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In der griechischen Bevölkerung kommt das Geld nicht an
© Reuters

EZB-Geldpolitik: Wo bleibt das billige Geld?

Die Niedrigzinsen der EZB kommen in der griechischen Wirtschaft nicht an: Die Banken vergeben dennoch nur restriktiv Kredite, da sie Ausfälle befürchten.

Athen - 19 Millionen Besucher werden dieses Jahr in Griechenland erwartet, ein neuer Reise-Rekord. Davon möchte auch Gerasimos Apostolatos profitieren. Der Grieche betreibt auf Kreta einen Autoverleih. Rechtzeitig vor Saisonbeginn wollte er seine Flotte von 18 auf 24 Fahrzeuge vergrößern. „Ich könnte die zusätzlichen Wagen mühelos vermieten“, sagt der 54-jährige Unternehmer. „Aber ich bekomme von der Bank keinen Kredit, und aus eigenen Mitteln kann ich die Autos nicht finanzieren.“

Ein typischer Fall. In Griechenland leiden vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen unter der Liquiditätsklemme. Sie bekommen wegen der Krise seit Jahren kaum noch Kredit. Daran dürfte sich auch nach der neuerlichen Zinssenkung der EZB wenig ändern. Wenn die Banken überhaupt Geld rausrücken, dann nur zu unerhörten Zinsen. Sie geben zwar die Zinssenkungen der EZB eifrig an ihre Kunden weiter, wenn es um die Verzinsung der Einlagen geht. Bei den Krediten dagegen langen die Institute zu. Die Spanne zwischen Einlagen- und Kreditzinsen klafft immer weiter auseinander. Im April lag der durchschnittliche Guthabenzins nach Angaben der griechischen Zentralbank bei 1,69 Prozent. Für Kredite berechneten die Banken dagegen im Schnitt 5,82 Prozent. Damit vergrößerte sich der Zinsspread seit Februar von 3,66 auf 4,13 Prozent.

Nach Zentralbankangaben stiegen die Zinsen für Unternehmenskredite bis zu 250 000 Euro im April gegenüber dem Vormonat von durchschnittlich 6,39 auf 6,68 Prozent – verglichen mit 4,59 Prozent in der Euro-Zone. Für laufende Betriebsmittelkredite bis zu 100 000 Euro berechnen die griechischen Banken 7,21 Prozent, im Durchschnitt der Euro-Zone sind es 4,12 Prozent.

Dass die Geldinstitute bei der Darlehensvergabe so zulangen, hat mehrere Gründe. Erstens kämpfen die Institute mit erheblichen Kreditausfällen. Ende März erreichte die Quote der faulen Kredite, die seit mindestens 90 Tagen nicht mehr bedient werden, einen neuen Höchststand. Darlehen im Volumen von 71,2 Milliarden Euro waren notleidend. Das entsprach einem Drittel der insgesamt ausgereichten Kreditsumme. Im ersten Quartal 2011 lag die Quote noch bei elf Prozent. Der größte Batzen sind die faulen Unternehmenskredite. Hier wurden Ende des ersten Quartals Darlehen von 39 Milliarden nicht mehr bedient. Bei den kleinen und mittelgroßen Unternehmen, zu denen in Griechenland Betriebe mit bis zu 250 Beschäftigten gerechnet werden, beträgt die Ausfallquote fast 47 Prozent. Für die meisten dieser Darlehen gibt es keine ausreichenden Sicherheiten, viele der betroffenen Unternehmen sind bereits pleitegegangen.

Angesichts dieser Risiken ist es nachvollziehbar, dass die Banken bei der Vergabe neuer Kredite hohe Anforderungen an die Bonität der Schuldner stellen. Die Zurückhaltung hat aber noch einen anderen Grund. Im Verlauf der Krise mussten die griechischen Banken erhebliche Abflüsse von Einlagen verkraften. Sie fielen von 238 Milliarden Euro Ende 2009 auf 150,5 Milliarden Mitte 2012. Seither sind die Guthaben nur leicht gestiegen. Aktuell liegen sie bei 161,3 Milliarden. Der Abfluss der Gelder führte zu einem krassen Missverhältnis zwischen Einlagen und Krediten. Aktuell entsprechen die ausgereichten Kredite 134 Prozent der Einlagen. Die griechischen Banken bemühen sich deshalb, die Darlehenssumme zurückzufahren. Sie sank von 228,4 Milliarden im März 2013 auf jetzt 215,9 Milliarden. Gerd Höhler

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