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Landeanflug in die Insolvenz. Air Berlin kann nur dank eines staatlichen Überbrückungskredits noch fliegen. Nun muss schnell über einen Verkauf entschieden werden, denn die Buchungszahlen brechen ein.
© Fabrizio Bensch/rtr

Erste Sitzung des Gläubigerausschusses: Wo landet Air Berlin?

Die Lufthansa hat im Gläubigerausschuss offiziell Interesse an großen Teilen der insolventen Airline bekundet. Eine Zerschlagung soll es vorerst nicht geben.

Die Lufthansa hat bei der ersten Sitzung des Gläubigerausschusses von Air Berlin ihr Interesse an großen Teilen der insolventen Fluggesellschaft konkretisiert. Man biete für die Touristiktochter Niki und weitere Teile der Gesellschaft, nicht aber für das komplette Unternehmen, hieß es am Mittwoch aus Lufthansa- Kreisen. Der deutsche Marktführer legte dem Ausschuss eine Absichtserklärung vor. Eine rasche Aufspaltung von Air Berlin mit einem vorgezogenen Verkauf der Tochter Niki soll es aber nicht geben.

In einer knappen Mitteilung erklärte der Generalbevollmächtigte von Air Berlin im Insolvenzverfahren, Frank Kebekus, am Abend: „Unser Ziel ist und bleibt, zügig zu tragfähigen Abschlüssen zu kommen und so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten.“ Die Verhandlungen würden „mit Hochdruck“ fortgesetzt. Die Betriebsfortführung sowie die Weiterführung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung sei im Ausschuss einstimmig beschlossen worden.

Der Gläubigerausschuss hatte sich am Morgen in Berlin konstituiert. In dem Gremium, das einem Verkauf zustimmen muss, sitzen Vertreter der Lufthansa- Tochter Eurowings, der Bundesagentur für Arbeit und der Commerzbank sowie der Air-Berlin-Manager Christian Weyer und der Berliner Rechtsanwalt und Insolvenzexperte Niklas Lütcke. Die Bundesagentur zahlt drei Monate lang das Insolvenzgeld für die 7200 Mitarbeiter in Deutschland. Eurowings hat 38 Maschinen mit Besatzungen von Air Berlin gemietet und vorfinanziert.

Wöhrl will Air Berlin weiter "retten"

Air Berlin hatte am Freitag mit der Lufthansa konkrete Gespräche über die Übernahme von Teilen des Fluggesellschaft aufgenommen. Nach früheren Angaben von Insidern ist die Lufthansa am Kauf von bis zu 90 der 140 Flugzeuge von Air Berlin interessiert. Dabei ist die Niki-Flotte eingerechnet. Als weitere Interessenten gelten Easyjet und die Thomas-Cook- Tochter Condor. Der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl will Air Berlin als Ganzes kaufen. Das stößt jedoch auf den Widerstand der Bundesregierung, die Air Berlin in seiner bisherigen Form nicht für überlebensfähig hält.

Wöhrl reagierte am Mittwoch auf Äußerungen von Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann, der in einem Interview gesagt hatte, es habe bis heute „kein substanzielles Angebot“ von Wöhrls Gesellschaft Intro gegeben. „Er hat sich auch nicht gemeldet, als wir (seit Februar 2017) auf Partnersuche gingen“, so Winkelmann weiter. Wöhrl erwiderte, niemand könne erwarten, „dass ein Investor ohne entsprechende Informationen anfragt, ob ein Unternehmen zu verkaufen sei“. Intro sei deshalb vor dem Insolvenzverfahren gar nicht in der Lage gewesen, „in ein Prüfungsverfahren im Datenraum einzusteigen“. Erst mit dem Insolvenzantrag sei es möglich geworden, Air Berlin zu „retten“, so Wöhrl weiter.

Berliner CDU-Abgeordneter Gräff prüft Strafanzeige

Christian Gräff, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, erwägt, Strafanzeige gegen Verantwortliche der Lufthansa, gegen das Bundesverkehrsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium zu erstatten. „Man kann hinter der jetzigen Entwicklung tatsächlich eine länger geplante Strategie der Lufthansa gegen den deutschen Mitbewerber Air Berlin vermuten, welche auf den Wirtschaftsstandort Berlin massive negative Auswirkungen haben wird“, sagte Gräff am Mittwoch. Sollte tatsächlich nicht über das Angebot von Hans Rudolf Wöhrl zur Übernahme der gesamten Fluglinie verhandelt werden, „wäre das ein Skandal, der auch juristisch aufzuarbeiten ist“, so Gräff weiter.

Die Gewerkschaft Verdi appellierte an den Gläubigerausschuss, die Interessen der mehr als 8000 Beschäftigten nicht unter den Tisch fallen zu lassen.

Air Berlin hat am 15. August Insolvenz beantragt, nachdem der Großaktionär Etihad dem Partner die finanzielle Unterstützung entzogen hatte. Der Flugbetrieb ist durch einen Kredit des Bundes über 150 Millionen Euro vorerst gesichert.

Massive Kritik der Opposition am Regierenden Bürgermeister

Mit scharfer Kritik griff die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus auch den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) und den Senat an. Christian Gräff sprach von einem „großen Skandal“, dass der Senat schweige. Florian Graf, Vorsitzender der CDU-Fraktion, und FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja forderten in einer gemeinsamen Mitteilung eine Regierungserklärung von Müller. „In der Air-Berlin-Krise ist vom Regierenden Bürgermeister seit Tagen nur Schweigen zu vernehmen, während die Kunden und Mitarbeiter der Airline gerade jetzt Orientierung erwarten, was die Hauptstadt mit ,ihrer’ Fluggesellschaft plant“, so Graf. Während andere Landeschefs um jeden Arbeitsplatz an ihren Wirtschaftsstandorten kämpfen würden, „guckt Michael Müller wieder einmal tatenlos zu“, sagte Czaja. Nicht zuletzt die Eröffnungsverzögerungen am BER hätten Air Berlin auch „die Flügel gebrochen.“ (mit rtr, dpa)

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