Missglückte Börsengänge: Zalando und Rocket Internet verbrennen 2,7 Milliarden Euro
Die Aktien der Berliner Zalando und Rocket Internet sind in der ersten Börsenwoche abgestürzt. Der massive Wertverlust ärgert Investoren und Aktionärsschützer.
Die Berliner Börsenneulinge Zalando und Rocket Internet haben in der ersten Woche auf dem Parkett zusammen 2,7 Milliarden Euro verbrannt. Die – gemessen am Aktienhöchstkurs – drastisch gesunkenen Börsenwerte sind zwar nur eine rechnerische Größe. Sie ergibt sich aus dem aktuellen Kurs multipliziert mit der Anzahl der gehandelten Aktien. Doch der rapide Wertverlust irritiert Investoren und Anlegerschützer: Sie zeigten sich am Freitag unzufrieden mit der Performance der vor dem IPO (Initial Public Offering = Börsengang) gehypten Internetfirmen. Andere Börsenaspiranten überdenken nach dem missglückten Debüt der Berliner und angesichts der eingetrübten Marktstimmung ihre Pläne.
„Die Börsengänge von Zalando und Rocket Internet waren eine Enttäuschung für den deutschen IPO-Markt“, sagte Sven Krause, Leiter des Aktienfondsmanagements bei der LBB-Invest. Die Zalando- Aktie hat 25 Prozent seit der Erstnotiz vor zehn Tagen verloren, das Rocket-Papier büßte seit dem vergangenem Freitag 18 Prozent ein. Beide haben sich zuletzt etwas erholt. Zalando war zeitweise mit 5,9 Milliarden Euro, Rocket Internet mit 6,7 Milliarden Euro bewertet worden. LBB-Invest gehörte nicht zu den Investoren. „Wir haben weder Zalando- noch Rocket-Aktien gezeichnet. Es war schwierig, die Unternehmen zu bewerten“, sagte Krause. „Für uns ist entscheidend, dass die Firmen wachsen und dass sie Gewinn machen.“ Bei Rocket wird es noch Jahre dauern, bis Gewinne erwirtschaftet werden.
„Man muss dennoch anerkennen, wie viel hier unternehmerisch auf die Beine gestellt wurde“, gab Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) zu bedenken. Mehr noch als Rocket habe Zalando als Onlinehändler „beachtliches Potenzial“. Wegen der extrem hohen Bewertung beim Börsenstart sei allerdings ein Kursabsturz wahrscheinlich gewesen. „Das hat das Image angekratzt.“ Die Aktien wurden zu Zockerpapieren: „Viele Anleger wollten gar nicht lange dabeibleiben und haben auf schnelle Gewinne spekuliert“, sagte Kunert. Diese Rechnung ging aber nicht auf. Zalando erreichte zwar einen kurzzeitigen Kursgewinn von zwölf Prozent, Rocket hingegen stürzte gleich unter den Ausgabekurs. Beide hätten den Zeitpunkt ihrer IPOs dennoch „klug gewählt“, sagte Kunert. Wenige Tage vorher war der chinesische Onlinehändler Alibaba mit einem Kurssprung an die Börse gegangen. Die Aktie war auch später nicht eingebrochen. Zalando hatte rund 600 Millionen Euro beim IPO eingenommen, Rocket rund 1,6 Milliarden Euro.
Investoren kritisieren die mangelnde Transparenz von Rocket Internet
Die von den Samwer-Brüdern geführte Rocket Internet hatte für den Aktienverkauf den wenig regulierten „Entry Standard“ der Frankfurter Börse mit niedrigen Transparenzvorschriften gewählt. Das kam bei einigen Großanlegern ebenso schlecht an wie die Investorenpräsentation im Vorfeld: „Es ist den Samwer-Brüdern nicht gelungen, die Interessen der Wagniskapitalgeber mit denen des Kapitalmarktes zusammenzubringen“, sagte Fondsmanager Krause. „Uns hat nicht interessiert, dass vor dem Börsengang von einer laufend steigenden Bewertung gesprochen wurde, weil Rocket neue Investoren gewonnen hat.“ Insgesamt habe es an der Transparenz der Daten gemangelt. „So etwas honoriert der Markt nicht.“
Der Online-Marktplatz Scout24 und die Gewerbeimmobilien-Firma TLG wollen nun einige Tage abwarten, ehe sie ihre Vorbereitungen für einen Börsengang fortsetzen. Der Berliner Kabelanbieter Tele Columbus sieht sich „noch im Plan“, wie ein Sprecher sagte. Die für Freitag erwartete Veröffentlichung des Börsenprospektes ließ bis zum Abend aber auf sich warten.