Onlinehandel: Zalando gewinnt und verliert
Der Online-Modehändler Zalando wächst rasant, schreibt aber wegen hoher Investitionen im Ausland noch Verluste in Höhe von 90 Millionen Euro. Der Plan für die kommenden Jahre steht bereits.
Der Online-Versandhändler Zalando hat im vergangenen Jahr seinen höchsten Verlust eingefahren. Nach 60 Millionen im Vorjahr büßte das Unternehmen 2012 rund 90 Millionen Euro ein. Dabei konnte es die Erlöse europaweit nahezu verdoppeln. „Wir haben 1,15 Milliarden Euro umgesetzt“, sagte Rubin Ritter, einer von drei Gründern und Geschäftsführern dem Tagesspiegel. „Aber wir bauen eines der größten Unternehmen Europas auf – das gibt es nicht umsonst.“
Zalando ist in den zurückliegenden Monaten in sieben Länder, darunter Polen und Norwegen, neu eingestiegen. Damit ist der Schuh- und Modehändler nun in 14 Ländern aktiv. „Die Entwicklung ist in allen Märkten positiv“, sagte Ritter. „Verluste nehmen wir in dieser Anlaufphase in Kauf.“ Zumindest in Deutschland, und das ist der Hoffnungsschimmer, könnte sich diese Haltung nach vier Jahren in 2012 ausgezahlt haben. Zum ersten Mal seit seinem Bestehen steuert das Berliner Unternehmen in der Kernregion Deutschland, Österreich und Schweiz auf einen Gewinn zu. „Die genauen Zahlen liegen uns erst Ende März vor. Es zeichnet sich aber ab, dass wir die Gewinnschwelle erreichen, hoffentlich ein bisschen drüber liegen“, sagte Ritter.
150 000 Produkte werden angeboten
Den Unternehmens-Angaben zufolge haben Mode und Accessoires den größten Beitrag dazu geleistet. Sie machten mittlerweile mehr als die Hälfte des Umsatzes aus.
Das rasant wachsende Unternehmen war 2008 als Internet-Shop für Schuhe in einer Wohngemeinschaft in Berlin-Mitte gegründet worden. Mittlerweile beschäftigt es 3500 Mitarbeiter, davon 2600 in Deutschland. Gewinne hat Zalando bislang nicht erreicht und auch vorher keine Geschäftszahlen veröffentlicht. Etablierten Händlern wie Otto und dem Schuhhaus Görtz hat das junge Unternehmen ganz schön zugesetzt. Doch Branchenbeobachter bezweifelten wiederholt, ob Zalando je rentabel werden könne. Was nun ausschlaggebend für das Erreichen der Gewinnschwelle in Deutschland war, erläuterten die jungen Chefs eher vage. „Wir gewinnen zunehmend Vertrauen. Ein Großteil der Kunden bestellt bereits häufiger bei uns“, sagt David Schneider, ebenfalls einer der drei Geschäftsführer. Allerdings scheint die Rücklaufquote nach wie vor hoch zu sein. Erstmals ist offiziell die Rede von 50 Prozent. Zum Vergleich: Der Schuhhändler Deichmann bezifferte die entsprechende Quote in seinem Online-Geschäft jüngst auf 30 Prozent.
Vor zehn Tagen hatte der Online-Händler Amazon seinen Umsatz veröffentlicht, der in Deutschland 6,5 Milliarden Euro betrug. In diese Höhen will auch Zalando. „Vorerst wollen wir keine weiteren Länder erschließen, aber in unsere Märkte weiter investieren“, sagt Schneider. Nachdem 170 Millionen Euro in ein Warenlager in Erfurt flossen, wird in Mönchengladbach nun ein ähnliches Projekt realisiert. Das dortige Lager soll nicht nur Nordrhein-Westfalen, sondern auch Nachbarländer wie Holland, Belgien und Frankreich beliefern. Die Hälfte des Umsatzes macht Zalando nach eigenen Angaben außerhalb Deutschlands.
Leiharbeiter im Fokus
In anderer Hinsicht wollen die Berliner dem großen Konzern Amazon auf keinen Fall nacheifern. „Wir achten sehr darauf, dass bei uns jeder fair behandelt wird“, kommentierte Schneider die Debatte um prekäre Arbeitsverhältnisse bei Amazon. Im vergangenen Sommer war aber auch Zalando in die Kritik geraten, weil es für Leiharbeiter in dem Logistikzentrum eines Dienstleisters unter anderem nur unzureichende Sanitäranlagen und kein Trinkwasser gab. Bei dem Wachstum sei es schwer, alles im Blick zu haben, hatte Zalando damals erklärt. Die Arbeitsbedingungen haben sich inzwischen verbessert.
Trotz aller geäußerten Zweifel an der Strategie hatten im vergangenen Jahr mehrere solvente Partner wie J.P. Morgan Asset in Zalando investiert. Zu den Hauptinvestoren der Berliner zählen Rocket Internet und die schwedische Investmentbank Kinnevik. Mit deren Unterstützung stellt Zalando sich auch in der Hauptstadt stärker auf. Im kommenden April will das Unternehmen seine Zentrale samt 800 Mitarbeitern von Prenzlauer Berg nach Friedrichshain verlegen. Bezogen wird dann ein Gebäude nahe der O2- World, das mit 20 000 Quadratmetern etwa doppelt so groß ist wie der bisherige Sitz. Im Laufe des Jahres sollen 300 weitere Mitarbeiter eingestellt werden