kapstadt, Melbourne und Peterborough (Kanada) gesteuert und die jährlich rund elf Millionen Anrufe anhand der unterschiedlichen Service-Rufnummern vollautomatisch den jeweils passenden Bearbeitern zugeleitet.
Früher saß das Call-Center der Lufthansa als Teil der Airline in Kassel. 2000 wurde es als eigenständige Firma mit 50 Mitarbeitern nach Berlin-Schönefeld verlegt und zog 2005 mit bereits 280 Beschäftigten nach Adlershof um. Nun waren die alten Räume für die gestiegene Zahl der Mitarbeiter zu klein geworden.
Lufthansa vermarktet Rückkehr zu ihren Wurzeln
In Berlin selbst werden etwa 2,6 Millionen Kundenkontakte für die Lufthansa-Gruppe einschließlich Austrian Airlines und Swiss sowie die Star Alliance bearbeitet. Das reicht von der Umbuchung über die Bearbeitung von Facebook- oder Twitter-Anfragen bis zur Betreuung von Statuskunden. Obwohl der ehemalige Flughafen Tempelhof, wo sie 1926 ihren Betrieb aufnahm, rund zwei Kilometer von der Ullsteinstraße entfernt liegt, vermarktete die Lufthansa den Einzug als Rückkehr zu ihren Wurzeln. Dabei war gerade sie es, die bereits ab 1995 gegen den Zentralflughafen agiert hatte, der dann trotz vieler Proteste 2008 geschlossen wurde. Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) würdigte Lufthansa In Touch, wie das Unternehmen heißt, als „Paradebeispiel für die Dynamik und das Wachstum am Wirtschaftsstandort Berlin“, der seit drei Jahren über dem Bundesdurchschnitt zulege. Zusammen mit Lufthansa Technik ist die Firma eines der beiden größten der 19 Tochter- und Beteiligungsunternehmen des Konzerns in Berlin. Dieser beschäftigt hier insgesamt gut 3000 Mitarbeiter, vor dem Verkauf des Flughafen-Dienstleisters Globe-Ground an die Wisag im Jahr 2008 waren es rund 5000.
Streit mit der Gewerkschaft
Immer wieder sind die Call-Center der Fluggesellschaften in den vergangenen Jahren Grund für Streit mit den Gewerkschaften. In-Touch-Chef Erik Mosch ist zwar ständig auf der Suche nach neuen Mitarbeitern. Was die Beschäftigten der Lufthansa-Tochter verdienen, sagt er jedoch nicht. Schon weil eine abgeschlossene Berufsausbildung und die perfekte Beherrschung von mindestens zwei Sprachen verlangt werden, zahle man aber mehr als den Mindestlohn. Für die Gewerkschaft Verdi offenbar nicht genug. 2013 gab es mehrere Streiks, weil sich nach Angaben von Verdi die Differenz der Einkommen zum Konzerntarifvertrag weiter zu erhöhen drohte. Konnte man sich damals schließlich einigen, laufen derzeit erneute Tarifverhandlungen, sagte Verdi-Bereichsleiter Jens Gröger. Die Gewerkschaft habe bereits zur Eröffnung eine Aktion erwogen, zunächst aber darauf verzichtet.
Indessen hat die defizitäre Air Berlin ihr Call-Center im Zuge ihres Sparprogramms abgewickelt. Nachdem 2013 der Verkauf an die Bertelsmann-Tochter Arvato gescheitert war, wurde die Servicezentrale mit knapp 200 Mitarbeitern 2014 von der neu gegründeten AuSoCon übernommen. An dem Joint-Venture mit der Wiener Competence Call-Center (CCC) war Air Berlin mit 20 Prozent beteiligt. Der Versuch des Betriebsrates, den Betriebsübergang gerichtlich verbieten zu lassen, war zuvor fehlgeschlagen.
Air Berlin hat das Call Center ausgelagert
Hatte Air Berlin Stundenlöhne von rund 15 Euro gezahlt, wurden der Belegschaft mit der Liquidation von AuSoCon zum Jahresbeginn neue Verträge bei CCC zu deutlich schlechteren Bedingungen angeboten, so ein ehemaliger Betriebsrat. Nur etwa 15 Kollegen hätten sich darauf eingelassen, der Rest sei über einen Sozialplan abgewickelt worden. Die Konditionen seien nach einer Frist von einem Jahr angepasst worden, hieß es bei CCC, zur Höhe der Gehälter äußere man sich nicht. Heute sind rund 500 CCC-Mitarbeiter an vier europäischen Standorten für Air Berlin tätig, etwa 100 davon an der Greifswalder Straße. Die Ferienfluggesellschaft Condor nutzt seit vielen Jahren für ihren Kundenservice die Dienste der Firma Arvato. Die Berliner Germania-Fluggesellschaft leistet sich dagegen noch ein eigenes Call-Center mit rund 20 Mitarbeitern, das aber nicht rund um die Uhr besetzt ist.