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Euro und Dollar.
© picture alliance / dpa

Euro-Zone: Wo der Euro hinsteuert

Der Kurs des Euros steigt und fällt – doch wenn die Fed im Herbst die Zinsen erhöht, dann dürfte der Euro weiter grundlegend nachgeben. Aber die Fed erhöht die Zinsen nur, wenn die US-Wirtschaft stärker steigt. Deutsche Exporte werden anfälliger für Wechselkursschwankungen.

Ist der Euro weiter schwach? Hat er wieder an Stärke gewonnen? Wird er auf einmal noch stärker? Selten waren Ökonomen so überrascht und auch verwirrt über Europas Einheitswährung wie zuletzt. Während der Euro Mitte März bei weniger als 1,05 Dollar fast schnurstracks Richtung Parität zur US-Währung zu laufen schien, hat er sich seitdem erstaunlich deutlich erholt und zeitweise fast zehn Prozent zugelegt. Bis auf nahezu 1,15 Dollar. In den letzten Tagen ging es wieder nach unten bis auf knapp unter 1,10 am Montag. Geht diese Berg- und Talfahrt weiter? Ökonomen schütteln überzeugt den Kopf. Der Euro wird in den nächsten Monaten wieder schwächer. Hauptgrund: In den USA dürfte es spätestens im September zur ersten Leitzinserhöhung seit Ausbruch der Finanzkrise kommen. In Euro-Land dagegen bleibt die Europäische Zentralbank (EZB) spendabel, lässt den Leitzins bei nahezu Null und kauft weiter für 60 Milliarden Euro im Monat Staatsanleihen der Euro-Staaten.

Der jüngste Höhenflug des Euro ist nach Ansicht von Ulrich Kater, Chef-Volkswirt der DekaBank vor allem auf ein überraschend schwaches erstes Quartal in den USA zurückzuführen. „Das hat die Unsicherheit über die Leitzinswende in den USA erhöht und damit den Dollar belastet.“ Gleichzeitig hätten die Daten für die Euro-Zone eine Stabilisierung der Wirtschaftsentwicklung gezeigt.

Bessere Wachstumsrate in den USA

Allerdings bleibt diese Entwicklung wohl nur eine Episode. Kater zufolge sind die Wachstumsaussichten in den USA besser als in Europa. Was wiederum den Dollar stärkt. Spätestens im Herbst rechnet er mit der Zinserhöhung durch die US-Notenbank Fed, „während die EZB vor Ende 2018 keine Leitzinserhöhung vornehmen wird“. Katers Wechselkurs-Prognose: Auf Jahressicht rutscht der Euro wieder auf 1,02 Dollar ab und damit noch näher an die Parität als im März.

„2015 dürfte das Jahr des Dollars werden", sagt auch Jörg Krämer, Chef-Ökonom der Commerzbank. Auch für ihn ist der seit März gekletterte Wechselkurs des Euro nur eine Episode ebenso wie das zuletzt schwache Wachstum in den USA. Krämer zufolge stützt die Fed den Dollar, ab September erwartet er eine Leitzinsanhebung von 0,25 auf 0,5 Prozent. Währenddessen drücke die EZB den Euro. „Mit dem Kauf von Anleihen will die EZB wohl vor allem den Euro schwächen, denn die anderen geldpolitischen Wirkungskanäle sind verstopft. Die Abwertung des Euro ist das einzige verbleibende Instrument der EZB, die Inflation zu erhöhen.“ Die Notenbank würde sogar noch mehr Anleihen – als derzeit für 60 Milliarden Euro pro Monat – kaufen, um die Inflation wieder an die für sie relevante Marke von knapp zwei Prozent zu bringen. Zuletzt lag sie in der Euro-Zone bei Null Prozent, Krämer erwartet für das laufende Jahr 0,2 und für 2016 einen Anstieg auf 1,2 Prozent. Der Euro werde bis Mitte nächsten Jahres nach und nach abrutschen: Auf nur noch 1,01 Dollar.

Nicht-Euro-Währungen spielen für deutsche Konzerne eine immer wichtigere Rolle

Deutschen Firmen kommt der schwache Euro einer Analyse der Unternehmensberatung Ernst & Young zugute. Weil ihre Produkte im Nicht-Euro-Ausland durch den schwachen Euro billiger sind, hätten die 30 Dax-Konzerne im ersten Quartal 17 Milliarden Euro mehr umsetzen können. Allerdings spielte dabei nicht nur die Euro-Schwäche gegenüber dem Dollar, sondern auch gegen den chinesischen Yuan eine Rolle. Gegen beide Währungen habe der Euro im ersten Quartal jeweils 21 Prozent eingebüßt. Auch gegen das britische Pfund war der Euro um elf Prozent schwächer. Allerdings gehen etwa 37 Prozent der deutschen Exporte in die Euro-Zone. Sie werden in Euro abgerechnet, es gibt also keine Währungsgewinne oder Verluste.

Und selbst die Ausfuhren in Nicht-Euro und Nicht-EU-Staaten werden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zu 62 Prozent mit Euro bezahlt und nur zu 26 Prozent mit Dollar. Allerdings spielen Nicht-Euro-Währungen für deutsche Konzerne eine immer wichtigere Rolle, betont Eric Heymann von Deutsche Bank Research: Denn der Anteil der Verkäufe in die Euro-Zone sinkt seit Jahren kontinuierlich. 2008 waren es noch 43 Prozent aller Exporte, 2014 nur noch 37 Prozent. „Damit nahm die Anfälligkeit der deutschen Exportwirtschaft für Wechselkursschwankungen zu“, sagt Heymann.

Schwacher Euro trifft Verbraucher

Im Gegenzug zu den Exporten müssen die Firmen tendenziell auch mehr für Rohstoffe und Öl bezahlen, weil hier in Dollar abgerechnet wird. Zwar ist der Preis für das Barrel Rohöl vom Tief bei rund 50 wieder auf etwa 66 Dollar gestiegen. Er liegt aber immer noch um fast die Hälfte unter dem Niveau von Mitte 2014. Heymann zufolge wird der Preisanstieg bei Importen allerdings durch die Vorteile beim Export mehr als aufgewogen – noch.

Der schwächere Euro trifft auch die Verbraucher, etwa an der Tankstelle, wo Diesel und Benzin nicht mehr ganz so günstig sind. Auch die Preise für Bekleidung und Elektronik, die vor allem in Asien produziert wird, könnten tendenziell steigen. Und der Sommerurlaub in den USA wird wohl wieder teurer als derzeit. Schwacher Trost: Die Umrechnung wird einfacher.

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