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"Die Deutschen sollten mehr Aktien kaufen", meint Staub. Ebenso die deutschen Unternehmen.
© Mara Troug

Chef von Blackrock im Interview: „Wir nehmen Einfluss im Hintergrund“

Christian Staub, Deutschland-Chef des Vermögensverwalters Blackrock, über Märkte und Menschen.

DER MANAGER

Christian Staub (44) ist seit Juli 2014 bei Blackrock für das Geschäft in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Osteuropa zuständig. Davor hatte der Absolvent der Elite-Universität Havard rund 18 Jahre lang in der Vermögensverwaltung der Allianz-Tochter Pimco und der Schweizer Großbank UBS gearbeitet.

DAS UNTERNEHMEN

Sechs Prozent an der Deutschen Bank, rund fünf Prozent an BASF und Siemens – der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock, nicht zu verwechseln mit dem Finanzinvestor Blackstone, ist bei fast allen großen deutschen Konzernen beteiligt. Weltweit verwaltet der 1988 gegründete Konzern mit seinen 12 000 Beschäftigten Vermögen von rund 4,7 Billionen Dollar. Blackrock ist nach mehreren Übernahmen – darunter für 13,5 Milliarden Dollar der Vermögensverwaltung von Barclays – in 30 Ländern aktiv, in Deutschland seit 1994.

Blackrock gilt als größter Vermögensverwalter der Welt. Was macht Ihr Unternehmen genau?

Wir verwalten Geld für institutionelle Kunden, also Versicherungen, Pensionskassen, Unternehmen, Staatsfonds, Banken oder auch Kirchen. Insgesamt sind das weltweit rund 4,7 Billionen Dollar. Der allergrößte Teil des verwalteten Vermögens dient der Altersvorsorge. Das Prinzip ist für alle Kunden gleich: Sie beauftragen uns gegen Zahlung eines Preises, ihr Geld nach von ihnen festgelegten bestimmten Vorgaben und Zielen zu verwalten und anzulegen. Dies kann im Rahmen eines Fonds erfolgen, aber auch auf der Basis eines speziellen Mandats.

Haben Sie auch Privatkunden?

Nur indirekt. Sie können bei Blackrock kein Konto eröffnen, wir sind keine Bank. Ein Privatkunde kann aber über seine Bank, seine Sparkasse, seine Volksbank oder seinen Online-Broker Blackrock-Produkte kaufen. Das sind aktiv verwaltete oder passive Fonds – börsengehandelte Indexfonds oder kurz ETFs – die etwa den Deutschen Aktienindex Dax abbilden und somit indirekt in alle 30 dort gelisteten deutsche Konzerne investieren.

Lohnt sich das Geschäft?

Im zweiten Quartal haben wir die Gebühreneinnahmen um fünf Prozent auf 2,9 Milliarden Dollar gesteigert, der Gewinn lag bei 819 Millionen Dollar. Im Gesamtjahr 2014 waren es 3,3 Milliarden Dollar. Wir sind mit dem Jahr 2015 bisher sehr zufrieden.

Wie wichtig ist Deutschland für Sie?

Sehr, sehr wichtig. Zum einen haben wir hier sehr viele Kunden, die wir mit 130 Mitarbeitern in unseren Büros in Frankfurt und München betreuen. Deutschland ist vor allem deshalb wichtig, weil wir starkes Wachstum und große positive Veränderungen erwarten. Es ist neben Italien und der Schweiz für uns der Kernmarkt in Kontinentaleuropa.

Wie hoch ist das Vermögen, das Blackrock in Deutschland verwaltet?

Ein hoher zweistelliger Milliarden-Betrag.

"Wir nehmen Einfluss, aber im Hintergrund"

Bei den 30 Dax-Konzernen sind Sie einer der größten Anleger.

Sie finden Blackrock bei allen Dax-Unternehmen von Adidas, BASF, Deutsche Bank bis zu hin zu Siemens als jeweils einer der großen Aktionäre mit Quoten in der Regel zwischen zwei und sechs Prozent.

Woher kommt das?

Über die Hälfte der Gelder, die wir verwalten, stecken in Aktien und über die Hälfte sind passiv investiert, also in ETFs, die etwa den Dax nachbilden. Der Kunde gibt uns den Auftrag, sein Geld in diesen ETF zu investieren. Wir ‚bauen’ dann den Dax nach und kaufen entsprechend der Gewichtung der Konzerne im Dax dessen Aktien.

Wenn Blackrock fünf oder sechs Prozent an einem Konzern hält, dann haben Sie doch gewaltigen Einfluss.

Wir vertreten natürlich unsere Kunden auf den Hauptversammlungen. Aber in deren Auftrag. Es ist ja nicht unser Geld. Wir machen das aktiv, aber nicht aktivistisch. Wir sprechen nicht auf Hauptversammlungen oder stellen dort Anträge, um auf Renditen, die Dividende oder Personalentscheidungen einzuwirken. Wir tauschen uns direkt mit Vorstand und Aufsichtsrat aus, machen dort unsere langfristigen Interessen deutlich. Insofern nehmen wir Einfluss auf Investitionen und Strategien. Wir pochen auf langfristiges Denken und nicht auf kurzfristige Konzepte.

Haben Sie auf die Ablösung von Anshu Jain bei der Deutschen Bank gedrängt?

Zu einzelnen Unternehmen machen wir keine Aussagen. Aber im Fall Deutsche Bank haben sich Mitglieder unseres globalen Vorstandes klar dahingehend geäußert, dass wir auf diese Entscheidung keinen Einfluss genommen haben. Wir nehmen den Auftrag unserer Kunden sehr ernst, dass wir deren Geld langfristig erfolgreich anlegen. Und dazu gehört, dass wir anmahnen, wenn Dinge aus dem Ruder laufen. Insofern nehmen wir Einfluss. Aber im Hintergrund.

Es heißt nicht selten, Blackrock sei eine Schattenbank.

Diese Kritik ist komplett falsch. Wir sind ein Vermögensverwalter. Wir arbeiten nicht mit unserem Geld, sondern dem unserer Kunden. Wir sind keine Bank und agieren auch nicht wie eine Bank, wir nehmen als Firma keine Einlagen entgegen und leihen auch keine Gelder langfristig aus. Auch setzen wir unsere eigene Bilanz nicht für eigene Investitionen ein. Wir agieren auch nicht im Schatten, sondern sind ein börsennotierter Vermögensverwalter, der streng reguliert ist, in Deutschland durch die Bafin.

Sie leben auch vom Geschäft mit Privatanlegern. Die setzen in Deutschland zunehmend auf risikoarme und renditeschwache Anlagen, parken viel Geld auf Girokonten, auf denen es nicht einen Cent Zins gibt.

Das ist ein bedauerliches Phänomen. Für die langfristige Sicherung des Wohlstands und der Altersvorsorge in Deutschland ist das nicht gut. Wir hoffen und versuchen mitzuhelfen, dass Anleger ihre Anlage breiter streuen. Aber die Risikoaversion, auch bei der langfristigen Vermögensplanung, ist immer noch groß. Das ist besorgniserregend.

Lohnt sich eine Anlage in deutschen Aktien oder in einen ETF auf den Dax?

Deutschland steht gut da, wächst über dem Durchschnitt in der EU. Ebenso die deutschen Unternehmen, die vor allem von ihrer Exportstärke profitieren, derzeit zusätzlich gestützt durch die Schwäche des Euro. Wir sagen unseren Kunden: Wer in Europa investieren will, kommt an Deutschland nicht vorbei. Aber es gibt auch noch strukturelle Probleme, etwa mit Blick auf die Altersvorsorge oder die überalterte Bevölkerung.

Hilft die jüngste Vereinbarung mit Griechenland?

Sicher, auch wenn das eher eine politische Frage ist. Generell blicken die Märkte nicht mehr so intensiv auf Griechenland, ihre Abhängigkeit von dem, was dort passiert, ist deutlich geringer als noch vor zwei oder drei Jahren. Wir begrüßen, dass auch zum Schutz der Euro-Zone insgesamt ein konstruktiver Prozess eingeleitet wird. Auch wenn offen ist, wie die langfristigen Probleme überwunden werden können. Ein drittes Hilfsprogramm allein ist keine Lösung.

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